Küssen auf eigene Gefahr
Zahnstocher von einem Mundwinkel in den anderen, während er den Fahrgästen des Busses beim Aussteigen zusah. Er wartete darauf, dass Kaylee endlich auftauchte. Es war höchste Zeit, die Sache zu einem Ende zu bringen und nach Hause zurückzukehren.
Plötzlich richtete er sich ruckartig auf und spuckte den Zahnstocher aus. Das musste der letzte Fahrgast gewesen sein, der da eben den Bus verlassen hatte, da der Fahrer die Tür zumachte. Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?
Er stieg aus dem Wagen, schlug die Tür zu und stapfte über den Parkplatz auf den Busfahrer zu, der sich gerade auf den Weg ins Restaurant machte. »Hallo«, sagte Chains. »Ich wollte mich hier mit meiner Schwester treffen - sie hat gesagt, dass sie mit diesem Bus kommt. Rote Haare, hübsches Gesicht, klasse Figur - haben Sie sie vielleicht gesehen?«
»Hm?« Der Busfahrer blinzelte erschrocken den Mann an, der plötzlich wie aus dem Nichts vor ihm aufgetaucht war, fing sich jedoch schnell wieder. »Ach so, die Rothaarige. Na ja, ihr Mann hat sich eine Lebensmittelvergiftung eingefangen. Ich musste sie bei einem Motel absetzen.« Er machte Anstalten weiterzugehen.
Der Kopfgeldjäger war krank? Chains rieb sich im Geiste die Hände. Das war gut, das würde die ganze Sache um einiges erleichtern. »Warten Sie doch mal!« Mit ein paar großen Schritten hatte er den Busfahrer wieder eingeholt. »Welches Motel? Wo?«
»Tut mir Leid, Sir, das darf ich Ihnen nicht sagen.«
»Verdammte Scheiße, sie ist meine Schwester!«
Der Busfahrer erstarrte und warf ihm einen empörten Blick zu. »Das behaupten Sie«, sagte er kühl und musterte Chains, als suche er nach irgendeiner Ähnlichkeit. Mit geheucheltem Bedauern wiederholte er: »Tut mir Leid. Ich habe meine Anweisungen.«
Chains überlegte kurz, ob er die Auskunft, die er brauchte, aus dem Trottel herausprügeln sollte, aber das würde zu viel Aufsehen erregen, und der Boss hatte gesagt, dass er sich unauffällig verhalten sollte. Verdammter Mist, was sollte er denn jetzt machen?
Nun ja, der Mensch musste essen, und daher konnte er genauso gut die Zeit nutzen und einen Happen zu sich nehmen, solange er hier war. Irgendwas würde ihm vermutlich schon einfallen, wenn er ein bisschen Energie nachtankte. Immerhin war er ein kluger Mann.
Sagte Kaylee.
Nur leider fiel ihm nicht das Geringste ein, während er sich an gegrilltem Hühnerbrustfilet und Bratkartoffeln gütlich tat. Er zermarterte sich das Hirn, bis ihm der Kopf wehtat, aber dort herrschte immer noch Leere, als er sich zum Dessert ein Stück Apfelkuchen und eine Tasse Kaffee genehmigte.
Als ihm die Kellnerin Kaffee nachschenkte, bekam er ein paar Gesprächsfetzen vom Nebentisch mit, die sein Interesse weckten.
Er hatte nur am Rande registriert, dass ein Mädchen an dem winzigen Nachbartisch stehen geblieben war. Dort saß ein junger Mann, der vielleicht zwei oder drei Jahre älter als sie war, und die Kleine wollte offensichtlich unbedingt seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Jimmy interessierte sich nicht im Entferntesten für irgendwelche Turteleien, aber nach den ersten Worten des Mädchens spitzte er die Ohren.
»Hi«, sagte sie schüchtern. »Hast du mitgekriegt, was da vorhin mit dem Mann und der Frau war, die aus dem Bus aussteigen mussten? Ich heiße übrigens Belinda.« Sie lächelte den Jungen zaghaft an und zuckte mit den Schultern. »Ich dachte nur, na ja, dass du vielleicht mehr darüber weißt, weil ich gesehen habe, wie du vorher mit ihr geredet hast.«
»Ich bin Joel.« Der Junge zuckte ebenfalls mit den Schultern. »Ich hab sie nicht gekannt, das wäre zu viel gesagt, aber ich weiß, dass sich der Kerl auf dem Klo die Seele aus dem Leib gekotzt hat und niemand anderes mehr reinkonnte. Deshalb haben sie sie in diesem Motel untergebracht.«
Chains lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, und die beiden zuckten erschrocken zusammen, als er sie plötzlich ansprach. »Wie hieß denn der Ort, an dem sie ausgestiegen sind?«, fragte er. »Die Frau ist nämlich meine Schwester, und wir wollten uns eigentlich hier treffen.«
Der junge Mann wirkte zwar leicht verärgert, dass er bei seinen Flirtversuchen gestört wurde, aber er bequemte sich immerhin zu einer Antwort. »Keine Ahnung, Mann. Ich musste so dringend aufs Klo, dass ich nicht weiter darauf geachtet habe.«
»Ich habe es auch nicht mitbekommen«, fügte das Mädchen hinzu. »Aber es ist ungefähr zwei Stunden her.«
»Nee, eher eindreiviertel Stunden«, widersprach
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