Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
ein wunderbares Leben.
Und dann, vor ein paar Jahren, gab er endlich die Idee auf, ein Kind mir ihr zu zeugen. Nick war wieder in die Stadt gezogen, und Henry wandte seine Aufmerksamkeit dem Kind zu, das er schon hatte. Gwen mochte Nick nicht. Sie mochte die ganze Sippe nicht, war aber dankbar dafür, dass Henry seine Besessenheit auf seinen Sohn richtete.
Als Gwen eintrat, stand Max hinter Henrys Schreibtisch und ging ein paar Dokumente durch. Er schaute lächelnd auf, und um seine blauen Augen entstanden sympathische Lachfältchen. Seine Schläfen ergrauten langsam, und sie fragte sich nicht zum ersten Mal in letzter Zeit, wie es wäre, von einem Mann berührt
zu werden, der ihr altersmäßig näherstand. Von einem Mann, der so gut aussah wie Max.
»Ist Delaney weg?«, fragte er und lief um den Schreibtisch herum auf sie zu.
»Sie ist gerade gegangen. Ich mache mir Sorgen um sie. Sie ist so ziellos, so verantwortungslos. Sie wird wohl nie erwachsen.«
»Keine Sorge. Sie ist ein intelligentes Mädchen.«
»Ja, aber sie ist schon fast dreißig. Sie wird …«
Max strich mit dem Zeigefinger über ihre Lippen und ihre Wange und brachte sie zum Schweigen. »Ich will jetzt nicht über Delaney reden. Sie ist eine erwachsene Frau. Du hast getan, was du konntest, und jetzt musst du Abstand gewinnen und an etwas anderes denken.«
Gwens Augen verengten sich. Max wusste nicht, wovon er sprach. Delaney brauchte den Rat ihrer Mutter. Sie hatte schon zu lange wie eine Zigeunerin gelebt. »Wie kannst du so was sagen? Sie ist meine Tochter. Wie kann ich da nicht an sie denken?«
»Denk stattdessen an mich«, raunte er, senkte den Kopf und küsste sie sanft auf den Mund.
Zuerst fühlten sich die Lippen, die sich auf ihre drückten, fremd an. Sie konnte sich nicht mal daran erinnern, wie es war, von einem anderen Mann geküsst zu werden als von Henry. Max öffnete den Mund über ihrem, und sie spürte das erste vorsichtige Streicheln seiner Zunge. Lust durchströmte sie, und ihr Herzschlag schien sich zu verdreifachen. Sie hatte wissen wollen, wie es sich anfühlte, von Max berührt zu werden, und jetzt wusste sie es. Es fühlte sich besser an, als sie es sich vorgestellt hatte.
Auf dem Heimweg hielt Delaney an, um sich bei Value-Rite Paracetamol, einen Viererpack Toilettenpapier und eine Packung Reese’s Peanut Butter Cups zu kaufen. Sie warf noch
zwei Schachteln Tampons aus dem Sonderangebot dazu und blieb vor dem Zeitschriftenständer stehen. Sie nahm ein Hochglanzmagazin in die Hand, das nach süßem Parfüm stank und versprach, »Die Geheimnisse der Männer« zu lüften. Sie blätterte die Zeitschrift durch und ließ sie in den Wagen fallen, um sie später zu Hause in der Badewanne zu lesen. In Gang vier warf sie noch eine Duftkerze hinein, und als sie durch Gang fünf zur Kasse trudelte, fuhr sie fast Helen Markham über den Haufen.
Helen wirkte müde, und ihrem hasserfüllten Blick nach zu urteilen, hatte sie den neuesten Tratsch schon gehört.
Delaney hatte fast Mitleid mit ihr. Helens Leben war bestimmt nicht leicht, und Delaney fand, dass sie zwei Möglichkeiten hatte: ihre alte Intimfeindin zappeln zu lassen oder sie von ihren Qualen zu erlösen. »Hoffentlich glaubst du den Klatsch über Tommy und mich nicht«, sagte sie freundlich. »Es stimmt nämlich nicht.«
»Halt dich von meinem Mann fern. Er will nicht mehr von dir angemacht werden.«
So viel zum Nettsein. »Ich hab Tommy nicht angemacht.«
»Du warst schon immer neidisch auf mich. Schon immer, und jetzt glaubst du, du kannst mir meinen Ehemann wegschnappen, aber daraus wird nichts.«
»Ich will deinen Mann nicht«, entgegnete sie und war sich der zwei Tamponschachteln in ihrem Einkaufswagen peinlich bewusst. Als würde eine nicht ausreichen.
»Du warst schon seit der Highschool hinter ihm her. Du hast es nicht verkraftet, dass er sich für mich entschieden hat.«
Delaney ließ den Blick über den Inhalt von Helens Wagen schweifen. Eine Flasche Hustensaft, eine Pinzette, eine Großpackung Stayfree-Binden und ein Abführmittel. Delaney grinste, da sie sich leicht im Vorteil fühlte. Monatshygiene und Abführmittel. »Er hat sich nur für dich entschieden, weil ich nicht mit ihm schlafen wollte, und das weißt du genau. Alle wussten das damals, und alle wissen es heute. Wenn du dich nicht aufgeführt hättest wie eine orthopädische Matratze, wäre er nicht mit dir ins Bett gegangen.«
»Du bist armselig, Delaney Shaw. Das warst du schon
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