Küstenfilz
mit einem Auftrag
belegt worden, der eine Strafe für ihr Verhalten während der Flensburger
Lagebesprechung sein sollte. Frauke Dobermann wusste Widerspruch in den Reihen
ihrer Mitarbeiter mit geeigneten Mitteln im Keim zu ersticken.
Die beiden Kommissare zogen mit dem Bild von Rotraud
Kiesberger, das zudem von schlechter Qualität war, durch die Super- und
Drogeriemärkte Schleswigs und befragten das Personal, ob sich jemand an die
Frau erinnern konnte. Ihr Augenmerk richtete sich auf das Kassenpersonal. Dabei
erfuhren die beiden Kripobeamten, dass diese Positionen überwiegend von
Teilzeitkräften besetzt waren, sodass die Kiesberger von niemandem
wiedererkannt wurde. Die beiden Kommissare sollten es doch im Laufe der
nächsten Woche immer wieder einmal versuchen, am besten jeweils morgens und
abends. Viel Zeit verwandten die beiden Beamten auch darauf, die neugierigen
Fragen nach dem Warum und Weshalb abzuwimmeln. Deshalb empfand Mommsen es als
willkommene Unterbrechung, als sich Frauke Dobermann meldete und die neue Lage
durchgab.
»Fahren Sie zur Kripostelle Schleswig. Dort liegt das
Bild des mutmaßlichen Komplizen und, so glauben wir, Haupttäters vor. Dann
können Sie mit diesen erweiterten Informationen die Suche fortsetzen. Zuvor
sollten Sie aber mit diesem Bild das Ehepaar Joost aufsuchen und die Mutter
fragen, ob sie den Mann als Täter wiedererkennt.«
Mommsen holte tief Luft, als er daran dachte, dass sie
möglicherweise erneut alle einschlägigen Schleswiger Geschäfte aufsuchen
müssten. Der Gedanke daran, wie sein Kollege Große Jäger auf eine solche
Anweisung der Hauptkommissarin reagiert hätte, zauberte sogar ein Lächeln auf
sein Antlitz.
»Darf man an deinem Vergnügen teilhaben?«, fragte
Holtgrebe. Mommsen unterließ es, den Schleswiger Kollegen aufzuklären.
Stattdessen genoss er den Kaffee, den Holtgrebe herbeigezaubert hatte, nachdem
sie auf die Schleswiger Dienststelle zurückgekehrt waren. Auch dies würde Große
Jäger bissig kommentiert haben, da Mommsen im heimischen Husum auf Tee
abonniert war.
Nach einem kurzen Klopfen öffnete sich die Tür, und
eine Kollegin von Holtgrebe streckte ihren Kopf durch den Spalt. »Da ist
jemand, der glaubt, etwas zum Fall der entführten Kinder sagen zu können. Ist
der bei euch richtig?«, fragte die sportliche Rothaarige.
Holtgrebe nickte müde. Wie vielen Polizeibeamten waren
ihm die Leute, die zu allem und jedem etwas gehört oder gesehen haben wollten,
vertraut. »Schick ihn rein, Doris«, bat er.
Ein Mann mit vom Wetter gegerbtem Gesicht und dunklen
Haaren trat zögernd ein. Abwartend blieb er stehen.
»Holtgrebe«, stellte sich der Schleswiger Kommissar
vor. »Das ist Herr Mommsen.«
Der Mann deutete eine Verbeugung an. »Luis Figueira«,
nannte er seinen Namen. Er sprach Deutsch mit einem deutlichen Akzent. Ein
Portugiese, nahm Mommsen an.
»Was können wir für Sie tun?«, fragte Holtgrebe und
zeigte auf einen Stuhl. »Bitte.«
Figueira setzte sich ganz vorn auf die Kante.
»Ich weiß nicht …«, begann er zögernd. »Meine Frau
schickt mich. Ich selbst habe nichts gesehen.«
Mommsen atmete tief durch.
»Wir wohnen ›Am Südhang‹. Im vierten Stock.«
»Das sind die roten Hochhäuser fast an der Schlei«,
erklärte Holtgrebe Mommsen. »Wir Schleswiger nennen sie scherzhaft unsere
Wolkenkratzer.«
»Unter uns wohnt Frau Maager. Eine nette alte Dame.
Ihr Mann ist vor zwei Jahren gestorben. Jetzt ist sie oft bei ihren Kindern.
Irgendwo weiter unten in Deutschland.« Figueira machte eine Handbewegung, die
das Gebiet vom Nordostseekanal bis zum Alpenrand umfassen konnte. »Meine Frau
hat erzählt, dass Frau Maager sich im Winter das Bein gebrochen hat.« Wieder
unterstrich der Portugiese seine Erklärung dadurch, dass er sich auf das linke
Schienbein klopfte. »Oder war es rechts?«, fragte er sich selbst. »Jetzt ist
sie länger bei ihren Kindern. Sie liebt aber Schleswig. Wie wir auch.«
Luis Figueira klopfte sich dabei mit der Spitze seines
Zeigefingers aufs Herz. Dann schwieg er und sah die beiden Beamten nacheinander
an.
»Schön, Herr Figueira. Aber das ist noch kein Fall für
die Polizei.«
»Wir haben auch lange überlegt. Sind unsicher. Aber
Frau Maager vermietet ihre Wohnung manchmal. Weil es doch so teuer ist mit
Heizung und Müllgebühr. Und auch wenn sie bei ihren Kindern wohnt, bezahlen
muss sie doch.« Er bewegte Daumen und Zeigefinger aufeinander, als würde er
Geld zählen.
»Es sind immer saubere und
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