Küssen auf eigene Gefahr
angenehm, sich so fallen zu lassen, und das durfte nicht sein. »Außerdem ist der Boden eines Badezimmers sicher nicht der geeignete Ort, um herumzusitzen. Also raus hier.« Mühsam rappelte er sich hoch.
Geistesabwesend hob Catherine die Brieftasche und die Pistole auf und folgte ihm in das andere Zimmer, während sie darüber grübelte, welche Rolle wohl diese Hütte in seiner Geschichte spielen mochte. Als sie das Zimmer betrat, stand er mit dem Rücken zu ihr vor dem Bett und holte etwas aus seiner Reisetasche, dann drehte er sich zu ihr um, und sie musste feststellen, dass es die Handschellen waren.
»Tut mir Leid, Red«, sagte er und streckte die Hand nach ihr aus. »Aber ich bin viel zu schwach, um hinter Ihnen herzurennen. Ich habe keine andere Wahl.«
»Nein!« Sie kam sich zutiefst verraten vor, und ohne lange zu überlegen, versetzte sie ihm einen Stoß gegen die Brust. Wie ein gefällter Baum stürzte er auf das Bett.
Die Kränkung ließ sie am ganzen Leib zittern. »Sie Verräter! Ich bin bei Ihnen geblieben und habe mich um Sie gekümmert, und jetzt wollen Sie mich wie einen Hund in die Kette legen?« Seit er sie aus ihrer Wohnung gezerrt hatte, hatte sie in seiner Gegenwart kein einziges Mal geweint, aber jetzt konnte sie nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen, und sie wischte sie mit einer heftigen Bewegung weg. Eher würde sie tot umfallen als zulassen, dass er sie heulen sah, verdammt noch mal.
Sam rappelte sich mühsam auf, er hatte das Gefühl, jegliche Kraft verloren zu haben. Während er sich die Brust an der Stelle rieb, an der ihn ihr Stoß getroffen hatte, sah er ihr von unten ins Gesicht. Ihre Wangen waren gerötet, und die ungeweinten Tränen ließen ihre grünen Augen, die vor Zorn funkelten, noch größer erscheinen. Du lieber Himmel, womit hatte sie denn zugeschlagen, mit einem Hammer? Dann erkannte er, was sie in der Hand hielt, und er erstarrte mitten in der Bewegung. »Legen Sie die Pistole weg, Red.«
»Was?«
»Legen Sie die Pistole weg«, wiederholte er, jedes Wort einzeln betonend.
Catherine blickte auf die Waffe in ihrer Hand, als würde sie sie in diesem Augenblick zum ersten Mal sehen, und sie hätte sie beinahe fallen gelassen, weil ihre Finger vor Schreck plötzlich ganz gefühllos waren. Oh Gott, sie hatte überhaupt nicht mehr daran gedacht, dass sie das Ding noch in der Hand hielt. Im Übrigen hatte sie nichts anderes im Sinn gehabt, als es ihm etwas bequemer zu machen, als sie die Pistole aus seinem Hosenbund gezogen hatte.
Angesichts seines schäbigen Verhaltens holte sie jedoch tief Luft und probierte mehrere Griffe aus, bis die Pistole gut in ihrer Hand lag. Sie war schwerer, als sie aussah, und ihr Lauf beschrieb einen wackligen Bogen, als Catherine die Hand hob und damit auf Sam zielte. Als sie zu deren Unterstützung auch die andere Hand hob, stellte sie fest, dass sie immer noch Sams Brieftasche umklammerte. Sie steckte sie mit zitternden Fingern in ihren Ausschnitt und umfasste dann den Pistolengriff mit beiden Händen.
»Rühren Sie sich nicht von der Stelle, McKade.« Sie trat vorsichtig einen Schritt auf das Bett zu und nahm ihren Koffer. Dann wich sie hastig wieder zurück. Sam sah sie unverwandt an, und obwohl sein Gesicht kalkweiß war und er keine Anstalten machte, irgendetwas zu unternehmen, wollte sie es lieber nicht darauf ankommen lassen, dass er im nächsten Moment vom Bett aufsprang, um sie gewaltsam zurückzuhalten.
»Auf die Nummer mit den Handschellen hätten Sie verzichten sollen«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Alles wäre in Ordnung gewesen, wenn Sie auf die Handschellen verzichtet hätten.« Sie ging rückwärts zu der Stelle, wo sie ihre Handtasche fallen gelassen hatte, und bückte sich danach. Sam keine Sekunde aus den Augen lassend, hielt sie mit einer Hand die hin- und herwackelnde Pistole auf ihn gerichtet und mit der anderen tastete sie suchend herum, bis ihre Finger den Riemen der Tasche berührten. Sie hob sie auf und schob sich den Riemen über die Schulter. Dann fischte sie Sams Brieftasche aus ihrem Ausschnitt, ließ sie in die Tasche fallen, nahm ihren Koffer und ging rückwärts zur Tür.
»Ich werde mich etwas menschlicher verhalten als Sie und Sie nicht fesseln. Falls Ihnen wieder schlecht wird.« Den Blick weiterhin auf Sam gerichtet, öffnete sie die Tür und war schon halb aus dem Zimmer, als sie noch einen Moment zögerte. Sams Gesicht hatte jede Farbe verloren, aber er starrte sie mit
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