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Kuessen Auf Eigene Gefahr

Kuessen Auf Eigene Gefahr

Titel: Kuessen Auf Eigene Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Rowe
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Rücken. Er versuchte zu erzählen, ohne dabei über seine Worte nachzudenken. «Als die Hexe in die Küche kam, saß ich auf der obersten Treppenstufe. Mein Vater kam nach ihr herein und meine Mutter saß am Küchentisch. Auf einem Platzdeckchen vor ihr lagen Maiskolben.»
    Trinitys Kopf lag ruhig an seiner Brust. Sie sah zu ihm auf. «Sie haben dich gegen Mais eingetauscht?»
    «Es muss wohl besonders guter Mais gewesen sein. Eine zarte Sorte.» Die Baumrinde drückte sich unangenehm in seinen Rücken und er verlagerte sein Gewicht.
    «Mais», wiederholte sie. «Wie viele Kolben?»
    «Sechs glaube ich. Genug für zwei Mahlzeiten. Oder vielleicht Maisbrot.» Er rieb ihr weiter den Rücken. Tat er es für sie oder für sich selbst? Jedenfalls fühlte es sich großartig an und er wollte nicht aufhören.
    «Nicht mal ein Dutzend. So viel wärest du doch mindestens wert gewesen.»
    Er zuckte mit den Schultern «Nicht jeder weiß meine großartigen Leistungen als Liebhaber zu schätzen.»
    Trinity stutzte und lief rot an. «Das habe ich nicht –»
    Er unterdrückte ein Grinsen. «Also, Angelica kam, um mich mitzunehmen. Da bin ich aufgestanden und habe mein Schnitzmesser nach ihr geworfen.» In der Ferne ertönte eine Sirene und an der Kreuzung rasten Blaulichter vorbei.
    «Warst du damals auch schon so ein guter Werfer?»
    «Allerdings.» Er spielte mit ihrem Haar und beobachtete ein Eichhörnchen, das über einen geschmiedeten Eisenzaun huschte. «Ich hatte genau auf ihr Herz gezielt, aber sie hat das Messer einfach gefangen, und ehe ich reagieren konnte, hatte sie es wieder zurückgeschleudert.» Er hob seinen vernarbten Arm. «Genau hier hat es mich getroffen.» Er zeigte auf die Stelle mitten auf seinem Bizeps, wo der rote Wulst am breitesten war. «Dann hat es meinen Arm aufgeschlitzt, als wäre es ein lebendiges Wesen.»
    Trinity legte die Hand auf seine Narbe. «Und deine Eltern? Haben sie nichts unternommen?»
    «Mein Vater ging zurück in die Küche.» Er beobachtete, wie das Eichhörnchen eine Eichel aufhob und dann auf einen kleinen Obstbaum wuselte, der aus dem Bürgersteig wuchs. Die Natur, die um eine Existenzberechtigung in der Stadt kämpfte. Das erinnerte ihn an seinen Überlebenskampf in Angelicas Gefängnis.
    «Und deine Mutter?»
    «Die war gerade nicht bei der Sache.» Er nahm sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. «Es war unerheblich, Trinity. Sie hatten mich verkauft und damit war die Sache erledigt. Ende der Geschichte. Das ist zwar unerfreulich, aber man muss sich damit abfinden.»
    Trinity betrachtete ihn forschend. «Hast du nicht einmal nachgesehen, was in der Küche vor sich ging?»
    «Warum sollte ich?»
    «Vielleicht hat deine Mutter geweint oder versucht dich zu retten, aber dein Vater hat es nicht zugelassen.» Sie hatte die Arme um sich geschlungen und wiegte sich auf seinem Schoß vor und zurück. Ihr gequälter Gesichtsausdruck machte es ihm schier unmöglich, nicht mehr zu denken, als unbedingt notwendig war. Nicht mehr zu fühlen, als klug war.
    «Ach was», giftete er sie gröber als beabsichtigt an. «Von dieser Fantasievorstellung habe ich mich schon lange verabschiedet.
    «Ich kann nicht glauben, dass es ihnen egal war.» Sie hob ein Eichenblatt auf und glättete es zwischen ihren Handflächen. «Deinen Eltern. Meinen. Ich meine, wie bringt man so etwas fertig? Wir kann man sein Kind einer Frau überlassen, die es misshandeln wird?» Sie sah wieder zu ihm hoch. «Ihnen musste doch klar sein, in wessen Hände sie uns geben, oder? Sie wussten es und haben es trotzdem getan. Für Mais. Für ...» Sie schloss die Augen. «Um das Leben meiner Mutter zu retten. Glaubst du ihr das?», fragte sie hoffnungsvoll, als ob der Zweck die Mittel heiligen könnte.
    Er packte ihre Schultern und zwang sie stillzuhalten. «Trinity. Sieh mich an.»
    Über ihre Wange floss eine Träne und sie zerquetschte das Blatt, das sie eben noch so sorgfältig glatt gestrichen hatte, in ihrer Faust. «Was?»
    Im blieben die Worte im Halse stecken. Die unmissverständliche Feststellung, dass es unverzeihlich war, wenn Eltern ihre Kinder verkauften. Dass es nichts mit Liebe zu tun hatte. Er wusste es, er glaubte daran. Er sah Trinitys leidvolles Gesicht und brachte es nicht über sich, die Worte auszusprechen.
    Wie konnte er ihr die Hoffnung nehmen? Hoffnung war das Einzige, was ihn am Leben erhalten hatte. Die Hoffnung auf Freiheit. Bei Trinity war es die Hoffnung auf Liebe. Er hatte nicht das Recht, einem

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