Kuessen al dente - Roman
Verabredungen (Lo). In E-Mail Nummer elf von Lo tauchte zwischen langweiligen Dates im Orsay (arroganter Banker) und im Buddakan (schmieriger Banker) Glenn auf, den Lo zu später Stunde im Kino gesehen hatte. Beim Anblick seines Namens machte Georgias Magen einen
Satz, obwohl es auch der Campari-tini gewesen sein konnte, der noch einmal aus dem Hinterhalt zuschlug. Lo meinte, er sähe erschöpft aus.
»Erschöpft?«, murmelte sie vor sich hin. »Das ist alles?«
»Mit wem war er dort?«, schrieb sie zurück. »Wie spät war es? An welchem Tag? Wie müde sah er aus? Müde oder eher fertig?« Sie las ihren Fragenkatalog noch einmal durch und löschte eine Frage nach der anderen. Das hörte sich nicht nach einer Frau an, die über ihren Exverlobten so was von hinweg war. Das war sie nämlich. Wirklich. Sie hätte sich doch nicht in einen Gianni verknallt, wenn sie noch an Glenn hinge, oder? Also tippte sie die einzige Frage, die ihr wirklich am Herzen lag – hat er etwas über Sals erzählt? – und zwang sich dann, eine E-Mail von ihrem Vater zu lesen.
Sie hatte ihre Eltern angerufen, nachdem sie sich in San Casciano eingerichtet hatte. Und obwohl sie sich immer noch über die blinde Glenn-Verehrung ihrer Mutter ärgerte, hatte sie ihr zubilligen müssen, dass sie während des gesamten siebenundzwanzigminütigen Gesprächs weder Glenn noch Grammy mit keiner Silbe erwähnt hatte. Sie hatte sich sogar erkundigt, was Georgia im Dia so alles kochte — zum ersten Mal in ihren mehr als zehn Jahren, seit sie als Küchenchefin arbeitete, hatte ihre Mutter ihr eine Frage zum Thema Essen gestellt, die nicht an das Gewicht ihrer Tochter geknüpft war. Nach diesem ersten Telefonat hatten sie noch ein paar sehr kurze, sehr wohlwollende Unterhaltungen geführt. Dennoch konnte man nie wissen, welche beängstigenden Neuigkeiten eine Mail von ihren Eltern enthielt, und sie hatte mehr als nur ein wenig Bammel, als sie die Nachricht von ihrem Vater öffnete.
Und tatsächlich, der Inhalt der Mail war nicht nur beängstigend, sondern furchterregend: Dorothy und Hal planten im September einen Trip in die Toskana. Wie Hal schrieb, hätten
sie den »Kontinent« vor Jahrzehnten das letzte Mal bereist, und Georgias Aufenthalt dort böte ihnen nun die großartige Gelegenheit, ihre Tochter zu besuchen und gleichzeitig ihrer Liebe für die Renaissance-Meister zu huldigen. Für Georgia rochen diese Neuigkeiten verdächtig nach dem Plan, sie zurück nach Wellesley zu locken und sie auf der Universität einzuschreiben, oder möglicherweise auch in ihrem Kinderzimmer einzusperren.
»Super!«, schrieb sie zurück, erstaunt über die vorgetäuschte Begeisterung, die ein kleines Ausrufezeichen hervorbringen konnte. »Ich freue mich schon darauf!« Dann schob sie vorsichtshalber nach: »Denkt daran, dass es im September noch sehr heiß sein kann. Vielleicht wollt ihr lieber im Oktober kommen, zur Weinlese. Da werde ich wahrscheinlich nicht hier sein, ich kann euch aber in Florenz, oder wo immer ihr hinwollt, treffen.« Obwohl ihre Eltern am Telefon ganz okay gewesen waren, konnte man nicht wissen, was passieren würde, wenn sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Georgia sah ihrem elterlichen Besuch mit derselben Begeisterung entgegen wie einem Termin beim Gynäkologen.
Und dann entdeckte sie die Mail, versteckt zwischen diversen Spams und anderer ungebetener Post: Glenn Tavert, lautete der Absender, versehen mit einer Anlage. Sie holte tief Luft und klickte sie an.
Hi, Georgia,
hoffentlich erreicht dich diese Mail vor riesigen Nudeltellern und Flaschen besten Barolos in der sonnigen Toskana. Sally geht es prima. Sie ist das Maskottchen der Nachbarschaft geworden und »everybody’s darling«. Wir können keinen Schritt spazieren gehen, ohne dass irgendjemand stehen bleibt und Hallo sagt.
Georgia wandte den Blick vom Monitor ab und schaute hoch auf ein altes Bud-Light-Poster, das vor ihr an die Wand gepinnt war. Jeder wusste doch, dass Hunde die Frauenfalle Nummer eins waren. Sally hatte Glenn inzwischen wahrscheinlich zu einem Dutzend Verabredungen verholfen.
Mir geht es recht gut. Habe vor ein paar Wochen eine Therapie angefangen. Schwadroniere über mein Lieblingsthema – mich selbst – und werde von jemandem angehört, der so viel berechnet wie ein Partner bei Standish und dabei unablässig nickt. Kein schlechtes Geschäft für beide von uns, schätze ich. Jedenfalls scheint es Wirkung zu zeigen, denn ich bin ein braver
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