Kuessen al dente - Roman
Junge und tue nichts, was ich nicht tun soll. Ha, ha.
Im Anhang ein Foto von Sals bei meiner Familie. Wir fahren jedes Wochenende zu ihnen hinaus. Der andere Hund ist ihre neue Busenfreundin, sie ist gerade ins Haus nebenan eingezogen.
Schreib zurück, wenn du die Gelegenheit hast zu mailen. Hoffe, dass wir jetzt mit dem Freundschaftsteil beginnen können. Glenn.
Auf dem Foto saß Sally am Strand, mit dem Rücken zum Meer, neben ihr eine Cocker-Pudel-Kreuzung oder irgendeine andere überzüchtete Rasse, die ein Vermögen kostet. Sally sah glücklich aus. Ebenfalls im Bild zwei Liegestühle mit Strandtüchern und ein paar Zeitschriften darauf. Eines davon gehörte Glenn — Georgia erkannte das blau-weiß gestreifte Ralph-Lauren-Badetuch, von denen seine Mutter etliche für ihr Strandhaus gekauft hatte. Das andere gehörte offenbar dem Frauchen der Pudelmischung, denn keiner von Glenns Kumpeln würde sich auf ein Handtuch mit einem Paisleymuster in Orange und grellem Pink legen.
Sie löschte die gesamte Mail, einschließlich des Fotos. Glenn kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie das Foto genauestens studieren würde, was bedeutete, dass er sie wissen lassen wollte, dass er mit dem Pudelfrauchen ausging oder bereits mit ihr das Bett teilte. Und das stimmte Georgia nicht gerade freundschaftlich ihm gegenüber; im Gegenteil, am liebsten hätte sie ihn auf den Mond geschossen.
Als sie sich durch den Rest ihrer 457 Mails geklickt hatte, war schon eine Antwort von ihrem Vater eingetrudelt. »Machen uns nichts aus der Weinlese«, schrieb er. »Wollen unsere Tochter besuchen. Sehen uns im September, Ende September, gemäß deinem Hinweis auf die Hitze.«
Georgia sank auf ihrem Plastikstuhl in sich zusammen. Glenn hatte eine Freundin, Sally hatte sie wahrscheinlich längst vergessen, und Hal und Dorothy kamen sie besuchen. Als Nächstes würde sie hören, dass Sam Sifton dem Mistkerl Marco drei Sterne verliehen hatte.
Es klopfte an die Scheibe. Georgia drehte sich um in der unguten Erwartung, den schmierigen Typen vom letzten Mal zu sehen, wie er sie mit einer Schere in der Hand anstarrte. Es war Effie, der seine Nase an die schmutzige Fensterscheibe drückte, eine weiße Pillendose in der Hand hielt und grinste wie ein Junkie, der gerade eine Schachtel Dilaudid ergattert hat. Georgia loggte sich aus und ging hinaus zu Vanessa und Effie, vorsorglich die Handflächen nach vorne gestreckt.
»Bitte«, sagte sie. »Sagt mir bitte, dass das Zeug in der Dose mich aufheitert.«
»Happy Days«, nickte Effie eifrig und schraubte den Plastikdeckel ab. »Gut für jede Art von Schmerz.«
Georgia stellte sich Glenn und seine neue Flamme vor, wie sie eingeölt Seite an Seite auf ihren sündhaft teuren Strandtüchern lümmelten, mit Sals und dem anderen Köter neben
sich, alle vier die Sonne von Bridgehampton genießend. Der Freundschaftsteil ihrer Beziehung, dachte sie, während sie zwei grasgrüne Pillen mit einem Schluck Wasser hinunterspülte, fängt jetzt mit Sicherheit noch nicht an. Jetzt nicht und auch später nicht. Sie schloss die Augen und betete, dass die Wunderpillen rasch ihre Wirkung entfalteten.
Die Trattoria Dia öffnete am Tag der Sommersonnenwende ihre Tore für die Gäste, einem heiteren, milden Abend ohne jeden Anflug von Feuchtigkeit. Claudias Astrologe hatte dieses Datum vorgeschlagen, da die Konstellation der Gestirne an diesem Tag einen rauschenden Erfolg versprach. Wie sich herausstellte, sollte er Recht behalten. Um halb fünf begannen sich Gruppen von zwei, vier und auch fünf Gästen draußen vor den Doppeltüren anzustellen. Um halb sechs war der Parkplatz restlos voll; um sechs Uhr reihte sich vor der Villa ein Auto hinter dem anderen, und auch die ganze Straße war zu beiden Seiten zugeparkt. Ohne eine Anzeige in den Zeitungen und ohne Reservierungen anzunehmen, hatte Claudia quasi eine Undercover-Eröffnung geplant, um den Mitarbeitern Gelegenheit zu geben, etwaige Anfangsschwierigkeiten auszubügeln, ehe die Massen anrückten. Vergebens. Die Massen rückten an und zeigten kein Interesse, zu einem der anderen Lokale weiterzuziehen. Sie saßen auf der niedrigen Ziegelmauer, die den vorderen Garten begrenzte, scharten sich um Töpfe mit Rosen und Hortensien, verteilten sich auf dem Rasen, auf der rückwärtigen Veranda und im Garten, nippten an Gläsern mit Chianti, der großzügig ausgeschenkt wurde, um die Wartezeit zu überbrücken. Sie alle wollten nur eines: in der Trattoria Dia
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