Küssen ist die beste Medizin (German Edition)
zu hören, dass es ihrem geliebten Menschen gut ging. Simon wusste nie, was er sagen sollte, selbst dann nicht, wenn er gute Nachrichten für sie hatte. Also rang er sich die Worte ab, so gut er konnte. Dem Jungen ging es gut, es würden so gut wie gar keine Narben zurückbleiben. Bei der Operation hatte es keine Überraschungen gegeben.
Montana stellte sich neben ihn und lächelte. „Ich war so froh, als ich hörte, dass Sie die Operation durchführen würden.“ Sie wandte sich an ihren Bruder. „Ich habe gesehen, wie er arbeitet, und das ist sehr beeindruckend.“
Als Erstes fiel Simon dazu nur ein, dass sie nicht wütend auf ihn war. Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, ihm sei eine Atempause vergönnt. Sein zweiter Gedanke galt dann der Erkenntnis, dass alles, was Montana bislang von seiner Arbeit gesehen hatte, Kalinda war. Kein Laie war in der Lage, unter den Verbänden und der verbrannten Haut zu erkennen, welche Arbeit er geleistet hatte.
Darüber kannst du dir auch später noch den Kopf zerbrechen, sagte er sich.
Kent Hendrix hörte nicht mehr auf, ihm die Hand zu schütteln. „Ich kann Ihnen gar nicht genug danken. Als ich ihn dortliegen sah und all dieses Blut …“ Er brach ab und warf seiner Mutter einen Blick zu. „Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.“
„Es ist nicht leicht, wenn ein Familienmitglied verletzt ist“, sagte Simon steif.
Es gelang ihm, seine Hand aus Kents Griff zu befreien, nur um gleich darauf von Denise umarmt zu werden.
Sie straffte sich und blickte ihm eindringlich in die Augen. „Bitte sagen Sie mir, dass er alles gut überstehen wird. Ich weiß, das haben Sie bereits gesagt, aber ich muss es noch einmal hören.“
Aus ihren Augen strahlte Liebe. Liebe, Sorge und Angst. Sie war so, wie eine Mutter und Großmutter sein sollte. In seinem Büro traf er Menschen wie sie immer wieder. Mütter, die nicht liebten, Mütter, die ihren Kindern absichtlich wehtaten, waren selten. Gewusst hatte er das immer, aber trotzdem überraschte es ihn, dass es so viele gute Eltern gab.
„Er wird alles gut überstehen.“
„Ganz leichte Narben“, sagte Montana und berührte ihren Arm. „Das wird ihn zum Mädchen-Magneten machen.“
Denise brachte ein gepresstes Lachen zustande. „Genau das, was jede Großmutter gern hört.“ Bewusst langsam holte sie Luft und atmete wieder aus. „Dr. Bradley, heute hatten wir eigentlich unser Familiendinner geplant. Ich fürchte, das müssen wir nun auf morgen verschieben. Bitte, leisten Sie uns dabei Gesellschaft.“
Alles, nur das nicht, dachte Simon verbissen. Er wollte nicht mit ihnen zu Abend essen. Er wollte nicht gesellschaftlich mit ihnen verkehren oder Zeit mit ihnen verbringen. Im Umgang mit Fremden wusste er nie, wie er sich verhalten sollte. Ihm war klar, dass die Einladung mehr als alles andere dem Bedürfnis entsprang, sich bei ihm zu bedanken.
Und das war auch der Grund, weshalb er immer ablehnte. Er hielt Privates und Berufliches streng voneinander getrennt und gehörte nicht zu den Ärzten, die sich persönlich involvieren ließen.
Der Rest der Familie wiederholte die Einladung. Ihre Worte perlten an ihm ab und waren leicht zu ignorieren. Bis Montana sich an ihn wandte.
„Bitte sagen Sie, dass Sie kommen.“ Mit ruhigem Blick sah sie ihn an.
Er spürte, wie er ohne es zu wollen nickte. Er konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, Zeit in ihrer Gesellschaft zu verbringen.
Denise nannte ihm eine Uhrzeit und rasselte die Adresse hinunter. Simon hörte nicht hin. Stattdessen konzentrierte er sich auf die beiden Schwestern, die aussahen wie Montana. Wenn es Chemie war, eine Laune der Gene, müsste er sich dann nicht ebenso von ihnen angezogen fühlen?
Er sah sie genau an und versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, mit ihnen zu reden, sie zu berühren, sie zu küssen. Aber er empfand keinerlei Interesse, sondern fühlte sich nur leicht unbehaglich und kam sich mehr als ein wenig töricht vor. Nein, es war allein Montana.
„Wir werden ihn doch nicht den Weg suchen lassen“, sagte Montana, die ihn nicht aus den Augen gelassen hatte. „Simon, ich hole Sie gegen vier in Ihrem Hotel ab. In Ordnung?“
Nein, das war nicht in Ordnung. Er konnte nicht mit ihr zusammen sein, wenn andere Leute in der Nähe waren. Was, wenn er wieder etwas Lächerliches tat? Was, wenn er sie erneut küsste?
Er rief sich ins Gedächtnis, dass er es immer geschafft hatte, seinen Körper zu zwingen, mehr zu leisten, als
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