Kuessen gut, alles gut
Angst bekamen. Vielleicht verwechselte sie sie mit Katzen. Sie wusste es nicht. Sie konnte nicht klar denken. Ihre Brust fühlte sich eng an. Sie bekam keine Luft. »Ich bin nervös.«
»Ich weiß, aber ich bin bei dir. Ich geb dir Deckung.«
Sie blickte auf und sah ihr Spiegelbild in seinen Sonnenbrillengläsern. Man sah ihr an, dass sie eine Scheißangst hatte. »Was heißt das?«
»Ich stärke dir den Rücken. Wenn du lieber gehen willst, gehen wir. Noch ist Zeit dazu.« Er deutete nach hinten auf den schwarzen Cadillac Escalade. »Und wenn du in zehn Minuten wieder wegwillst, hol ich dich raus.«
In nur wenigen Tagen war er zu ihrem Rettungsanker geworden. Ihrem Fels in der Brandung. Ein ruhender Pol an ihrer Seite. Und in wenigen Tagen wäre er wieder weg. Der Gedanke daran machte sie noch panischer. »Mit einer Blendgranate?«
»Wenn du das willst. Wir lassen es qualmen. Ein Wort von dir genügt.«
Ein Flügel der großen Tür öffnete sich, und eine Gestalt verdrängte den Gedanken an Beau. Im Schatten der Tür stand eine große Blondine, und Stella flüsterte: »Sadie.« Oder vielleicht hatte sie es auch nur in Gedanken geflüstert. Hinter Sadie erschien ein großer Mann in der Tür und legte ihr die Hände auf die Schultern.
»Das ist Vince«, erklärte Beau ihr und schubste Stella ein paar Schritte nach vorn. »Er gehört zu den Guten.«
Stellas Füße fühlten sich schwer an, während sie mühsam einen Schritt nach dem anderen machte und versuchte, alle Eindrücke in sich aufzunehmen. Das große Haus. Ihre Schwester, die sie nicht aus den Augen ließ. Beaus Hand auf ihrem Rücken. Ihr Herz, das ihr bis zum Hals klopfte. Es war ihr alles zu viel. Viel zu viel, und sie blieb mitten auf dem Fußweg stehen. Alles verlangsamte sich und stand still. So still wie Stella. Eine Sekunde. Zwei. Drei. Alles war wie erstarrt. Dann blinzelte sie, und ihre Schwester kam auf sie zu. Schnell.
»Estella Immaculata Leon-Hollowell?«
Sadie blieb vor ihr stehen. So dicht, dass sie sich berühren konnten. Zum ersten Mal seit achtundzwanzig Jahren. »Ja.« Sie hielt den Atem an und wartete.
Sadie sah ihr tief in die Augen. Suchend. Prüfend. »Himmel, was für ein Zungenbrecher.«
»Alle nennen mich Stella.«
Sie sah in ihre Seele. Wartete. »Du hast Daddys Augen.«
Stella schluckte. Sadie war umwerfend. Wie ihre Mutter, die texanische Schönheitskönigin. Sie war mindestens fünfzehn Zentimeter größer als Stella und schlank wie ihr Vater.
»Ich wusste nicht, ob du kommen würdest.«
»Da bin ich«, sagte sie überflüssigerweise und kam sich sofort dumm vor. Sadie hatte studiert. Sie war klug. Sie …
»Das freut mich sehr.« Sie legte die Hand auf die pfirsichfarbene Bluse, die ihren Bauch bedeckte, und lächelte. »Ich war ganz schön nervös.«
»Ich hab dir doch gesagt, dass Beau sie herschafft.«
Stella hob den Blick zu dem großen, stattlichen Mann, der jetzt den Arm um Sadies Taille schlang. Er hatte dunkle Haare, grüne Augen und Schultern so breit wie Beaus.
»Ich bin Vince Haven.« Er reichte Stella die Hand. »Sadie tigert schon seit Tagen durchs Haus. Ich bin froh, dass Sie endlich da sind und sie sich entspannen kann.«
Stella schüttelte ihm die Hand, und ihre Brust fühlte sich schon weniger eng an. Sadie war also auch nervös gewesen. »Freut mich, Vince.«
Vince hob den Blick zu dem Mann an ihrer Seite. »Beau. Schön, dich zu sehen.«
Die Männer schüttelten sich die Hände, und Stella spürte den Verlust von Beaus Berührung im Rücken schmerzlich. »Wie geht’s dir, Haven?«
»Gut.« Als er Beau seine Verlobte vorstellte, machte Sadie große Augen.
»Es gibt wirklich zwei von euch«, staunte sie. »Herr, hab Erbarmen.«
»Ich bin der gute Zwilling.« Beau lachte. »Ist Blake auch hier?«
Vince schüttelte den Kopf. »Er ist irgendwohin, um die Leute aufzumischen. Er wohnt in meinem Apartment, und ich hab Angst, zu ihm rüberzugehen.«
Die Männer wechselten bedeutungsvolle Blicke, und Sadie gab Stella ein Zeichen, mit ihr zu kommen. »Gehen wir lieber rein, dann können die zwei Neuigkeiten austauschen und über die gute alte Zeit sprechen, als sie noch in Sümpfen geschlafen und Insekten gegessen haben.«
Stella warf einen Blick zurück zu Beau. »Du hast Insekten gegessen?«
Er grinste. »Ein paar.«
Während sie Sadie folgte, senkte sie den Blick auf den khakifarbenen Rock ihrer Schwester, ihre langen Beine und ihre Cowboystiefel. Sie liefen durch die große Flügeltür
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