Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
den Nacken und ließen die Flüssigkeit in ihre Kehlen hineinlaufen.
Bergfeld
dachte an Jelena, als er mit seinem Getränk nachzog. Für sie würde er alles tun.
Dimitrij
zog einen goldenen Füllfederhalter aus seinem Jackett und wies auf das Schriftstück.
Der Direktor studierte es gründlich. Ein Fünfjahresvertrag, Mercedes-Dienstfahrzeug
und doppelte Bezüge. Das würde bis zur Rente für ihn und seine Verpflichtungen auskömmlich
sein.
Ansonsten
war es ein Standardvertrag, der auf seinen Namen ausgestellt war. Das war noch nicht
die große Nummer. Wollten die Russen in Norddeutschland nun ins große Geschäft kommen
oder nicht?
Seine russischen
Freunde schienen seine Enttäuschung bemerkt zu haben, denn Dimitrij zeigte nun auf
den Aluminiumkoffer. Direktor Bergfeld öffnete ihn vorsichtig. Der Koffer war prall
gefüllt mit 100-Euro-Scheinen. Er war sprachlos.
Dimitrij
wurde ernst: »Wir verhandeln immer nur einmal, Herr Bergfeld. Erst die Unterschrift
und dann der Koffer mit der Ablösesumme. 250.000 Euro unter der Hand. Niemand außer
uns weiß von der Existenz des Koffers. Er ist nur hier und heute zu haben.«
Der Direktor
war sich bewusst, dass er damit den Pfad der Tugend verließ. Aber taten das nicht
alle erfolgreichen Männer in Wirtschaft und Politik, um sich mit Hilfe der Ellenbogen
ihren Platz an der Sonne zu erkämpfen? Entschlossen nahm er Dimitrij den Füller
aus den Fingern und unterzeichnete den Vertrag.
Dimitrij
Denisow stand auf und überreichte ihm feierlich den Geldkoffer. Unter dem Beifall
der anderen Russen zog Bergfeld den Koffer an sich und leerte das zur Übergabe gehörende
obligatorische Glas Wodka in einem Zug.
Er war nun
wild entschlossen, diesen Deal durchzuziehen. Es würde nicht einfach werden, die
Stadtverwaltung in Neumünster von den Vorteilen eines Verkaufs der Stadtwerke an
die Fairstrom GmbH zu überzeugen. Aber zumindest um die Bedenken im Wirtschaftsministerium
in Kiel wollten sich die Russen höchstpersönlich kümmern. Darum sollte er sich keine
Sorgen machen, beruhigte ihn Dimitrij.
Die kleine Gesellschaft stieß immer
wieder aufs Neue miteinander an. Gut, dass sein Zimmer noch für die nächste Nacht
gebucht war. Er beschloss, sich ganz den Feierritualen seiner neuen Freunde hinzugeben.
Sie schienen ihn wirklich zu brauchen.
Zug um Zug
Olli ruhte sich einen Moment vor
dem großen Standspiegel aus. Seine Jeans und sein Polohemd waren zwar verschwitzt,
aber seine verwuschelte blonde Mähne stand ihm gut. Er sah wie der Leadsänger einer
Band nach der dritten Zugabe aus, nur das Kreischen der Groupies fehlte. Er war
mit Abstand der jüngste von Stuhrs Freunden und Bekannten, die beim Umzug halfen.
Dessen ehemalige
Fußballtruppe war im Schnitt sicherlich ein halbes Jahrhundert alt, aber sie hatten
alle die Klappe weit auf, als kämen sie gerade vom Bundesligatraining.
Anfangs
ging der Umzug noch schnell von der Hand. Die weiblichen Helfer befüllten flink
die vorhandenen Kartons mit dem Krimskrams von Stuhr, und die Männer schleppten
sie mit verbissenen Gesichtern auf die Straße. Als die Ytong-Steine an der Reihe
waren, die Stuhr schon seit den 1970ern dazu nutzte, um seine Regalbretter für die
alte Plattensammlung im richtigen Abstand auseinander zuhalten, erreichte das Murren
und Kopfschütteln bei den Trägern einen ersten Höhepunkt.
Olli bemerkte,
dass auch einige ehemalige Kollegen von Stuhr aus der Staatskanzlei dabei sein mussten,
denn die fühlten sich mehr für das Organisieren und Anweisungen geben zuständig.
Allerdings zogen die meisten von ihnen schlagartig um zwölf ihren Hut und verschwanden.
Es war vermutlich ihre gewohnte Mittagszeit. Nach dem Essen verfielen sie anscheinend
ins Koma, denn sie wurden nicht wieder gesehen.
Den Höhepunkt
des Umzugs bildeten wie immer die Grausamkeiten am Schluss: der massive Eichenschreibtisch,
der Geschirrspüler und die gewaltige Kühlschrankkombination mit eingebautem Eiscrusher,
der allerdings noch nicht ganz abgetaut war und so noch das eine oder andere Kilo
mehr auf die Waage brachte. Unter lautem Fluchen und dem Absingen unanständiger
Lieder fanden diese Gegenstände letztendlich den Weg in den Transporter.
Sofa und
Stühle verteidigten die Fußballer nicht ganz uneigennützig massiv gegen den Weitertransport,
denn die Warterei auf Stuhr auf dem Bürgersteig war inzwischen recht gesellig geworden.
Aus Spaß hatten sie noch eine Stehlampe und den Zeitschriftenständer dazu gestellt.
Gegen
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