Küssen auf eigene Gefahr
Lügnerin halten. Warum in aller Welt sollte ich es ausgerechnet Ihnen erzählen, wenn ich ein Problem habe?«
Sam war entschieden der Meinung, dass sie auf dieser Fahrt bisher mehr ausgeteilt als eingesteckt hatte, deshalb weigerte er sich, irgendeine Reue zu empfinden. Er musterte sie kurz von Kopf bis Fuß. »Weil Sie außer mir niemanden haben, Red.«
Catherine gab ein kurzes, verächtliches Lachen von sich. Sie ließ ihren Kopf gegen die Kopflehne sinken und schüttelte ihn kurz, während sie hinauf an die Decke sah. »Dann möge mir Gott beistehen.«
Jimmy Chains hatte sich jeder weiteren Auseinandersetzung in der Damentoilette entzogen, indem er sich an den erbosten Frauen vorbeidrängte und die Flucht durch die Küche antrat. Als er den Bus vom Parkplatz fahren hörte, war sein erster Impuls, in seinen Mietwagen zu springen und ihm nachzufahren. Aber Kaylee hatte gesagt, er sei klug, und im Lauf der Jahre hatte er festgestellt, dass kluge Leute im Allgemeinen erst einmal in Ruhe über ihr weiteres Vorgehen nachdachten, statt sich in irgendeine Aktion zu stürzen.
Also versuchte er sein Glück damit. Er dachte nach. Und dabei dämmerte ihm, dass es wahrscheinlich früher oder später jemandem auffallen würde, wenn dem Bus ständig ein Auto folgte.
Aber wie sollte er sonst rauskriegen, wo der Bus mit Kaylee den nächsten Stopp einlegte, wenn er ihm nicht folgen konnte? Ihm blieb vermutlich immer noch die Möglichkeit, den Boss anzurufen, um dessen Rat einzuholen, aber im Moment schien ihm das keine gute Idee.
Also dachte er noch ein bisschen länger darüber nach. Dann ging er um das Restaurant herum und betrat es durch die Eingangstür.
Nach Abfahrt des Busses war wieder Ruhe eingekehrt, und er beschloss, sich an eines der jungen Mädchen zu wenden, die gerade die Tische abräumten. »Hi«, sagte er und näherte sich einem Mädchen mit einem langen braunen Pferdeschwanz. Sie lud das Geschirr vom Tisch auf ein kleines Wägelchen, putzte sich die Hände an der fleckigen weißen Schürze ab, die sie über ihre Jeans gebunden hatte, und sah zu ihm auf.
»Ich, äh, weiß auch nicht genau, wie das passiert ist, aber irgendwie habe ich meine Schwester verpasst, mit der ich mich hier treffen wollte«, improvisierte er drauflos. »Können Sie mir vielleicht sagen, wo der Bus als Nächstes hält?«
»Keine Ahnung«, erwiderte sie und beugte sich vor, um den Tisch abzuwischen, »aber ich weiß, dass er zum Abendessen beim Diamondback in Laramie hält.«
»Danke. Das hilft mir schon weiter. Hier.« Er drückte ihr einen Zwanzigdollarschein in die Hand. »Kaufen Sie sich was Hübsches.«
»Wow.« Das Mädchen starrte auf den Geldschein in seiner Hand. Dann sah sie auf und lächelte Jimmy zum ersten Mal an. »Danke, Mister.«
Er war geradezu in Hochstimmung. Kaylee hatte Recht, er war klug. Und als der intelligente Kerl, der er nun einmal war, beschloss er, dass es an der Zeit war, aus der Stadt zu verschwinden. Er wollte lieber nicht dabei sein, wenn sie Bobby im Kühlhaus entdeckten. Er verließ das Restaurant und ging schnurstracks zu seinem Mietwagen. Im Motel hatte er bereits ausgecheckt, also stieg er ein und ließ den Motor an. Dann saß er eine Zeit lang da und wartete, bis die Klimaanlage zu arbeiten begann.
Nachdem die Temperatur wieder ein erträgliches Maß erreicht hatte, legte er den Gang ein und verließ den Parkplatz. Über den Highway fuhr er gemächlich zurück zur Interstate.
Dort drückte er das Gaspedal durch und machte sich auf den Weg nach Laramie.
14
B is zu dem Augenblick, als Kaylee Catherines Bus geräuschvoll anfahren hörte, hatte sie sich damit vergnügt, ihre frisch lackierten Nägel zu bewundern und nebenbei den Parkplatz des Restaurants im Auge zu behalten. Das Curl Up & Dye mochte ja mitten in der Pampa liegen, aber die Besitzerin verstand etwas von ihrem Geschäft. Kaylees Fingernägel hatten seit einer Ewigkeit nicht mehr so klasse ausgesehen.
Die letzte Stunde war unerwarteterweise äußerst unterhaltsam verlaufen. Maydeen, Besitzerin und Chefkosmetikerin des C U & D, war eine Frau nach Kaylees Geschmack. Sie hatten über Mode geplaudert und über Männer, und Kaylee hatte das Gefühl, eine Seelenverwandte gefunden zu haben, als sie feststellten, dass sie sich sogar regelmäßig die gleiche Seifenoper ansahen. Ihre Freundschaft war endgültig besiegelt, als Maydeen Kaylee darin zustimmte, dass die vor einigen Jahren groß aufgemachte
Weitere Kostenlose Bücher