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Kuessen gut, alles gut

Kuessen gut, alles gut

Titel: Kuessen gut, alles gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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doch sicher als Mann.
    Auch wenn Jeremy so dürr gewesen war, dass er in ihren marineblauen Trenchcoat von Banana Republic gepasst hatte, war er aber trotzdem ein Mann gewesen. Und ja, der Mantel hatte ihm so gut gefallen, dass er ihn zu allen möglichen Gelegenheiten getragen hatte. Normalerweise fuhr sie nicht auf Markennamen ab, doch diesen Mantel hatte sie geliebt, der ihr auf rätselhafte Weise abhandengekommen war, als sie Jeremy den Laufpass gegeben hatte. Vielleicht war Jeremy eher metrosexuell gewesen als männlich, aber ein Mann war er trotzdem gewesen.
    Irgendwie.
    Sie raffte den nassen Hemdstoff an der Hüfte zusammen und drückte ihn aus. Nur so aus Neugier hätte sie nichts dagegen gehabt, wenn der Kuss noch ein Weilchen länger gedauert hätte. Doch er hatte sie von sich gestoßen und war ins Haus geflüchtet, als könnte er gar nicht schnell genug von ihr wegkommen.
    Ein leises Lächeln spielte um ihren Mundwinkel. Er war scharf auf sie gewesen. Sie hatte es in seinem Kuss und an ihren Schenkeln gespürt. Er war hart und bereit gewesen, aber statt den nächsten Schritt zu machen, oder es zumindest zu versuchen, war er abgehauen. Als versuchte er, nobel oder ehrbar zu sein. Als wäre er besorgt, dass sie zu weit gehen würden.
    Stella setzte sich im Dunkeln auf den Rand einer Liege. Er hätte unbesorgt sein können. Sie wären nicht zu weit gegangen. Sie hätte ihn schon gebremst.
    Ein leichtes Lüftchen kühlte ihre Haut unter dem nassen Baumwollhemd. Sie sollte lieber ins Haus gehen, doch sie war viel zu wach, um zu schlafen. Sie stellte die Fersen auf den Rand der Liege und umschlang ihre Knie. Auch wenn sie noch nie etwas wie Beaus Kuss erlebt hatte. Auch wenn sie mehr gewollt hatte, sie hätte ihn gebremst. Das tat sie immer. Immer. Wie ihre Großmutter zu sagen pflegte: Estella es una niña buena . Vielleicht wegen der Umstände ihrer Geburt sorgte ihre Großmutter dafür, dass sie ein braves Mädchen war. Sie trug keinen roten Nagellack, wenigstens nicht, bevor sie zu Hause ausgezogen war, und behielt auf Partys die Schuhe an.
    Stella lehnte die Wange an ihr Knie. Und sie hatte keinen Sex vor der Ehe. Sie war mit achtundzwanzig noch Jungfrau, weil sie es so wollte. Zuerst war sie aus Angst unberührt geblieben. Aus Angst, dass ihre Großmutter nur einen Blick auf sie werfen und sofort wissen würde, dass sie eins von »diesen« Mädchen war. Oder aus Angst, dass sie schwanger werden könnte wie ihre Mutter. Selbst als sie schon ausgezogen war und in Las Vegas wohnte, schwirrten ihr die Warnungen und Vorschriften ihrer Großmutter noch ständig durch den Kopf. Mit Anfang zwanzig war sie ein paar Mal kurz davor gewesen, sich entjungfern zu lassen, hatte aber immer einen Rückzieher gemacht. Sie hatte andere Möglichkeiten entdeckt, mit einem Mann intim zu sein, während sie körperlich ihre Unschuld bewahrte. Sie wusste, was manche Leute davon hielten. Dass es so etwas wie eine »technische« Jungfräulichkeit nicht gab, aber was andere dachten und fühlten, war ihr egal. Sie war achtundzwanzig. Sie hatte jetzt schon so lange gewartet, und wenn sie sich richtigen Sex bis zur Ehe aufsparen wollte, würde sie es auch tun.
    Sie besaß nicht viel. Nur sich selbst. Sie war das Einzige, was sie dem Mann schenken konnte, den sie für immer lieben würde.

SIEBEN
    Stella schnupperte an ihrem großen Caramel Macchiato to go. Von dem duftenden Dampf, der aus der kleinen Trinköffnung emporstieg, beschlug ihre Sonnenbrille, während ihr vom Fahrersitz ein stetes Knirsch-Knirsch-Knirsch in den Gehörgang drang. Sie hatte noch nie erlebt, dass jemand auf diese Art und Weise Äpfel aß. Dass man beim Apfelessen eine derartige Lautstärke entwickeln konnte, war ihr bisher auch entgangen. Das war nicht derselbe Mann, der am Abend zuvor am Tisch seiner Mutter gesessen, sich die Serviette auf den Schoß gelegt und über gute Tischmanieren verfügt hatte. Der Mann neben ihr aß, als hätte er nur fünf Minuten, um sich den Magen möglichst vollzuschlagen. Das war ein Marine, der auf der Konsole zwischen den Ledersitzen ganze drei Apfelkerne aufgereiht hatte. Knirsch.
    Stella nippte an ihrem Kaffee und verschluckte sich, als Beau mit einem Knopfdruck die Fensterscheibe herunterließ und einen Apfelkern nach dem anderen auf die I-10 warf. »Das ist Umweltverschmutzung«, wies sie ihn zurecht, während sie sich einen Tropfen Caramel Macchiato vom Kinn wischte. Wenn sie sich seinetwegen Kaffee auf ihr weißes Tanktop

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