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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
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verputzten und in einem blassen Pistaziengrün gestrichenen Wänden; statt den unbequemen Stühlen hatte Claudia elegante taubengraue Sessel mit Armlehnen und weiß-grau melierten Polstern gefunden. Die Tische mit den gestärkten weißen Leinentischdecken standen in angenehmem
Abstand voneinander im Raum verteilt. In dem offenen, aus antiken Backsteinen gemauerten Kamin lagen weiße Birkenscheite, und auf dem Sims aus altem Walnussholz stand eine Vase mit Pfingstrosen. Claudia hatte den Raum so gestaltet, dass er für ein Mittagessen an einem sonnigen Tag ebenso einladend wirkte wie für ein spätes Dinner an einem stürmischen Winterabend. Wenn das Essen dem geschmackvollen Ambiente gerecht würde, konnte die Trattoria Dia getrost einer Zukunft als das kulinarische Highlight der Umgebung entgegensehen.
    Als ein Kellner mit einem Tablett Bellinis vorbeikam, nahm Bruno zwei Gläser und reichte eines davon Georgia. Noch ehe sie auf ihren Sieg anstoßen konnten, kam Vanessa um die Ecke, schnappte sich ein Glas vom selben Tablett und riss dabei beinahe den armen Kellner um.
    »Ups, Verzeihung«, nuschelte sie über die Schulter. »Hab gerade von Sonne und Mond gehört. Gratuliere euch.« Obwohl Vanessa gern selbst dieses Gericht kreiert hätte, freute sie sich für Georgia und auch ein wenig für Bruno. »Das muss heute dein Abend werden, Georgia.«
    »Na ja, nicht nur meiner. Bruno ist ja auch …«
    »Nein, ich meine, weil er hier ist. Gianni. Und er hat nach dir gefragt.«
    So unauffällig wie möglich schaute sich Georgia im Lokal um, was natürlich niemals so unauffällig gelingt, wie man das will, und wandte sich dann wieder Vanessa zu. Bruno wurde von einer blassen Elena, die irgendwas von frischer Luft murmelte, auf die Veranda abkommandiert.
    »Gianni sehe ich nicht, Vee, aber dort sind Gabri und Cesca.« Sie winkte ihren Freunden aus Florenz zu. Claudia hatte der Belegschaft gesagt, dass sie einladen könnten, wen immer sie wollten, und Gabri und Cesca standen ganz oben
auf Georgias Zwei-Personen-Liste. Sie wollte sich gerade einen Weg durch die Gästeschar bahnen, um die beiden zu begrüßen, da spürte sie einen Stups an der Taille. Sie drehte sich um und sah direkt in Giannis von dichten Wimpern umrahmte Augen.
    » Buona sera , Georgia.« Seine Hand strich über ihren Hüftknochen. Er trug ein marineblaues Sakko, ein pinkfarbenes Hemd, dessen obere zwei Knöpfe offen standen, dazu Jeans. Die Korkenzieherlocken, die sein Gesicht umrahmten, erinnerten Georgia an ein Botticelli-Gemälde, und sie musste an sich halten, dass sie nicht an einer Locke zog und dann losließ, um sie nach oben schnellen zu sehen. Sie begrüßten einander mit beidseitigen Luftküssen.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er und beschrieb mit der Hand einen weiten Bogen. »Das Restaurant ist prachtvoll. Sie müssen sehr stolz sein.«
    »Claudia ist diejenige, die stolz sein darf. Ich arbeite hier nur«, entgegnete sie, strahlte aber trotzdem über das ganze Gesicht.
    »Ich dachte immer, ihr Amerikaner seid so großspurig, aber Sie sind überaus bescheiden.« Er strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. »Und Sie sehen hinreißend aus, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben.«
    Gabri kam auf sie zugestürmt, bevor sie antworten konnte. »Georgia«, rief er begeistert, Cesca hinter sich herziehend, »dieses Lokal ist einfach spitze!«
    »Ja, das stimmt«, setzte Cesca hinzu. »Wir freuen uns ja so für dich.«
    »Ach, ist es schön, euch zu sehen!« Georgia umarmte ihre Freunde, die aussahen, als kämen sie direkt vom Laufsteg einer Armani-Modeschau. Sie wollte sie mit Gianni bekanntmachen, aber wie sich herausstellte, kannte Gianni die beiden
schon, und wie es unter Italienern üblich war, hatten sie sich auch gleich eine Menge zu erzählen. Das Lokal war gerappelt voll, und die Kellner in ihren grauen Hosen und blütenweißen Hemden hatten alle Mühe, ihre Tabletts mit diversen Häppchen durch die Menge zu balancieren, während Paolo Contes Bariton durch den Raum schmetterte. Binnen kurzem war die Party in vollem Gang, und aus den einzelnen Grüppchen von Bekannten, die zusammenstanden und Smalltalk machten, war eine Horde Feiernder geworden, die allesamt zu viel aßen und tranken.
    Vanessa, in der Hand ein hohes Glas mit einer klaren Flüssigkeit, die gewiss kein Wasser war, steuerte schnurstracks auf Georgia zu und knuffte sie in die Rippen.
    »Der geheimnisvolle Sergio ist da. Er und Claudia unterhalten sich draußen auf der Veranda.

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