Küssen auf eigene Gefahr
ihr Joel.
Sie drehte sich zu ihm um, ohne zu zögern bereit, sich seiner Meinung zu beugen. »Glaubst du?«
»Ja, eindreiviertel Stunden. Ganz bestimmt.«
Okay, prima. Chains erhob sich und legte ein paar Dollar Trinkgeld auf den Tisch. »Danke, mein Junge«, sagte er. Dann griff er nach der Rechnung, die mit der Rückseite nach oben auf dem Tisch des jungen Mannes lag. »Das erledige ich.«
»Hey, danke.« Er grinste das Mädchen an. »Hast du Lust auf ein Dessert? Ich lad dich ein, jetzt hab ich ja ein paar Dollar übrig.«
Am Tresen nahm sich Chains einen neuen Zahnstocher, während er darauf wartete, dass die Kassiererin die beiden Rechnungen addierte. Als er kurz darauf über den Parkplatz zurück zu seinem Auto ging, schob er ihn in den Mundwinkel und grinste. Kaylee hatte Recht.
Er war wirklich ein kluger Mann.
Wie blöd kann eine einzelne Frau eigentlich sein? Catherine lief mit großen Schritten am Highway entlang und drückte dabei wütend eine braune Einkaufstüte an ihre Brust. Sie konnte es nicht glauben, sie konnte einfach nicht glauben, dass sie im Begriff war, in dieses Motelzimmer zurückzukehren.
Sich freiwillig wieder in die Gewalt dieses Sam McKade mit seinen Handschellen begab.
Es wäre ein Leichtes für sie gewesen, sich einfach aus dem Staub machen. Sie hatte mit dem Besitzer der Tankstelle gesprochen, und er hatte sich bereit erklärt, ihr sein Auto zu leihen. Sie hätte es mit McKades Geld bezahlen und jetzt schon weit weg sein können, auf dem Weg zurück in ihr gesichertes und geordnetes Leben. Das war das, was eine intelligente Frau getan hätte. Sie wäre einfach in das Auto gesprungen und nach Hause gefahren.
Sie hatte jedoch die ganze Zeit über Sams aschfahles Gesicht und seine trockenen, aufgesprungenen Lippen vor Augen gehabt. Ihr war wirklich nicht mehr zu helfen, wenn sie sich um diesen Mann Sorgen machte, das hatte sie sich ein ums andere Mal gesagt. Aber hatte es etwas genützt, war sie wieder zur Vernunft gekommen und hatte sie sich um ihre eigenen Probleme gekümmert, wie es sich gehörte? Verdammt noch mal, nein.
Für dieses Verhalten gab es nur eine Bezeichnung, »bescheuert«. Punktum.
Wenn sie ehrlich war, musste sie jedoch zugeben, dass Sam McKade eine Anziehungskraft auf sie ausübte, der sie offenbar nicht widerstehen konnte. Und deshalb war sie jetzt mit einer Tüte voll klirrender Flaschen mit Iso-Drinks und einer Packung Salzstangen unterwegs, um die barmherzige Schwester für einen Mann zu spielen, der sie vermutlich mit seinen Handschellen ans nächstbeste Möbelstück fesseln wurde, bevor sie auch nur »Wie geht's?« fragen konnte.
Einfach idiotisch.
Als sie das Motelzimmer betrat, saß Sam an die Wand gelehnt auf dem Boden und schlief tief und fest. Sie stellte die Einkaufstüte ab, ging neben ihm in die Hocke und steckte die Hand aus, um ihn sanft an der Schulter zu schütteln. »Komm, Sam«, murmelte sie. »Komm schon, das ist wirklich nicht der richtige Platz, um zu schlafen. Ich helfe dir ins Bett.«
»Mmmh.« Er öffnete die Augen und rieb sich mit einer Hand über das unrasierte Kinn. Dann versuchte er, mit der Zuge seine Lippen zu befeuchten, aber sie war genauso trocken wie sein übriger Mund. Nachdem er mehrere ziemlich ungeschickte und wirkungslose Versuche unternommen hatte, gelang es ihm schließlich mit Catherines Hilfe aufzustehen. Er taumelte zum Bett, ließ sich rücklings darauf fallen und blinzelte sie von unten an. »Hey, ich hab geträumt, dass Sie abgehauen sind.«
»Tatsächlich?« Sie zog ihm die Schuhe und die Socken aus. Er hörte sie ins Badezimmer gehen, doch gleich darauf kam sie zurück, und er hörte Papier rascheln und das Klirren von Glas. Kurze Zeit später trat sie zu ihm ans Bett, setzte sich neben ihn und schob ihren Arm unter seine Schultern, um ihn aufzurichten und zu stützen. »Hier, trinken Sie das.«
Die Flüssigkeit rann kühl und erfrischend durch seine Kehle, und er trank gierig, bis Catherine das Glas wegzog.
»Immer langsam«, murmelte sie. »Sie wollen doch nicht, dass Ihnen alles gleich wieder hochkommt.« Sie führte das Glas wieder an seine Lippen und zwang ihn, in kleinen Schlucken zu trinken, bis das Glas leer war.
»Gut.« Er sah ihr ins Gesicht. »Mehr.«
Nach drei weiteren Gläsern, die er zu seinem Leidwesen ebenfalls nur Schluck für Schluck trinken durfte, war sein Durst endlich gestillt. Er ließ sich zurück in die Kissen sinken. Das Letzte, was er hörte, war ihre Stimme, die
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