Küssen ist die beste Medizin (German Edition)
in der Stadt gewesen war. Sie war im Starbucks gestolpert und hatte ihn angestoßen, und trotz des verschütteten Kaffees hatte er sich freundlich und humorvoll verhalten. Als er sie nach ihrer Telefonnummer fragte, hatte sie sie ihm spontan gegeben, wobei sie angenommen hatte, dass er mehr oder weniger in ihrem Alter wäre.
„Wie alt sind Sie?“, fragte sie ihn.
„Zweiundvierzig.“
Gut, dass sie nicht gerade von ihrem Merlot getrunken hatte, sie hätte sich verschluckt.
„Ich bin mehr als zehn Jahre älter als Sie.“ Sie sah im Geiste schon die Schleuderspuren, die er hinterlassen würde, wenn er davonpreschte.
Aber Steve zuckte nur mit den Schultern. „Alter ist nur eine Zahl.“
„Mein Spiegel sagt mir jeden Morgen etwas anderes.“
Wieder beugte er sich zu ihr vor. „Nur keine Angst. Die habe ich auch nicht. Sie sind eine attraktive, vitale Frau und sexuell im besten Alter.“
Hin- und hergerissen zwischen hysterischem Lachen und dem brennenden Bedürfnis, eins ihrer Kinder anzurufen und es zu bitten, zu ihrer Rettung herbeizueilen, dachte sie, dass es nun schon die zweite Gelegenheit war, sich zu verschlucken. Sexuell in den besten Jahren? Zwar hatte sie schon seit einer Weile wieder angefangen, sich zu verabreden, aber sie konnte sich kaum überwinden, einen Mann zu küssen. Sex war für sie schlicht unvorstellbar.
Sie holte tief Luft. „Steve, es war ein schöner Abend“, begann sie.
„Ja, finde ich auch. Ich will Sie wiedersehen.“
„Warum?“
Nun legten sich doch ein paar Fältchen um seine blauen Augen, als er lächelte. „Ich mag Sie, Denise.“
„Sie sind auch sehr nett“, murmelte sie, „aber wir wollen doch realistisch sein. Waren Sie schon mal verheiratet?“
„Ich bin geschieden.“
„Kinder?“
„Nein.“
„Möchten Sie Kinder haben?“
„Sicher.“
„Genau. Ich will es nicht allzu unverblümt ausdrücken, aber für mich ist dieser Zug abgefahren. Ich habe sechs Kinder, und mein ältester Sohn ist …“ Sie musste schwer schlucken. „Der Älteste ist etwa acht Jahre jünger als Sie.“
„Dann waren Sie halt noch ein Baby, als Sie geheiratet haben. Das macht doch nichts.“
„Aber natürlich macht das was. Ich habe Enkelkinder, und ich will nicht noch mal mit jemandem von vorn anfangen. Ich will …“
Sie presste die Lippen aufeinander, als sie merkte, dass sie nicht wusste, was sie wollte. Wahrscheinlich das Unmögliche, nahm sie an. Einen Mann, der ihr Herz schneller schlagen ließ, der sie und ihre Welt verstand und fand, dass beides genau das war, wonach er gesucht hatte. Einen Mann, den sie genau beschreiben konnte – und dennoch unternahm sie alles, um ihm aus dem Weg zu gehen.
„Es war sehr nett“, sagte sie und erhob sich. „Danke für den Drink.“
Auch er stand auf. „Sie wollen gehen?“
„Ich verabschiede mich.“
Sie ging durch den Raum, in dem die Weinproben stattfanden, und über den Parkplatz zu ihrem Wagen, aber dort angekommen, brachte sie es nicht fertig einzusteigen.
Nicht etwa, weil sie sich Gedanken um ihre Fahrtüchtigkeit gemacht hätte. Sie hatte kaum fünf Mal an ihrem Wein genippt, und doch stand sie im Licht der untergehenden Sonne und kämpfte mit den Tränen.
Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie ihren Mann so sehr vermisste, dass sie geglaubt hatte, es würde sie von innen heraus zerreißen. Zeiten, in denen es ihr unmöglich erschienen war weiterzuleben. Heute aber war es etwas anderes, denn währendsie zu den Bergen hinüberschaute, dachte sie nicht an ihren verstorbenen Mann.
Nicht Ralph hatte sie damals nach Fool’s Gold gebracht, sondern Max. Der gefährliche, aufregende Max. Max, der ein Motorrad fuhr und sie geküsst hatte, als wäre es ihm ernst. Max, der ihr gezeigt hatte, was es bedeutet, von Leidenschaft und Liebe mitgerissen zu sein.
Er war gegangen, weil es das war, was Männer wie er machten. Zu diesem Zeitpunkt aber hatte sie Ralph bereits kennengelernt und erkannt, dass er ein Mann war, den sie ihr ganzes Leben lang lieben konnte. Das Zusammensein mit ihm war anders als das mit Max. Da hatte es nicht die geringste Gefahr gegeben. Wo Max sich zurückgehalten hatte, hatte Ralph sich angeboten.
Er hatte ihr sechs hübsche Kinder geschenkt und die schönsten Jahre ihres Lebens. Ralph war ihre andere Hälfte, und sie hatten einander treu geliebt, noch lange nach seinem Tod.
Endlich setzte sie sich in den Wagen und ließ den Motor an. Sie glaubte zwar nicht, dass es nur eine große Liebe im
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