Kuessen al dente - Roman
ihre riesige Jackie-O-Sonnenbrille auf der Nase – das perfekte Outfit für den Tag danach. In ihrem Kopf kreiselten immer noch die Baby-News von Claudia. Dass der Vater/Verlobte der einzige Mann war, den Georgia in den letzten zehn Jahren angebaggert hatte, half weder dem Gedankenchaos in ihrem Kopf noch ihrem Kater.
Vanessa und Effie waren bereits in der Bar, saßen an einem kleinen Tisch, blätterten im Il Corriere und sahen auch nicht sonderlich frisch aus. Der letzte Abend hatte bei allen deutliche Spuren hinterlassen. Über ihren Paninis mit Ei, Schinken und Käse (was hätte Georgia für ein anständiges Käse-Speck-Sandwich gegeben) ließen die Freunde eine weitere Bombe platzen, die bei Georgia noch erheblich heftiger einschlug: Wie es aussah, hatte Gianni die Party mit dieser affengeilen Blondine, wie sie sie titulierten, verlassen.
»Und ich traue mich zu wetten, dass sie nicht zum Blumenpflücken gegangen sind«, nuschelte Effie, den Mund voll Brot. »Wenn ihr wisst, was ich meine.«
Georgia machten diese Neuigkeiten wütender, als sie sich eingestehen wollte. Zum ersten Mal seit sieben Jahren war sie Single. Und bis zu diesem unseligen Moment, als Claudia sie bei einem Glas Grappa in ihr Mutterglück eingeweiht hatte, war sie damit auch bestens zurechtgekommen. Sie fand ihr
Singledasein zwar nicht berauschend, hatte sich aber damit arrangiert. Sie hatte sogar aufgehört, sich über die Zeitbomben den Kopf zu zerbrechen, die in ihren beiden Eierstöcken tickten. Zugegeben, nach einigen Cocktails hätte sie sich mit Vergnügen auf Gianni gestürzt, aber das war mehr eine dem Alkohol entsprungene Laune gewesen als der echte Wunsch nach einer Verbindung. Dann hatte sie von Claudias Schwangerschaft und der Hochzeit erfahren und konnte nur noch daran denken, wie weit sie von beidem entfernt war und wie sehr sie sich danach sehnte. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, konnte sie nicht einmal einen lausigen One-Night-Stand mit Gianni, dem toskanischen Hengst, verbuchen.
»Ist es möglich«, sinnierte sie laut, »dass ich tatsächlich die einzige Amerikanerin bin, die in Italien keinen abkriegt? Ist das überhaupt erlaubt?«
»Erzähl mir bitte nicht, dass du ernsthaft sauer auf einen italienischen Schmalzlockentyp bist, der öfter zum Friseur geht als du.« Etwas geschmolzener Käse lief Effie übers Kinn. Er wischte ihn mit dem Handrücken ab und leckte ihn dann auf.
»Es ist nicht dieser Gianni. Stellt euch vor, ich hätte wegen ihm um ein Haar die erste Zigarette seit fünf Jahren geraucht! «
Vanessa sah sie fragend an. »Aber Gianni raucht doch gar nicht.«
»Wie sage ich immer?«, grinste Effie und zog eine Schachtel Camel aus seiner Hemdtasche. »Rauch sie, wenn du sie kriegen kannst!«
»Vielen Dank für den guten Rat. Aber wenn ich nicht zu rauchen anfange, nachdem man mich innerhalb von sechs Stunden verlassen und gefeuert hat, dann finde ich, sollte mich so ein affiger Weiberheld auch nicht dazu bringen.« Sie seufzte.
Effie und Vanessa gingen nach draußen – er, um zu rauchen, und sie, um seinen Rauch zu inhalieren, nachdem sie inzwischen »sechs Monate von den Roten weg war«, wie sie nicht müde wurde, ihren Freunden vorzubeten. Georgia schlürfte die letzten zuckersüßen Tropfen ihres zweiten doppelten Cappuccinos. Total solo zu sein mit null Aussichten auf Änderung dieses Zustands, nagte furchtbar an ihrem Ego.
Mit den längst nicht mehr weißen Wänden, zugepflastert mit Reklamepostern für alle möglichen Biersorten, dem abgetretenen Linoleumboden und einer Reihe schäbiger Computer, die aufgereiht auf einem langen Resopaltisch standen, der Echtholz vortäuschen sollte, wirkte das örtliche Internetcafe eher wie eine gammelige Studentenbude als ein Hightechschuppen. Georgia war schon einmal dort gewesen, doch da hatte so ein Typ mit fettiger Haut sie derart penetrant angestarrt, dass sie diesen Ort seither gemieden hatte. Vermutlich hatten sich inzwischen tausend Mails in ihrem Posteingang angesammelt.
Abgesehen von der Kassiererin war der Laden leer. Sie setzte sich an den Computer nahe bei der Tür, so dass sie Vanessa und Effie vorbeigehen sehen konnte, die sich auf die Suche nach ein paar Happy Days gemacht hatten, irgendein Zeug, das angeblich jeden Kater vertrieb. Nach der Party am vergangenen Abend ging es allen ziemlich mies.
In einem Dutzend Mails berichteten ihre Freunde zu Hause von Restaurants, die neu eröffnet hatten (Clem), und nicht so berauschenden
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