Kuessen Auf Eigene Gefahr
«Und ihr Machokerle glaubt, ihr wärt ein adäquater Ersatz für weiblichen Beistand? Wie arrogant. Und wie falsch.»
Nigel stellte sich neben Jarvis. «Lass sie rein. Ich will sie malen. Sie hat so unglaublich schöne Augen, die gleichzeitig so voller Schuld sind.»
Trinity versteifte sich. Oh Mann, Reina so etwas zu erzählen, war nicht sonderlich klug. «Nigel –»
Die Belustigung verschwand aus Reinas Gesicht und sie bedachte Nigel mit einem vernichtenden Blick. «Wag es ja nicht, mir mit deinem gefühlsduseligen Künstlerschmu zu kommen.» Sie bohrte ihre Fingerspitzen in seine Brust. «Und es gefällt mir auch nicht, dass ihr mich als Nacktmodel für einen schrägen Typen abkanzelt.»
Nigel hob entzückt die Brauen. «Nacktmodel. Das ist ein toller Einfall –»
Reina hob ihre Hand und wackelte mit ihren Fingern vor seinem Gesicht.
Trinity protestierte lautstark: «Nein, tu das nicht –»
Aus Reinas Fingerspitzen trat ein schwarzes Pulver. Im Nu war Nigel von einer grauen Aschewolke umgeben. Er zwinkerte verwundert, wurde aschfahl, kippte um und krachte auf den Fußboden. Na, fantastisch. Wenn Trinity ihren Vater retten wollte, ohne dabei ihre Seele zu verlieren, waren diese Männer die Einzigen, die ihr helfen konnten – und soeben hatte Reina just diese Männer mächtig sauer gemacht. Wie praktisch. «Reina –»
Jarvis hatte Reina bereits sein Schwert an die Kehle gesetzt. «Heil ihn», befahl er.
«Nicht –» Trinity wollte Jarvis Arm fassen, doch Blaine nahm sie in den Schwitzkasten und presste sie an sich.
«Lass sie», sagte er leise. «Sie werden sich schon einigen.»
«Sie werden sich gegenseitig umbringen!»
«Ach was.» Blaine bugsierte sie zurück in die Küche. «Das sind Krieger, die sich gegenseitig beschnüffeln. Solange wir sie in Ruhe lassen, wird nichts passieren.»
«Das sind doch keine Hunde», erwiderte Trinity mürrisch.
«Richtig», stimmte Blaine zu. Jarvis drückte seine Klinge fester gegen Reinas Hals. «Aber so ein großer Unterschied besteht da auch wieder nicht. Vertrau mir. Wir lassen sie am besten für ein paar Minuten alleine. Ich habe so ein Gefühl, als ob wir sie beide noch brauchen werden.»
Trinity biss sich auf die Lippe. Reina betastete gerade interessiert Jarvis Schwert. Oh ja, wenn man auf der gleichen Seite wie Reina stand, dann war sie eine loyale Freundin und ein unerschütterlicher Fels in der Brandung – aber als Gegner war sie brandgefährlich. «In Ordnung», lenkte sie ein, «sie haben sechzig Sekunden. Aber dann gehen wir mit dem Wasserschlauch dazwischen.»
Blaine herzte sie kurz und drückte einen Kuss auf ihren Scheitel. «Abgemacht.»
«In einer Minute ist Nigel wieder fit.» Reina wedelte mit ihren Fingern vor Jarvis Gesicht und zeigte sich dabei von der Waffe an ihrem Kehlkopf wenig beeindruckt. «Geh mir aus dem Weg, mein Großer, oder du gehst ebenfalls zu Boden. Die Schwertmasche zieht bei mir nicht.»
Jarvis bewegte keinen Muskel. «Heil ihn oder du stirbst.»
Trinity war angespannt. «Blaine, sie wird –»
«Du musst lernen, Frauen ernst zu nehmen», verkündete Reina und schoss eine schwarze Wolke auf ihn ab. «Tschüssie.»
Doch Jarvis grinste nur selbstgefällig und schob seine Klinge etwas höher. «Schätzchen, das war jetzt nicht sonderlich eindrucksvoll.»
Trinity lehnte sich an Blaine, unschlüssig, ob es als gutes oder schlechtes Zeichen zu werten war, dass Reinas Pulver nicht funktioniert hatte. «Sollten wir eingreifen?»
«Noch nicht.» Blaine amüsierte sich offenbar prächtig. «Irgendwie macht das sogar Spaß. In den letzten Jahrhunderten hatten wir eine Menge Schwierigkeiten mit dem Tod und seinen Handlangern. Es ist sicher gut für Jarvis, wenn er seine Frustrationen so bewältigen kann.»
Reina stemmte entrüstet die Hände in die Hüften und blaffte Jarvis an: «Wieso funktioniert das bei dir nicht?»
Jarvis zuckte nur mit den Schultern und erwiderte blasiert: «Kaum etwas funktioniert bei mir.»
«Das ist mir ja noch nie passiert.» Reina hielt bereits ihr iPhone in der Hand und tippte etwas. «Das muss mein Boss erfahren. Er wird bestimmt ein paar Tests mit dir machen wollen.»
Jarvis rammt die Spitze seines Schwertes mitten durch Reinas Telefon und schleuderte es durch die Glasscheibe des Panoramafensters. Glassplitter, funkelnd wie Eiskristalle, regneten herab.
«Das wird er mir aber bezahlen», knurrte Blaine.
Reina quiekte und wirkte sichtlich erschrocken. «Hast du eine Ahnung, wie wütend
Weitere Kostenlose Bücher