Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
nach und griff nach dem Bier, das sie am Tisch zurückgelassen hatte. Als sie die Flasche an die Lippen führte, hob sie sich mit der freien Hand die Haare aus dem Kragen. Tommy hatte sich seit der Highschool nicht sehr verändert. Er war immer noch gut aussehend, charmant und ein gewissenloser Frauenheld. Helen tat ihr fast leid – aber nur fast.
»Willst du dich mit deinem Exfreund auf ein Schäferstündchen treffen?«
Sie erkannte die Stimme, noch bevor sie sich umdrehte. Delaney ließ die Bierflasche sinken und schaute zu dem Mann auf, der ihr mehr Kummer bereitet hatte als all ihre Exfreunde zusammen. »Eifersüchtig?« Doch anders als bei Tommy würde sie nie vergessen, was einst in jener heißen Augustnacht mit Nick Allegrezza passiert war.
»Und wie.«
»Bist du hergekommen, um dich mit mir zu streiten? Dazu hab ich nämlich keine Lust. Wie du neulich schon sagtest, helfen wir beide bei den Vorbereitungen für die Hochzeit deines Bruders. Vielleicht sollten wir versuchen, miteinander auszukommen. Freundlicher miteinander umzugehen.«
Ein sinnliches Lächeln umspielte seine Lippen. »Wie freundlich?«
»Wie Freunde. Nur wie Freunde«, erklärte sie hastig, obwohl sie bezweifelte, dass es je so weit kommen würde. Aber vielleicht konnten sie mit dem ständigen Schlagabtausch aufhören. Insbesondere, da sie ständig den Kürzeren zog.
»Wie Kumpels?«
Das wäre leicht übertrieben. »Okay.«
Er schüttelte den Kopf. »Daraus wird nichts.«
»Warum nicht?«
Er antwortete nicht. Stattdessen entriss er ihr die Flasche und stellte sie auf den Tisch. Die Sängerin der kleinen Blues-band legte gerade mit einer langsamen, sentimentalen Interpretation von »I’ve Been Loving You Too Long« los, als Nick Delaney auf die überfüllte Tanzfläche zerrte. Er zog sie an sich und wiegte die Hüften zu der sinnlichen Soulmusik. Jemand rempelte sie von hinten an, während sie verzweifelt versuchte, sich nicht allzu eng an ihn zu schmiegen. Doch er umklammerte sie so fest, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als zögernd die Hände auf seine breiten Schultern zu legen. Seine Haarspitzen strichen über ihre Fingerknöchel wie knisternde, kühle Seide, und sein glühend heißer Körper wärmte ihre Haut. Im Gegensatz zu Tommy hatte Nick Rhythmusgefühl und bewegte sich ganz langsam nach dem Takt der Musik. »Du hättest mich um den Tanz bitten können«, meinte sie pikiert und übertönte das laute Pochen ihres Herzens.
»Da hast du recht. Das hätte ich wohl.«
»Wir leben in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die meisten Männer haben inzwischen ihre Höhlen verlassen.« Sein männlicher Geruch betörte sie und machte sie ganz benommen.
»Die meisten Männer? So wie dein Exfreund?«
»Ja.«
»Tommy denkt mit dem Schwanz.«
»Genau wie du.«
»Da ist es wieder.« Er verstummte, und seine Stimme wurde einen Tick tiefer. »Du glaubst, du weißt alles über mich.«
In ihr tobte ein Wirrwarr aus widersprüchlichen Gefühlen. Wut und Verlangen, atemlose Erwartung und tief empfundene Angst. Tommy Markham, ihre erste Liebe, hatte nie ein solches
Gefühlschaos in ihr ausgelöst. Warum dann Nick? Er war viel öfter abscheulich zu ihr gewesen als nett. Sie hatten eine gemeinsame Vergangenheit, von der sie geglaubt hatte, dass sie endgültig begraben war. »Alle in der Stadt wissen, dass du dich mit ziemlich vielen Frauen triffst.«
Er zog sich so weit von ihr zurück, dass er auf sie hinabblicken konnte. Das Licht von der Bühne fiel über die linke Hälfte seines attraktiven Gesichts. »Selbst wenn das stimmen würde, wäre das was ganz anderes. Ich bin nicht verheiratet.«
»Verheiratet oder nicht, wahlloser Sex ist so und so eklig.«
»Hast du das auch deinem Ex gesagt?«
»Meine Beziehung zu Tommy geht dich nichts an.«
»Beziehung? Triffst du dich etwa später noch mit ihm, um den wahllosen Sex zu haben, den du angeblich so eklig findest?« Seine Hände glitten über ihren Rücken hinauf zu ihrem Hinterkopf. »Hat er dich scharf gemacht?« Er streifte mit den Fingern durch ihr Haar und hielt ihren Kopf in seinen Händen. Sein Blick war hart wie Granit.
Sie versuchte, ihn wegzustoßen, aber er packte nur noch fester zu und presste seine kräftigen Finger in ihre Kopfhaut. Er tat ihr nicht weh, ließ sie aber auch nicht los. »Du bist echt krank.«
Er senkte das Gesicht und hauchte an ihre Lippen: »Macht er dich an?«
Sie schnappte schockiert nach Luft.
»Hat er dich scharf gemacht?«
Delaneys Herz
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