Kuessen gut, alles gut
einen neuen Job. Gute Barkeeper finden immer Arbeit, und ich kriege ein gutes Trinkgeld.« Und da sie nicht wie der größte Loser dastehen wollte, fügte sie hinzu: »Ich arbeite wahrscheinlich Teilzeit und studiere nebenher.« Sie stand auf, weil sie zu unruhig zum Sitzen war, während sie derart dreist log. »Wunderschönes Pferd«, sagte sie und deutete auf das Porträtbild über dem Kamin.
»Das ist Admiral. Er war Daddys Blue Roan Tovero. An dem Tag, als Admiral starb, war Daddy den Tränen nahe. Das war das einzige Mal, dass ich ihn so erlebt habe.« Jetzt stand auch sie auf und stellte sich neben Stella. »Daddy waren Pferde wichtiger als Menschen.«
Stella sah zu ihrer Schwester auf. Ihrer Schwester. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie im Haus ihres Vaters stand und seinen Blue Roan Tovero betrachtete. Stella wusste sogar so einiges über Paint Horses. Sie hatte an der Highschool mal ein Referat über sie gehalten, weil sie sie so hübsch fand. »Es fühlt sich merkwürdig an, hier zu sein. Clive wollte mich nicht hier haben.«
»Mein Daddy … unser Vater war ein schwieriger Mann.« Sadie hielt den Blick auf das Gemälde gerichtet. »Ich hab ihn nie verstanden. Ich hab es lange versucht. Ich hab auch lange versucht, es ihm recht zu machen. Es ist mir nie gelungen.«
»Aber er hat dich geliebt.« Die stillschweigende Folgerung schwang darin mit, und es klang sehr danach, als machte es Stella etwas aus, was es nicht tat.
»Vielleicht auf seine Weise.« Sadie zuckte mit einer Schulter und sah wieder Stella an. »Aber wenn er mich wirklich geliebt hat, warum hat er mir dann nicht erzählt, dass ich eine kleine Schwester habe? Ich hatte ein Recht darauf, es zu wissen. Ich hatte das Recht darauf, dich kennenzulernen.« Ihre Augen wurden feucht. »Ich hätte die Hand nach dir ausgestreckt, Stella. Ich hätte dafür gesorgt, dass du ein Teil meines Lebens wirst.«
»Das ist wahrscheinlich genau der Grund, warum er es dir nie erzählt hat.« Stella trank ihren Wein aus. Tat Sadie ihr nun wirklich ein bisschen leid? Ihre Schwester, die alles hatte? Nicht dass sie Wert auf Geld und Besitz legte, aber zumindest hatte ihr Vater sie geliebt. Wenn auch nur auf seine Weise. »Er wollte mich nie in seinem Leben.«
»Das ist einfach schäbig. Ich hab ja immer gewusst, dass er kalt sein konnte, aber das ist richtig grausam.« Sie presste wütend die Lippen zusammen. »Wie konnte er ein Kind im Stich lassen?«
»Er hat dafür gesorgt, dass meine Mutter Geld hatte, um mich großzuziehen.« Verteidigte sie Clive jetzt wirklich?
»Tja, das will ich doch hoffen. Das war auch das Mindeste, was er tun konnte.« Sie konzentrierte sich wieder auf das Pferdegemälde. »Wenige Tage vor seinem Tod hatte ich das Gefühl, ihm nähergekommen zu sein. Wir sind uns nicht um den Hals gefallen, und es gab auch keine rührende Hollywoodszene, aber ich dachte, wir hätten endlich so etwas wie eine Vater-Tochter-Beziehung zueinander hergestellt.« Sie lachte bitter. »Er sagte mir, dass er Rinder nie gemocht hätte und dass er immer LKW-Fahrer werden wollte.«
Stella konnte sich nicht vorstellen, dass der große dünne Mann aus ihrer Erinnerung große Sattelzüge fuhr.
»Als wäre das wichtiger, als mir zu sagen, dass ich eine Schwester habe. Er war krank. Er wusste, dass er im Sterben lag. Er war fast achtzig und konnte es mir immer noch nicht sagen?« Sadie hielt inne und hob einen Finger. » Ach, und übrigens, Sadie Jo, du hast eine Schwester! Das musste ich selbst rausfinden, als ich sein Testament las.« Sie sah Stella an und legte wieder die Hand auf ihren Bauch. »Und nun steh ich hier und werde schon wieder wütend, während du ein viel größeres Recht hast, wütend zu sein.« Sie holte tief Luft, und das Licht vom Geweihstangen-Kronleuchter fiel auf ihr Haar. »Noch Wein?«
»Ist der Papst katholisch?«
Sadie lächelte. »Himmel, das hoffe ich doch. Denn wenn nicht, ist er bloß ein alter Knacker mit einer Vorliebe für bizarre Hüte, wie meine tote Tante Ginger.«
Stella lachte. »Mein Onkel Jorge hat einen Sombrero, von dem Schnapsgläser baumeln wie Troddeln. Manche sind schon kaputt und angeschlagen, aber er trägt ihn jeden Cinco de Mayo. Er ist großartig.«
»Ich könnte jetzt einen Tequila vertragen.« Sie sah Stella aus den Augenwinkeln an, während sie durch den Flur an einem schicken Esszimmer vorbeiliefen. »Vielleicht auch zwei, aber du sollst nicht glauben, dass ich viel trinke.«
»Dann
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