Küssen ist die beste Medizin (German Edition)
nachdem sie so viel Zeit miteinander verbrachten, erwartete sie natürlich, dass er sie einladen würde.
Er hatte sie nicht verletzen wollen. Ihm wurde klar, dass er sich noch nie sonderlich um die Gefühle einer Frau hatte sorgen müssen. Die kurzen temporären Verbindungen, die er normalerweise einging, schlossen Gefühle auf beiden Seiten aus. Da gab es ein leises Interesse, ein wenig Konversation und sexuelle Entspannung. Mehr nicht.
Bei Montana war das anders. Endlich verstand er, was es bedeutete, wenn die Leute davon sprachen, dass ihnen jemand unter die Haut ging. Das war mehr als ein Klischee, es war ein Sinneseindruck. Ein Schmerz, ein Bedürfnis und die Unfähigkeit, zu vergessen oder zu ignorieren.
Immer noch sah er ihre verletzte Miene vor sich, den Schmerz in ihren Augen, und er fühlte sich schuldig. Immer hatte er großen Wert darauf gelegt, keiner Frau so nahe zu kommen, dass er sie verletzen könnte. Er hatte seine Gründe, weshalb er sich auf keine Beziehungen einließ. Zum einen lag es daran, dass er immer weiterzog, und zum anderen wollte er sich nicht schuldig fühlen.
Simon nahm an, dass die logische Lösung des Problems darin bestand, die Beziehung mit ihr einfach zu beenden. Er sollte sich von ihr trennen, seine Zeit hier abschließen und weiterziehen. Einfach. Sauber. Ehrlich.
Aber jedes Mal, wenn er daran dachte, das zu tun, bäumte sich alles in ihm auf. Wie könnte er keine Zeit mehr mit ihr verbringen? Nicht nur, weil sie ihm im Kopf herumspukte, sondernauch wegen dem, was sie ihm beim Lunch gesagt hatte. Sie sah seine Narben nicht mehr.
Das hatte bislang noch niemand fertiggebracht. Die Leute gewöhnten sich daran, sahen es als Teil von ihm an, aber noch niemals war jemand in der Lage gewesen, sie schlicht nicht mehr wahrzunehmen.
Die ganze Zeit hatte er gewusst, dass Montana etwas Besonderes war, aber diese schlichte Feststellung hatte ihm gezeigt, dass sie mehr war als das. Mehr als er verdiente. Und sie grundlos zu verletzen, ihr auch nur eine Sekunde Schmerz zuzufügen, war eine Art Missachtung des neu entdeckten Guten in seinem Leben.
„Was ist das kompliziert!“, murmelte er.
Cece schaute zu ihm auf und wedelte mit dem Schwanz.
Sie kehrten wieder zurück zu dem Seiteneingang, durch den sie herausgekommen waren. Als sie sich der Treppe näherten, blieb Cece stehen, nahm die Position zum Hochheben ein und tat einen kleinen Sprung, als er sich nach ihr bückte.
„Du bist ein kluges kleines Mädchen“, sagte er und drückte sie an sich.
Rasch leckte sie ihm übers Kinn, kuschelte sich an seine Brust und stemmte die Pfoten gegen seinen Arm, als käme sie nie auf den Gedanken, dass er sie fallen lassen könnte.
„So viel Vertrauen.“
Er wollte Cece gleich zu Kalinda bringen. Das Halsband konnte er ihr auch dort abnehmen. Als er sich der halb offenen Tür näherte, hörte er ein leises Weinen.
„Nicht“, bat Reese. „Nicht weinen.“
„Ich will nicht so sein.“
„Das sind doch nur Verbrennungen.“
Simon blieb stehen. Er konnte sie zwar nicht sehen, aber hören.
„Sie sind scheußlich, und sie tun weh, und ich bin hässlich. Ich werde immer hässlich bleiben.“ Ihr Weinen wurde lauter und heftiger. „Niemand wird mich jemals mögen. Kein Junge wird mich einladen. Ich werde nie heiraten.“
Simon wollte sich gar nicht vorstellen, wie unangenehm das für Reese sein musste, und dachte gerade daran das Zimmer zu betreten, um zu schauen, ob er helfen konnte, als er den Jungen hörte.
„Du bist nicht hässlich, und du wirst viele Freunde haben. Ich sag dir was. Wenn dich sonst keiner bittet, ihn zu heiraten, und du später immer noch heiraten willst, dann mach ich das. Wir können heiraten.“
„Ist das dein Ernst?“
„Klar. Pfadfinderehrenwort. Fest versprochen, nicht gebrochen.“
Simon hörte ein Rascheln.
Als er ins Zimmer trat, sah er, dass Kalinda durch die Tränen hindurch lächelte.
So einfach ist das, dachte er. Denn sie war genau wie Cece. Sie glaubte und vertraute, dass niemand sie absichtlich verletzen würde.
Er merkte, wie sehr er sich wünschte, sicherstellen zu können, dass dieses Vertrauen nicht enttäuscht wurde. Sie sollte wie Montana aufwachsen können – geborgen in einer Welt, die sich um sie sorgte.
Montana saß bei Max auf dem Rasen. Die Hunde und die kleinen Welpen waren mit einem komplizierten Spiel beschäftigt, bei dem es offenbar dazugehörte, über Montana zu springen oder, im Falle der Welpen, über sie
Weitere Kostenlose Bücher