Küssen auf eigene Gefahr
...?«
Vor ihr stand derselbe Mann, der kurz zuvor den Fremden unterbrochen hatte, als der ihr Zeichen machen wollte - und es war gut, dass sie ihre Blase eben erst entleert hatte, sonst hätte sie jetzt beim Anblick der schwarz glänzenden Pistole zu ihren Füßen einen mittleren See produziert. »Was... was wollen Sie von mir?« Sie breitete die Arme aus, um ihm zu zeigen, dass sie nichts in Händen trug. »Ich habe kein Geld dabei.« Dann schoss ihr plötzlich ein furchtbarer Gedanke durch den Kopf. Oh, bitte, bitte, lieber Gott. Lass ihn einen Räuber sein und keinen Vergewaltiger.
»Stell dich doch nicht so blöd, Kaylee.«
Ihr Herz schlug heftig gegen ihre Rippen. Er hielt sie für Kaylee? Dann war das hier kein zufälliger Angriff, er war gezielt gegen ihre Schwester gerichtet. Oh Gott, Kaylee, hat der Kopfgeldjäger denn nicht gereicht? Musst du mir auch noch einen mit einer Pistole herumfuchtelnden Irren auf den Hals hetzen?
Der Ausdruck in den Augen des Mannes zeigte Catherine, dass sie es nicht gerade mit einer Intelligenzbestie zu tun hatte. Sie warf einen Blick auf seine geckenhaften Schuhe, den lächerlichen Cowboyhut und die kiloschweren Goldketten und fragte zögernd: »Jimmy Chains?«
»Tut mir Leid, Kaylee. Ich mach das wirklich nicht gern, aber der Boss meint, dass du den Mund nicht halten kannst, und ich will so schnell wie möglich zurück nach Miami. Zu viel Natur hier, und diese ganzen Landeier gehen mir total auf die Nerven.«
Sie tastete sich an der Ablage entlang vorsichtig in Richtung Tür. »Ich kann durchaus den Mund halten.«
»Das hab ich ihm auch gesagt, Kaylee. Aber Sanchez sagt, du kannst nicht.«
»Gut, dann fahr nach Miami und sag ihm, dass er sich getäuscht hat.«
»Bist du verrückt? Das kann ich doch nicht machen.«
»Und was ist die Alternative, Chains? Willst du mich erschießen?«
»Wollen nicht!«, sagte er in einem entschuldigenden Ton, der sie wesentlich mehr erschreckte als eine offene Drohung, weil er ihr klar machte, dass er es tatsächlich nicht wollte, aber trotzdem tun würde.
»Ach, Kaylee, nicht heulen.« Vor Angst hatte sie zu weinen begonnen, und erstreckte die Hand aus und wischte ihr mit einem sorgfältig manikürten Finger die Tränen von den Wangen. »Hey, ich hab ja nicht vor, es gleich hier an Ort und Stelle zumachen.«
Wie tröstlich. Sie holte tief Luft und versuchte sich zusammenzureißen. Dann atmete sie langsam wieder aus und sah ihm gerade in die Augen. »Der Kopfgeldjäger wird nicht dumm herumsitzen und dir dabei zuschauen, wie du mich von hier wegbringst, Chains.«
»Weiß ich, deswegen hab ich mir auch einen Plan überlegt. Die Tür zur Küche ist direkt gegenüber auf der anderen Seite des Flurs. Wir gehen dort raus.« Er sah sie mit einem breiten, einfältigen Grinsen an. »Nicht schlecht, was?«
»Ja«, presste sie mühsam hervor. »Nicht schlecht.« Ihr Herz schlug so heftig, dass sie befürchtete, es würde ihr gleich aus der Brust springen.
Chains streckte seine freie Hand aus und tätschelte freundschaftlich ihren Arm. »Ich hab dich immer gern gemocht, Kaylee.«
»Ja, äh, ich dich auch.«
»Tut mir echt Leid, dass es so weit gekommen ist. Aber ich muss tun, was mir der Boss sagt. Er ist wirklich ein kluger Mann, weißt du.«
»Ja, das stimmt. Aber du bist klüger, Jimmy.«
Er strahlte. »Meinst du wirklich?«
»Oh ja. Frag nur mal, äh« - Himmel, wie hieß Kaylees Freund gleich noch mal? - »Bobby! Ja, frag Bobby. Wie oft habe ich das zu ihm gesagt.«
Auf Jimmys Gesicht erschien ein schuldbewusster Ausdruck, aber bevor Catherine sich überlegen konnte, was das zu bedeuten hatte, hellte sich seine Miene bereits wieder auf. Er schüttelte den Kopf. »Echt nett von dir, dass du das sagst, aber ich bin gar nicht so klug. Hector dagegen schon.«
Catherine bewegte sich vorsichtig einen Zentimeter weiter. »Also, ich glaube, dass du dich da wirklich unterschätzt.«
»Na ja, ich versteh was von schicken Klamotten.«
Catherine stand offensichtlich allzu deutlich ins Gesicht geschrieben, was sie dachte, da Chains sich beeilte hinzuzufügen: »Ich meine natürlich nicht diesen fürchterlichen Aufzug - ich musste mich als Cowboy verkleiden, erforderte die Situation. Aber, du weißt schon, was ich sonst anhabe und so.«
»Äh, ja, klar. Das lässt sich nicht bestreiten.« Sagte die Maus zur Katze.
In diesem Augenblick ging die Tür auf, und herein kam ein Grüppchen Frauen, die laut durcheinander redeten. Chains ließ die
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