Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Küstengold: Kriminalroman (German Edition)

Küstengold: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Küstengold: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Geisler
Vom Netzwerk:
für übertrieben, denn deutsche Firmen unterhielten schließlich auch Tochterfirmen
auf der ganzen Welt und strebten nach Beteiligungen an den russischen Gasproduzenten.
    Meyer-Riemenscheidt
machte aus seinem Herz aber keine Mördergrube. »Ich habe kein gutes Gefühl dabei,
wenn ein Erdgas förderndes Unternehmen vom Bohrloch in Sibirien über die Pipelines
hin bis zum Gasherd in Kleinkummerfeld die Wertschöpfungskette komplett beherrscht.
Bei solchen komplexen Zusammenhängen muss man intensive Nachforschungen anstellen
und lange überlegen, bevor man eine ablehnende Begründung schreibt. Das geht nicht
so von heute auf morgen wie früher bei Ihnen in der Staatskanzlei.«
    Stuhr bedankte
sich trotz des kleinen Seitenhiebes artig und wünschte Meyer-Riemenscheidt viel
Kraft für eine richtige Entscheidung. Er beendete das Gespräch.
    Sein Blick
glitt auf den hellblauen Frauenroman. Sollte er nicht nachher beginnen, ihn zu lesen?
    Zunächst
rief er jedoch nochmals den Kommissar an, um von dem aufschlussreichen Gespräch
mit seinem Kollegen im Wirtschaftsministerium zu berichten. Hansen klang ausgeglichener
als vorhin und berichtete seinerseits über das Verhör von Sörensens Frau und deren
Mutter.
    »Eigentlich
keine ungewöhnliche Geschichte, Stuhr. Am Anfang ihrer Ehe durchlitten die Sörensens
schwere Zeiten mit den kleinen Kindern und wenig Geld. Dann folgte sein schneller
Aufstieg zum Abteilungsleiter in der Firma, und sie konnten ein kleines Häuschen
bauen. Die Autos wurden neuer und größer, aber der Mann musste immer öfter länger
arbeiten. Sie schöpfte keinen Verdacht, denn die ganzen Jahre war Sörensen für Frau
und Kinder dagewesen, bis er plötzlich auf dieses junge rumänische Flittchen abgeflogen
war. So gab sie es jedenfalls zu Protokoll.«
    »Hältst
du ihre Aussagen für glaubhaft?«
    »Glaubhaft?
Mensch Stuhr, bei solchen Affären versucht jede Seite, die Wahrheit für sich zu
beanspruchen. Die Nachfrage bei Sörensens Verwandten verlief ähnlich. Seine Schwiegermutter
machte allerdings keinen Hehl daraus, dass sie Sörensen gehasst hatte, weil er einen
Keil in die gute Beziehung zu ihrer Tochter getrieben hatte. Sie hatte beide oft
sonntags zum Kaffee eingeladen, mitgekommen war er nur selten. Um die Ehe der beiden
zu retten, hatte sie sogar einen Wünschelrutengänger bestellt, der unter dem Ehebett
ihrer Tochter die Ursache aller Probleme feststellte: eine unterirdische Wasserader.
Selbst das Erdungsgerät, das sie heimlich gegen die negativen Ströme der Wasserader
unter dem Ehebett aufstellen ließ, hatte die Schwiegermutter bezahlt. Ihre Tochter
hatte sogar ihren Rat befolgt, jegliche Intimitäten mit Sörensen so lange einzustellen,
bis die Wirkung des Erdungsgerätes einsetzte, auch wenn es länger dauern würde.
Was soll man schon dazu sagen?«
    Stuhr konnte
das nicht fassen. »Und seine Kollegen?«
    »Die befanden,
dass Sörensen ein prima Kollege war, und berichteten, dass er vor seinem gewaltsamen
Tod seit einigen Wochen endlich wieder lachen konnte.«
    Stuhr versuchte,
für sich ein Fazit zu ziehen. »Normales Geschäft also und keine neuen Hinweise,
auch nicht auf die Rumänin.«
    »Richtig,
Stuhr. Wir stehen mit leeren Händen da.«
    Stuhr nicht,
denn er griff sich jetzt den Roman und schlug die erste Seite auf. ›Abschied von
der Vergangenheit.« Das klang interessant. Er musste Hansen abschütteln.
    »Ich muss
leider auflegen, Hansen. Habe hier dringend etwas aufzuarbeiten. Tschüß. Wir hören
voneinander.«
    Trotz der
Proteste von Kommissar Hansen beendete Stuhr das Gespräch und begann interessiert
zu lesen.

Ein kleiner Direktor
     
    Der Direktor der Neumünsteraner
Stadtwerke war auf den ersten Blick ein feiner Mann. Seine weißgrauen, gepflegten
vollen Haare passten gut zu seinem braungebrannten Gesicht. Auf so etwas standen
die jungen Dinger, wie er selbstgefällig befand. Er war 60 Jahre alt, im besten
Alter also. Nun gut, seine 1,56 Meter Körpergröße störten ihn manchmal, aber mit
seiner Macht als Vorgesetzter konnte er selbst die jungen langen Kerle in seinem
Verwaltungsapparat aushebeln. Sprüche wagten die ihm gegenüber nicht.
    Gern stand
Direktor Bergfeld auf der obersten Treppenstufe und schrie nach irgendeinem Mitarbeiter,
den er auf der Stelle sehen wollte. Der Flurfunk sorgte dann dafür, dass derjenige
kurze Zeit später tatsächlich vor ihm stand. Sie wollten schließlich alle etwas
bei ihm werden.
    Gut, er
wusste, dass man ihn deswegen nicht gerade

Weitere Kostenlose Bücher