Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
weiterzulesen.
Aber dieses
Buch hatte es endlich einmal in sich. Zwei Verliebte, die nicht mehr ganz jung waren,
hatten sich getraut, zusammenzuziehen. Wie Jenny und er. Es ging auch alles gut,
bis die neue Powerfrau, die dieses Mal Madleen hieß, feststellte, dass ihr Partner
es sich in der Beziehung bequem machen wollte.
Natürlich,
auch Stuhr wollte mit Jenny zusammen sein, damit die Dinge für ihn einfacher würden.
Essen, schlafen und so weiter. Aber aus der Sicht der Autorin hatte er es noch nicht
betrachtet. Vera Vondannen. Ein seltsamer Name.
Mit schonungsloser
Härte war Stuhr klar geworden, was der Preis des Zusammenseins mit Jenny sein würde:
Heiraten. Na ja, noch waren sie nicht wieder zusammen, obwohl sie immer häufiger
Nachrichten austauschten.
Das laute
Klirren vom Zerspringen seiner Weißbiergläser auf der Straße riss ihn aus seinen
Gedanken. Er entschloss sich, es zu ignorieren. Schließlich war zweimal umziehen
wie einmal abbrennen.
Stuhr packte
einen der leeren Kartons und verstaute sorgfältig seine Musikanlage darin. Dann
baute er den Computer auseinander. Sein Kumpel vom Tiefbau drückte sich ins Zimmer.
»He Stuhr, nächstes Mal musst du festere Kartons kaufen. Das mit den Gläsern ist
nicht meine Schuld, du hast am falschen Ende gespart.«
Stuhr nickte
abwesend, denn sein Handy vibrierte. Etwa eine Nachricht von Jenny? Wieder versank
die Welt um ihn herum.
Falsch geraten.
Kommissar Hansen bedrängte ihn am Telefon. »Stuhr, du musst schnell in den Iloo
kommen. Das ist der Staatsforst von Neumünster, rechts von der Autobahn. Folge in
Wasbek einfach den Schildern zur alten Wassermühle, sie liegt mitten im Wald.«
Stuhr hatte
wenig Lust auf ein Treffen mit dem Kommissar. »Hansen, das geht nicht. Ich bin mitten
im Umzug. Ich kann doch hier nicht einfach abhauen.«
»Stuhr,
ich würde dich nicht anrufen, um mit dir Kirchenlieder einzuüben. Es geht um Mord.
Das N der ehemaligen KERN-Region. Mach dich auf die Socken.«
N. Der Mord
in Neumünster. Die Kern-These schien sich doch noch bewahrheitet zu haben. »Nicht
bei den Stadtwerken?«
»Nein, nicht
bei den Stadtwerken. Stuhr, das ist eine harte Nummer hier im Staatsforst Iloo.
Sieh zu, dass du herkommst.«
Eine Antwort
wartete der Kommissar nicht ab, denn die Verbindung riss ab.
Stuhr überlegte
fieberhaft, wie er sich glaubhaft von seinem eigenen Umzug wegstehlen konnte. Schließlich
kam ihm die rettende Idee. »Ich fahre kurz los, um festere Kartons zu holen, Jungs.
Dann müsst ihr die Kisten ja nicht wie rohe Eier transportieren.«
Ein freudiges
Echo erfolgte nicht. Er musste sich etwas Besseres einfallen lassen.
Stuhr trug
zum Zeichen der Solidarität einen Bücherkarton mit herunter auf die Straße. Sein
weißes Leinensofa stand bereits an der Hauswand und wartete sehnsüchtig auf den
Abtransport, denn seine alte Fußballtruppe hatte es sich inzwischen mit Bierflaschen
in der Hand darauf bequem gemacht. Sie schwelgten in Erinnerungen an andere Umzüge
mit Wäsche befüllter Waschmaschinen und tonnenschweren Klavieren. Und dass Frauen
ständig irgendwas bei Umzügen kochten, aber Bier eigentlich reichen würde.
Das war
es. Stuhr wies auf den halb leeren Bierkasten. »Ich hole jetzt Nachschub.« Sofort
gingen alle Daumen bei seiner ehemaligen Fußballtruppe hoch.
Stuhr eilte zu seinem alten Golf
und brauste davon. Er machte sich Gedanken, ob der Umzug ohne ihn weiter in geordneten
Bahnen verlaufen würde. Aber es war ja nicht deren erster Umzug, und das mit Kommissar
Hansen war sowieso ungleich wichtiger.
Ekelhaft
Kommissar Hansen hatte schon schönere
Momente im Dienst erlebt. Ein ziemlich dickleibiger Mann im mittleren Alter war
mit dem Körper zwischen Kegelrad und Stirnradgetriebe in das Räderwerk der alten
Wassermühle geraten. Das über drei Meter mächtige Wasserrad hatte dabei eine Wucht
erzeugt, die dem gefesselten Opfer sofort sämtliche Knochen gebrochen haben musste.
Teile des Darms waren auf das Kegelrad gequetscht worden, und unterhalb des Räderwerks
hatte sich eine riesige Blutlache verbreitet.
Hansen erschrak,
als ihn von hinten eine Hand anstupste. »Moin, Konrad. Lecker, was?«
Wieder zuckte
Hansen zusammen, aber er war heilfroh, dass es der Kollege Fingerloos von der Spurensicherung
war, der ihn angetippt hatte. Irgendwie konnte er sich nicht daran gewöhnen, dass
ihn Fingerloos konsequent mit seinem Vornamen ansprach. »Schon gefrühstückt, Pferdi?«
»Noch nicht,
aber gute Idee. Das
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