Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Dunkelheit und Langeweile, wie sie sagten.
Der Transporter
fuhr voll beladen weg, und endlich verpesteten die dahinter wartenden genervten
Autofahrer nicht mehr die Luft. Ein buntes Völkchen campierte jetzt auf dem Gehweg.
Das Sitzen und Schnacken an der Hauswand auf dem Sofa und auf den Korbstühlen machte
Spaß. Es wurde ohne Ende gequalmt, und schnell war der Kasten Bier leer. Neues Bier
kam aber nicht, und Stuhr auch nicht. Erstaunlicherweise blieb selbst der Transporter
wie vom Erdboden verschluckt. So einigte man sich, auf die anderen alkoholischen
Vorräte zurückzugreifen. Da Stuhr nur selten Schnaps trank, zeugte ein prall gefüllter
Unterschrank von unendlich vielen Weihnachts- und Geburtstagspräsenten, die nicht
mal so eben nebenbei zu vernichten sein würden.
Olli bestellte kurzerhand beim Pizza-Service
zehn Flaschen Cola und Sprite, um Mischungen anzufertigen. Aus den Ytongsteinen
und zwei Regalbrettern wurde eine kleine Bar aufgebaut. Olli fummelte sein Smartphone
heraus und zauberte daraus quäkende Rhythmen.
Stunde um
Stunde verging, einige Nachbarn gesellten sich dazu, und zwischendurch wurde sogar
getanzt. Die meisten Passanten lächelten und winkten beim Vorbeigehen belustigt
herüber. Dann begann Olli, sich mit einem von Stuhrs Freunden festzuschnacken.
Schließlich
war es dunkel geworden, als er ganz allein einen allerletzten Whisky-Cola als Absacker
zu sich nahm. Nach Hamburg zurück konnte er jetzt schlecht, jedenfalls nicht mehr
fahren. Und um das Sofa wegzutragen, dazu müsste Stuhr erst einmal wieder auf der
Matte stehen. Olli war zudem müde von den Anstrengungen und hatte keine Lust, sich
die Treppen zu Stuhrs Wohnung hochzuschleppen. So machte er es sich auf dem Sofa
vor Stuhrs Haustür bequem und kuschelte sich an ein Sofakissen. Mit schönen Gefühlen
duselte er ein. Den aufkommenden Nieselregen nahm er schon nicht mehr wahr.
Der letzte Mohikaner
Kommissar Hansen war im Verwaltungsgebäude
der Neumünsteraner Stadtwerke entschwunden. Er wollte unbedingt noch mit dem Werkschutzleiter
Fries sprechen.
Stuhr war
nicht klar, was das Gespräch bringen sollte. Zudem ging ihm das Gespräch mit Meyer-Riemenscheidt
nicht aus dem Kopf. Er musste nach dem Telefonat schlafende Hunde geweckt haben.
Ob Dreesen herausbekommen konnte, mit wem er anschließend Gespräche geführt hatte?
Oh, Gott.
Der Umzug. Die Meute musste verdurstet sein. Zum Glück musste Stuhr nicht lange
warten, bis Oberkommissar Stüber seinen Golf auf das Gelände der Neumünsteraner
Stadtwerke lenkte. Er bedankte sich und beeilte sich, vom Hof zu kommen. An der
Ausfallstraße zur Autobahn bemerkte er einen Getränkeabholmarkt. Kurzerhand bugsierte
er seinen Wagen zum Geschäft und kaufte drei Kästen Bier für seine Umzugstruppe.
Skeptisch
schaute er zum Himmel. Von Südwesten zogen dunkle Regenwolken auf. Bestand Gefahr
für seinen Umzug? Egal. Noch eine gute Viertelstunde, und dann wäre er wieder zurück
bei seiner Truppe. Er gab Gas.
Das Handy
klingelte. Es war sein ehemaliger Kumpel vom Tiefbau. »Du, der Berni hat einen Unfall
mit dem Transporter gebaut. Sieht nicht besonders gut aus.«
Stuhr erschrak.
Hätte er nicht besser selbst fahren sollen? »Mein Gott. Wo seid Ihr denn jetzt?
Städtisches Krankenhaus?«
Die Antwort
kam zögerlich. »Nicht direkt. Eher gegenüber. Wir haben auf den Schreck erst einmal
einen Kleinen genommen. Anti-Schocktherapie.«
»Hat es
Berni übel erwischt?«
»Ja. Ist
schließlich nie lustig, wenn der Lappen weg ist. Zumal er sich ja mehr oder weniger
für dich geopfert hat.«
Stuhr trommelte
wütend aufs Lenkrad. »Großer Schaden?«
Berni wischte
die Nachfrage weg. »Ja, es hat ordentlich gekracht. Aber das ist doch egal bei einer
Vollkaskoversicherung.«
Im Prinzip
hatte Berni mit dem Fahrzeug recht, aber der Transport seiner Möbel war nicht versichert.
Was sollte es? Irgendwie war der Tag vergurkt.
»Um uns
musst du dir keine Gedanken machen, Stuhr. Wir kommen schon klar. Aber deine Hilfstruppen
sind kurz vor dem Verdursten.«
Wer wusste
das besser als Stuhr? Nachdenklich beendete er das Gespräch, zumal die Auffahrt
auf die Autobahn seine Konzentration verlangte.
Endlich konnte er wieder Gas geben.
Erstaunlich, was der alte Golf noch leistete. Warum sollte er sich einen Neuwagen
kaufen? Nur wegen Jenny? Nein.
Ein unruhiges
Geräusch aus dem Motorraum schreckte ihn aus seinen Gedanken hoch. Was konnte das
sein? Mit Hängen und Würgen schaffte er es, den
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