Kuessen al dente - Roman
Eukalyptus-Badetabletten sprudelten und bildeten kleine schwimmende Schauminseln. Das winzige Badezimmer verwandelte sich in Windeseile in eine Dampfsauna, und die Kerze, die Georgia bei Saks gekauft hatte, verströmte einen intensiven Duft nach Limonen, Basilikum und Mandarinen. Sie hatte sich die Haare zu einem Knoten auf dem Kopf zusammengebunden und schwitzte unter einer Gesichtsmaske aus Heilerde. Auf dem Fliesenboden lag neben einer alten Ausgabe des US -Magazins und einem Glas mit Eiswasser in Griffweite ihr Telefon. Auf keinen Fall durfte sie Bernards Anruf verpassen. Sally hatte es sich auf der Badematte bequem gemacht und kaute andächtig an ihren Pfoten.
Georgia stieg in die Wanne, setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken vorsichtig gegen das kalte Porzellan. Es war eine gute Entscheidung gewesen, dachte sie seufzend, den Souschef zu bitten, ihre Schicht zu übernehmen. Sie hatte nämlich überhaupt keine Lust gehabt, während des Ansturms der Dinner-Gäste in der Küche zu schwitzen, nachdem sie bereits bei diesem schrecklichen Meeting mit Luca ihre letzten Schweißtropfen vergossen hatte. Als sie nach ihrem Besuch bei Saks in den Tuscan Oven gegangen war, um ihren Mantel zu holen, hatte Pablo ihn schon in der Hand gehabt und an der Tür gewartet. Obwohl er zu diskret war, um sie über das Meeting mit Luca auszuhorchen, hatte er ihr immerhin erzählt, dass Bernard in einem Affenzahn die Straße entlanggesprintet sei. Warum, das wusste er nicht, ebenso wenig konnte er sagen, ob Bernard der Jäger oder der Gejagte gewesen war. In welcher Rolle auch immer, das Ganze klang jedenfalls nicht gut.
Das Badewasser wurde allmählich kalt. Georgia drückte mit der großen Zehe auf den Hebel, um den Abfluss zu öffnen,
und drehte das heiße Wasser auf. Ausgiebig im warmen Wasser zu entspannen war genau das, was sie jetzt brauchte. Als das Telefon klingelte, griff sie so ungeschickt danach, dass es ihr erst einmal aus den seifigen Fingern flutschte und über die Fliesen schlitterte.
»Georgia.« Es war ihre Mutter.
In San Casciano hatte sich in ihrer Beziehung eine Tür aufgetan, und Georgia wollte nicht diejenige sein, die sie wieder zustieß. Dennoch war sie immer auf der Hut, wenn es um Dorothy ging, und daher wappnete sie sich schon mal vorsorglich gegen den üblichen Fragenkatalog ihrer Mutter, der in der Regel dazu führte, dass ihre einzige Tochter sich wie ein Stück Dreck vorkam.
Seltsamerweise blieb die Fragenattacke diesmal aus. Gut, sie löcherte Georgia wegen des Meetings, schien aber auch wirklich an ihren Antworten interessiert zu sein. Und während Georgia ihre Geschichte in Kurzform abspulte, tat Dorothy das Unglaubliche: Sie hörte zu.
»Scheint so«, sagte sie, nachdem ihre Tochter zum Ende gekommen war, »als hättest du echt gepunktet. Selbst wenn Luca finanziell nicht in dein Projekt einsteigt, kannst du stolz auf dich sein. Das hast du wirklich toll gemeistert.«
Georgia war so geschockt, dass es ihr die Sprache verschlug. Gepunktet? Stolz? Toll gemeistert? War das dieselbe Frau, die ihrer dreizehnjährigen Tochter vorgeworfen hatte, den Essay, mit dem sie den Aufsatzwettbewerb gewonnen hatte, von Harriet Tubman abgeschrieben zu haben?
»Danke, Mom«, murmelte sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte. »Stimmt, ich glaube, ich kann tatsächlich ein wenig stolz auf mich sein. Aber ich brauche das Geld. Ich will wirklich mein eigenes Restaurant aufmachen.«
»Wenn ein eigenes Restaurant dein seligster Wunsch ist,
dann wird er auch in Erfüllung gehen. Vielleicht bekommst du das Geld nicht von diesem Luca, aber irgendwie treibst du es schon auf.«
»Hoffentlich.«
»Ah, was ich noch sagen wollte, dein Vater und ich werden Anfang Januar nach New York kommen. Wir haben Opernkarten für Rigoletto. Leider ist für den Samstag alles ausverkauft, sonst hätte ich dir auch eine Karte besorgt.«
»Macht nichts, Mom. Ich muss wahrscheinlich sowieso arbeiten.«
»Aber wir würden gern am Freitag mit dir zu Abend essen. «
»Okay.«
»Bei dir?«
Georgia antwortete nicht gleich. »Klar, warum nicht bei mir.«
Sie legten auf, als Dorothy sich eine Zigarette anzündete, und Georgia begriff, dass sie ihre Mutter zum Rauchen trieb, genau wie Dorothy sie zum Essen trieb. Vielleicht waren sie beide sich ähnlicher, als sie glaubten.
Als ihre Haut schrumpelig wurde, stieg sie aus der Wanne und schlüpfte in ihren Bademantel. Da klingelte es. Unangekündigte Besucher waren ungewöhnlich, und
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