Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
Vom Netzwerk:
Und«, fügte sie hinzu, »er sieht echt umwerfend aus.« Mit einer Kopfdrehung schleuderte sie ihr dichtes braunes Haar, das sie zum ersten Mal, seit Georgia sie kannte, offen trug und das ihr bis zu den Hüften reichte, in das Gesicht eines ahnungslosen Kellners, desselben Kellners, den sie kurz zuvor beinahe umgerannt hätte. »Verzeihung«, seufzte sie theatralisch. »Ist es so heiß hier drin oder bin ich das?« Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn.
    »Sergio ist hier?« Es kam Georgia seltsam vor, dass Claudias quasi von ihr getrennt lebender Freund ausgerechnet an diesem Abend hier aufkreuzte, aber sie hatte wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern musste. »Ich werde mich ihm später vorstellen. Im Moment bin ich beschäftigt.« Sie nickte mit dem Kopf Richtung Gianni, der gerade über einen Ausspruch von Gabri lachte.
    »Alles klar«, wisperte Vanessa ihr zu. »Und, wie läuft es so?«

    »So weit, so gut. Einzelheiten folgen später.« Als sie sich wieder zu ihren Freunden umdrehte, war Gianni verschwunden. Sie schaute sich um und entdeckte ihn, wie er neben dem offenen Kamin mit einer gertenschlanken Blonden schäkerte, die kichernd zusammenzuckte, als er mit den Fingerspitzen über ihre nackten Schultern strich.
    Cesca verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. »Dieser Gianni«, sagte sie. »Als hätte er ein S auf der Stirn eintätowiert. «
    »Ein S?«
    »Ja, wie Schwerenöter. Er hat mit mindestens einem Drittel aller hier anwesenden Frauen geschlafen.«
    »Im Ernst?«
    »Ja. Eine Freundin von mir war auch eine der Glücklichen. Seine Vorstellung von einer Beziehung beschränkt sich auf drei Rendezvous: Beim ersten baut man die Beziehung auf, beim zweiten wird sie ausgekostet, und beim dritten beendet. « Cesca tätschelte Georgias Schulter. »Aber er sieht einfach blendend aus.«
    »Das stimmt«, pflichtete Georgia ihr bei. Sie nahm sich einen Bellini vom Tablett eines vorbeihuschenden Kellners und riskierte noch einen Blick auf Gianni. »Zu schade – das mit den drei Rendezvous.«
     
    Drei Bellinis, einen Campari-tini – ein wirklich heimtückisches Gebräu, das man aus einem Martiniglas trinkt – und einen halben Vin Santo später klangen drei Dates gar nicht mehr so übel. Eigentlich, dachte Georgia, könnten sie das erste überspringen und gleich mit dem zweiten beginnen. Was war denn so verwerflich daran, ein bisschen Spaß zu haben? Sie hatte gerade eine siebenjährige Beziehung hinter sich. Und sie war in Italien. Es wurde allmählich Zeit.

    Vanessa, Effie, Tonio, Bruno und noch ein paar andere des Dia-Teams hatten die Veranda in Beschlag genommen und saßen an einem runden Tisch, der mit leeren Gläsern und zusammengeknüllten Zigarettenschachteln übersät war. Effie war endlich wieder für die Musik verantwortlich, und Tom Waits jammerte durch die mondbeschienene Nacht. Die Cocktailstunde war schon lange vorüber, die Party hatte sich aufgelöst, und die Gäste waren in die benachbarten Trattorias oder Villen weitergezogen. Während die Tischrunde mehr oder weniger betrunken über die ultimativen Kochbücher und ihre Verfasser philosophierte, erhob sich Georgia etwas wackelig von ihrem Stuhl. Sie musste Gianni finden. Und der täte gut daran, dieses Blondchen in die Wüste zu schicken, dachte sie.
    »Mein Bett ruft«, sagte sie zu ihren Freunden und winkte lahm. »Nacht.«
    Sie schob die auberginefarbene Tür auf und trippelte auf Zehenspitzen wie ein Highschool-Girl, das sich viel zu spät in ihr Zimmer schleicht, in die Küche. Die Putztruppe hatte gute Arbeit geleistet, und die Küche funkelte wie ein nagelneuer Verlobungsring. In zwei Tagen würde es hier zugehen wie im Irrenhaus, aber im Moment glänzten die Kacheln auf der Durchreiche ebenso wie die Edelstahlflächen, und der Boden war so sauber, dass man davon hätte essen können. Die einzigen Geräusche machten die staunenden Leute, die in die Küche kamen, und natürlich die verbliebenen Gäste draußen im Restaurant.
    Auf dem provisorischen Schreibtisch stand eine Illy-Kaffeedose mit Gänseblümchen, von denen Georgia abwesend einzelne Blütenblättchen zupfte. Momentan etwas aus der Bahn geworfen wegen ihrer Gianni-Suchaktion, dachte sie darüber nach, welcher Weg sie ins Dia geführt hatte. Die
Trennung, die Kündigung, die Pläne, das Warten – es war eine lange Reise gewesen mit mehr Verwirrungen und Knoten, als ihr Haar nach einem heißen Sommertag am Strand hatte. Wenn das alles wirklich aus einem

Weitere Kostenlose Bücher