Kuessen kann schon mal passieren
Fast-Verliebtheit â oder was auch immer es genau war â von ihm vermiesen zu lassen.
Ich mochte, wie Filippo mich ansah und küsste. Ich mochte, wie er den hellblonden Flaum auf meinen Armen streichelte. Ich mochte sein Lachen, wenn ich etwas unfreiwillig Komisches von mir gab. Und ich mochte, wenn er mir Zärtlichkeiten auf Italienisch ins Ohr flüsterte.
Meistens trafen wir uns irgendwo in der Stadt oder drauÃen am Deich, wo wir dramatische Sonnenuntergänge erlebten und ein bisschen herumknutschten. Mir reichte das. Aber ich merkte natürlich, dass Filippo mehr wollte. âºZu mir oder zu dirâ¹Â â immer wieder stand diese Frage im Raum. Irgendwann fiel mir keine Ausrede mehr ein und ich nahm ihn mit zu mir nach Hause, wo ich ihn jedoch sicherheitshalber in die Küche verfrachtete. Ich stellte das Radio an und schmierte Butterbrote, die wir dann auffutterten, indem wir uns zwischen den einzelnen Happen verliebte Küsschen gaben. Mein Zimmer war nach wie vor eine Tabuzone. Ich fürchtete mich davor, dass die Tür zuklappen und Filippos Blick auf das einladende Bett mit den vielen bunten Kissen fallen würde. Knutschen ging zwar in Ordnung, aber ich wusste ja nicht, ob er sich vielleicht in Lichtgeschwindigkeit in Bereiche unterhalb der Gürtellinie vorarbeiten würde. Pille, Kondome â darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht, und solange ich auch mit angezogener Handbremse fahren konnte und das Auto trotzdem irgendwie lief, war die Welt doch in bester Ordnung. Aus demselben Grund drückte ich mich auch davor, Filippo in seiner WG zu besuchen, wo er seit knapp acht Wochen mit zwei Studenten wohnte. Er respektierte das. Mehr noch â er meinte, dass es schlieÃlich keinen Sexzwang gebe und wir alle Zeit der Welt hätten, es ruhig angehen zu lassen.
***
An einem schwülwarmen Juliabend lud Filippo Jade, Luca und mich zu einem Picknick in den Schlosspark ein. Sein Vater hatte sich davon überzeugen lassen, ihn endlich auf einer Privatschule anzumelden, die schlappe 500 Euro im Monat kostete. Das wollte Filippo ein bisschen feiern.
Die Sonne versank gerade zwischen den Häusern, als wir unsere Decken auf der Wiese ausbreiteten und es uns auf die denkbar komplizierteste Art gemütlich machten. Erst saà ich am Rand neben Luca, dann quetschte sich Filippo protestierend zwischen uns und legte besitzergreifend seinen Arm um mich, woraufhin sich Jade beschwerte, sie wolle ebenfalls neben mir sitzen, und wir die ganze Sitzordnung unter viel Gegacker wieder auflösten. Am Ende hockten Jade und ich auf einer Decke, Luca und Filippo auf der anderen, was ich nur gut fand, weil so niemand auf die Idee kam, herumzuknutschen.
Ausgehungert machten wir uns über die Köstlichkeiten her, die Filippo mitgebracht hatte. Es gab Kartoffel-Gurken-Salat, Gemüsekuchen, kleine HühnerspieÃe (die Jade mit angeekelter Miene von sich schob), Schoko-Muffins und eine leckere Quarkcreme mit Himbeeren. Später, als wir wohlig satt gegessen waren, tauschten wir doch die Plätze. Jade lag neben Luca auf der Decke, ich neben Filippo, wir schauten in die ausladenden Baumkronen über uns und philosophierten über den Sinn des Lebens. Während Luca meinte, dass es einfach nur darum ginge, glücklich zu werden, fand Filippo, dass man unbedingt Spuren hinterlassen müsse. Damit sich später überhaupt noch irgendjemand an einen erinnere.
»Du meinst so was wie einen FuÃabdruck in Gips?«, zog Jade ihn auf.
»Du könntest aber auch die beste Eissorte der Welt erfinden«, alberte nun auch Luca.
»Von mir aus beides«, meinte Filippo vollkommen ernst. »Vielleicht reicht es aber auch, dass man Kinder in die Welt setzt.«
»Womit wir wieder mal beim Thema Fortpflanzung wären!«, rief Jade. »Vielleicht banal, aber letztlich dreht sich doch immer alles nur darum.«
»Ach wirklich? Nicht um die groÃe Liebe?«, erinnerte ich sie an ihr Credo.
»Doch, schon. Aber was denkst du, warum sich Menschen überhaupt verlieben? Damit sie sich fortpflanzen und nicht nur fernsehen.«
Während Filippo lachte, sagte Luca: »Moment, da hab ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich bin zwar genauso für die groÃe Liebe â immer, jederzeit! â, aber ich will mich deswegen trotzdem nicht fortpflanzen. Ich hab Wichtigeres vor.«
»Ach ja, was denn?«, wollte
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