Kuessen al dente - Roman
fünften Stock, wo sie Clem und Lo fand, die auf einem Ledersofa lümmelten, das eher an eine Raketenabschussrampe der NASA erinnerte. Lo wollte die beiden vergoldeten Louis-XV.-Zweisitzer, die ihr Vater ihr vermacht hatte (nachdem er sie bei Christie’s nicht losgeworden war), gegen etwas Moderneres austauschen und hatte Georgia und Clem als Testsitzerinnen rekrutiert.
»Rutsch mal rüber«, sagte Georgia und ließ sich neben Lo auf dieses Ungetüm von Sofa plumpsen, das so federte, dass sie beinahe vom Sitz gerutscht wäre. »Wird das dein neues Sofa? Ich hoffe, du hast nicht vor, tatsächlich darauf zu sitzen. « Sie drehte das Preisschild um, das neben ihr auf Schulterhöhe baumelte. »Oder es dein Leben lang abzubezahlen.«
»Ich mag gar nicht glauben, dass du uns wirklich verlässt«, sagte Lo, ohne auf Georgias Kommentar einzugehen. »Bist du wirklich sicher, dass du bis nach Italien gehen musst, um glücklich zu sein?«
»Mann, du hörst dich an wie meine Mutter. Nein, ich muss nicht unbedingt nach Italien gehen. Ich will. Italien ist das Mekka für Köche. Das Essen, der Wein …«
»Die schönen Männer«, strich Clem heraus.
»Und was wird dann aus uns?«, jammerte Lo. Was sollen wir ohne dich machen, George? Wir sind ein Trio. Wir sind wie die …«
»Bitte, sag es nicht«, fiel ihr Clem ins Wort. »Bitte nicht.«
»Wie die drei Musketiere!«, führte Lo ihren Satz mit einem frechen Grinsen zu Ende. »Genau das sind wir.«
»Nein«, kam es von Clem. »Sind wir nicht. Wir sind so gar nicht wie die drei Musketiere.«
Der Fahrstuhl hielt mit einem »Bing«. Ihm entstieg eine gut aussehende junge Frau mit glänzendem Haar, kniehohen Stiefeln
und einem Typen im Schlepptau. Zielstrebig steuerte sie auf ein George-Nelson-Sofa zu, das große Ähnlichkeit mit einem Marshmallow hatte und über dem eine Arco-Leuchte prangte. Ihr Kerl trottete hinter ihr her, die Hände in den Jackentaschen vergraben, die Augen starr auf den Boden geheftet. Den meisten Männern fehlte einfach das Shopping-Gen; Glenn hingegen hatte zwar viele Mängel, ging jedoch gern einkaufen.
»In ein paar Monaten bin ich ja wieder zurück. Ihr werdet nicht einmal merken, dass ich weg war«, sagte Georgia und wandte sich wieder ihren Freundinnen zu. »Aber ganz unter uns und Sally …«
»Ich kann es nicht fassen, dass du Sally bei Glenn lässt«, schnaubte Clem.«
»Ich habe nicht gehört, dass du dich freiwillig für den Job angemeldet hättest, Clem, du außergewöhnlich begabte Hundesitterin und angeblich beste Freundin.«
»Wenn du westlich der Third leben würdest, hätte ich es mir überlegt«, erwiderte sie. »Ernsthaft, wenn du deine Wohnung nicht meinem Bruder untervermietet hättest, hätte ich Sally genommen. Und das weißt du auch.«
Bevor Georgia noch in die Verlegenheit gekommen war, eine Anzeige für ihre Wohnung aufzugeben, hatte Clem ihr ihren Bruder als perfekten Zwischenmieter vorgeschlagen. Er und sein Kumpel hatten gerade das College abgeschlossen und wollten ihre Rockabilly-Band in den Big Apple verlegen, um dort mit Sicherheit ganz groß rauszukommen. Nachdem Georgia sich ihre Demo-CD angehört hatte, war sie davon nicht mehr so überzeugt, aber beide hatten Jobs, mit denen sie die Miete bezahlen konnten, und das war für sie die Hauptsache.
»Ich erkenne deinen guten Willen an, Clem, aber Glenn liebt Sally. Und sie liebt ihn. Das geht schon in Ordnung so.«
Glenn hatte versprochen, Sally schon am frühen Morgen abzuholen, ein paar Stunden bevor sie in ein Taxi zum JFK Airport steigen würde. Anschließend ging es weiter per Flugzeug mit dem Ziel: Amerigo Vespucci Airport, Florenz, Italien. Sie hatte alles so geplant, dass sie nicht zu Hause sein würde, wenn er käme, sondern mit einem Bagel, einer Tasse dünnem Kaffee und der New York Times beim Frühstück im Silver Star säße, nur einen Häuserblock von ihrer Wohnung entfernt. Um nichts in der Welt wollte sie ihm dabei zusehen, wie er noch einmal ihre Wohnung verließ, schon gar nicht mit ihrer geliebten Sally an der Leine. Außerdem hatte sie bereits alles gesagt, was sie ihm hatte sagen wollen; ihr nagelneuer, superleichter Nylonkoffer war das einzige Gepäckstück, das sie nach San Casciano mitnehmen wollte.
»Italien ist so weit weg«, lamentierte Lo weiter. »Was, wenn du dich in so einen italienischen Grafen verliebst und überhaupt nicht mehr zurückkommst?«
»Vielleicht will sie sich ja gar nicht verlieben«, sagte Clem. »Sondern zur
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