Küssen ist die beste Medizin (German Edition)
das bist du. Aber im Himmel sitzt kein gigantischer Buchhalter. Niemand, der dir sagt, dass du alles verlieren wirst, wenn du ein Leben hast, wenn du irgendwo hingehörst.“
„Das kannst du nicht wissen, aber ich.“
War das das Problem? Simons Wesenskern? Ein Mann, der glaubte, er müsse sich selbst opfern, um die Welt zu retten?
Sie konnte sich so etwas nicht vorstellen, allerdings war ihr klar, dass er ihr nichts vormachte.
Das Zimmer war so dunkel, dass es schwierig war, seine Gesichtszüge zu erkennen. Seine Narben konnte sie sehen, und sie wusste, dass die nicht betroffene Seite seines Gesichts ein Beispiel war für die Schönheit, von der er gesprochen hatte. Die Perfektion. Wenn er in den Spiegel schaute, sah er beide Seiten von dem, was seine Arbeit als Chirurg ausmachte. Er war das Vorher und das Nachher. Die Kreatur des Schattens und der Mann des Lichts.
Worte trieben an die Oberfläche, aber keins davon würdeetwas ausrichten. Weder verstand sie das Problem noch war sie fähig, es zu lösen. Alles was sie wusste, war, dass er litt, und irgendwie wollte sie dafür sorgen, dass er sich besser fühlte.
„Komm mit“, wies sie ihn an und nahm seine Hand.
Sie rechnete damit, dass er protestieren würde, aber er folgte ihr. Sie gingen zum Fahrstuhl, traten ein, und sie drückte auf den Knopf, der sie zwei Stockwerke tiefer brachte.
Die Fenster vor dem Säuglingssaal waren gesäumt von Menschen, die mit den Fingern zeigten und winkten. Denise war gegangen, wahrscheinlich brachte sie Peter nach Hause. Auch Dakota war zu ihrer Familie zurückgekehrt, aber Nevada war noch immer da, ebenso Bürgermeisterin Marsha und alle anderen, die auf die Nachricht der Geburt der Zwillinge gewartet hatten.
Marsha entdeckte sie als Erste.
„Montana, da bist du ja. Oh, und du hast Dr. Bradley mitgebracht.“ Sie kam ihnen entgegen. „Wir sind uns schon einmal begegnet, gleich am Anfang bei Ihrer Ankunft.“
„Ich erinnere mich.“
Simon schüttelte ihr die Hand.
„Ich bin hier, um unsere neuesten Mitbürger willkommen zu heißen.“ Marsha lächelte.
Ohne Simon zu berühren, konnte Montana fühlen, wie sein Körper sich versteifte. Es war genau das, was er vermeiden wollte. Und es gab keine Möglichkeit, ihm zu sagen, dass sie ihn nicht hergebracht hatte, um mit anderen Leuten zu reden. Stattdessen hatte sie gewollt, dass er die Babys sah.
Glücklicherweise entschuldigte sich Marsha, und die meisten anderen Besucher zerstreuten sich. Nun war Montana in der Lage, sich vor die Glasscheibe zu stellen und die zwei neugeborenen Mädchen zu sehen, die in den Stubenwägelchen schliefen, an denen der Familienname Moreno prangte.
„Das sind die Embryos, die Pia von Crystal geerbt hat. Sie hat sie sich einpflanzen lassen, und jetzt sind sie geboren.“ Sie warf ihm einen Blick zu. „Nichts von dem, was du tun kannst, ist damit zu vergleichen.“
„Ich weiß.“
„Tust du das wirklich? Tag für Tag schaffen es Menschen, Wunder zu vollbringen. Sie bekommen Kinder und Enkel. Und es gibt keinen Preis, den sie dafür zahlen. Keine Forderungen der Götter an sie. Warum glaubst du, dass das, was du tust, etwas so verdammt Besonderes ist, dass du für den Rest deines Lebens dafür zahlen musst?“
Langsam verlosch jeglicher Ausdruck in seinem Gesicht. Sie hatte keine Ahnung, was er dachte, aber sie beschlich das Gefühl, dass es nichts Gutes bedeuten konnte. Dennoch hoffte sie, ihn davon überzeugen zu können, dass er nicht leiden musste, um brillant zu sein.
Anstatt nun aber entweder zu sagen, dass er sie verstand, oder dagegen zu argumentieren, trat er von der Scheibe zurück und war mit den Worten „Entschuldige mich“ gleich darauf verschwunden.
Allein gelassen blieb sie vor dem Säuglingssaal stehen. Ihr war bewusst, dass sie jemanden beleidigt hatte, anstatt ihn zu überzeugen. Erreicht hatte sie damit nur, dass er sich nun umso isolierter fühlte. Sie hatte ihre Chance gehabt und hatte sie verpatzt.
Denise hielt an der Ecke und wartete, dass der Wagen rechts die Kreuzung freigab.
„Wenn du etwas mietest, hast du die Chance, herauszufinden, ob dir das Viertel gefällt“, sagte sie und gab Gas.
„Das ist Fool’s Gold, Mom“, erwiderte Kent vom Beifahrersitz. „Hier gibt es keine schlimmen Stadtviertel.“
„Stimmt, aber du willst doch irgendwo wohnen, wo es Leute in deinem Alter gibt und Reese Freunde finden kann. Du und deine Brüder habt ständig Kinder aus der Nachbarschaft mit nach Hause
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