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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
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hatte ihr geraten, alles direkt an Lemming zu verscherbeln, anstatt die Sachen in einen dieser Kommissionsläden zu tragen, denn von
ihm bekäme sie das Geld gleich bar auf die Hand. Und da Georgias Zukunft davon abhing, in kürzester Zeit fünfzigtausend Dollar aufzutreiben (vorausgesetzt, Bernard bekam die anderen Fünfzigtausend zusammen), hatte Georgia alle nostalgischen Bedenken über Bord geworfen und ein Treffen mit Lemming verabredet.
    »Der«, sagte er, »ist ein Hit.« Er hielt einen roten Kaschmirpullover mit einem schwarzen Totenkopf und gekreuzten Knochen auf der Vorderseite an seinen ausgemergelten Oberkörper. »Den behalte ich wahrscheinlich für mich selbst.«
    »Das solltest du unbedingt«, ermutigte Georgia ihn. Sie hatte den Pulli nur zweimal getragen, das letzte Mal bei einer Halloween-Party im Bowery Ballroom, wo ein betrunkener Typ ihr ein Bier über den Rücken gekippt hatte. Anschließend war ihr noch ein Falafel-Sandwich beim Reinbeißen in der Hand explodiert, und der grüne und orangefarbene Inhalt hatte sich über ihr Dekolleté verteilt – und den Pullover. Den überließ sie ihm liebend gern.
    Lemming schmiss den Pulli auf den Boden und wandte sich Georgias Schmuck zu, den Lo, ordentlich nach Ohrringen und Halsketten getrennt, auf dem Tisch arrangiert hatte. Als Köchin trug Georgia nie etwas an ihren Armen und Händen, was bedeutete, dass sie keine Armbänder, Uhren oder Ringe im Angebot hatte, außer dem Ring.
    »Me & Ro?« Lemming hielt riesige goldene Kreolen mit Fransen und winzigen Rubinperlen hoch.
    »Sind die nicht atemberaubend?«, schwärmte Lo.
    Georgia hatte darauf bestanden, dass ihre Freundin bei diesem Termin anwesend war, zu ihrer moralischen Unterstützung und für derartige Kommentare, die unbedingt verkaufsfördernd waren.
    »Me & Ro Vintage«, schob Lo nach. »Meine Schwester
wollte sich schon die ganze Kollektion unter den Nagel reißen, aber ich habe auf dein Vorkaufsrecht bestanden, Lemming. «
    Georgia verkniff sich das Lachen. Me & Ro Vintage ? Die Ohrringe waren lächerliche sieben Jahre alt, ein Geschenk zum Valentinstag. Zu der Zeit hatte sie noch nicht einmal etwas von Me & Ro gehört. Als Lo ihr erzählte, wie viel dieses Geschenk von ihrem damals brandneuen Lover gekostet hatte, waren Georgia fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Sie konnte es einfach nicht fassen, dass man so viel Geld für ein Paar lumpige Ohrringe ausgeben konnte. Für ein Abendessen bei Taillevent, ja. Aber für Ohrringe?
    »Sie sind in einem guten Zustand«, befand Lemming sachkundig. »Und gestempelt. Ich geb dir drei.«
    »Okay«, sagte Lo. »Wenn nicht mehr drin ist.« Sie drehte sich um, damit der Typ sie nicht sehen konnte, und ballte mit erhobenem Daumen die Faust. Georgia lernte schnell, dass es ein Grund zum Feiern war, wenn man in diesem Geschäft ein Drittel des eigentlichen Wertes ergatterte.
    Als Lemming dann mit der gesamten Kollektion durch war, zeigte die Summe auf seinem antiquierten Taschenrechner dreitausendfünfhundert Dollar. Die sieben mit Glenn verbrachten Jahre waren, in finanzieller Hinsicht, mit dem Preis für eine trendige Frühjahrsgarderobe gleichzusetzen.
    Endlich zog Lemming mit seiner Beute ab (nicht ohne vorher noch ihre Toilette zu benutzen – igitt!), und Georgia verriegelte die Tür hinter ihm. Sie hielt die fünfunddreißig Hundertdollarscheine wie einen Fächer in der Hand und wedelte damit herum.
    »Hurra«, jubelte sie, »jetzt brauche ich nur noch lumpige vierundsechzigtausendfünfhundert!«

    Eingeklemmt zwischen einer schicken Boutique und einem noch schickeren Juwelierladen in der sündhaft teuren Shoppingmeile um die Madison war der Viand Coffee Shop der Inbegriff eines billigen New Yorker Diners. Die Klientel bestand überwiegend aus Studenten, Bauarbeitern und Georgia, die sich in eine winzige Nische gequetscht hatte. Raum war hier kostbar wie Gold. Sie wischte sich die Schweißperlen von der Stirn, bestellte eine Diet Coke mit Zitrone und wartete auf Andrew Henderson. Ungeduldig tippte sie mit dem Absatz auf den Linoleumboden.
    Nachdem Bernard ihr das mit den hunderttausend Dollar erzählte hatte, hatte sie Andrews Visitenkarte herausgekramt und ihn sofort angerufen, damit sie nicht Gefahr lief, es sich anders zu überlegen. Es war schon schwierig genug, einen Kerl anzurufen, in den sie sich nach dreißig Sekunden Smalltalk aber so was von Hals über Kopf verknallt hatte, obwohl er zu allem Überfluss auch noch eine feste Freundin

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