Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Bildungshintergrund
leider nur von A bis Franzensbad anreichern konnten, eine solide Grundlage für die
Stabilität des neuen Möbelstücks. Ansonsten hatte er zurzeit nur noch die beiden
pastellfarbenen Bücher zum Bestücken. Frauenromane. Ja, und? Das Lesen solcher Publikationen
an sich war nicht verwerflich, und warum sollte ein emanzipierter Mann wie er nicht
diese Bücher einstellen?
Sein Handy
klingelte. Vorsichtig lugte er zum Display, um die Nummer zu betrachten. Es war
Jenny. Stuhr legte die Bücher beiseite und nahm das Gespräch an.
»Geht es
dir gut, Helge?« Jennys Stimme klang besorgt.
Jenny! Stuhr
liefen eiskalte Schauer über den Rücken. »Geht so. Und dir?«
Ihre Stimme
klang gepresst. »Na ja, es war ja alles nicht so einfach und ist es immer noch nicht.
Es hat schon vieles gepasst zwischen uns.«
Stuhr sank
entwaffnet auf seinen Sessel. »Ja, alle haben gesagt, dass wir ein schönes Paar
sind.«
»Es war
Liebe auf den ersten Blick, Helge.« Jenny schluchzte.
Dem wollte
Stuhr nicht widersprechen. »Unsere Finger konnten nicht mehr voneinander lassen.
Eine schöne Zeit, Jenny.«
Jenny fand
ihre Sprache wieder. »Ja, eine wirklich schöne Zeit, Helge. Das Brennen in unseren
Herzen brachte das Feuer zum Lodern. Ich kann dich nicht vergessen.«
Stuhr schluckte.
»Ich habe dich nie vergessen, Jenny. Man weiß immer erst, was man gehabt hat, wenn
man es nicht mehr hat.«
»Ein wahres
Wort, Helge. Du scheinst ja richtig zur Vernunft gekommen zu sein.«
Stuhr blickte
skeptisch auf die beiden pastellfarbenen Büchlein. »Ich gebe mir Mühe, Jenny. Ich
stelle mich zunehmend den Realitäten.«
»Gut so,
Helge. Auch wenn es mir weh tut. Ich weiß, worauf du anspielst: deine Tochter.«
Aha, es
wurde also doch noch ein Verhör.
»Tochter
kann man nicht sagen. Ich habe bisher keine Aufforderung zu einem Vaterschaftstest
von Angelika erhalten.«
»Aber Helge.
Bevor wir beide wieder ins Reine kommen können, müssen diese Altlasten endgültig
geklärt sein. Ich möchte nie wieder um dich zittern. Dann bleibe ich lieber solo.«
Stuhr wurde
ein wenig ungehalten. »Mensch, Jenny. Das mit Angelika ist mehr als zehn Jahre her.
Wer außer ihr behauptet, dass ihre Tochter mein Kind ist?«
»Ich. Deine
Angelika hat mir ein Foto von ihrer kleinen Sophie übermittelt. Sie sieht dir recht
ähnlich.«
Das hatte
Stuhr zwar auch schon festgestellt, aber er musste gegen Jennys forsche Art vorgehen.
»Und deswegen denkst du gleich, dass ich ihr Vater bin?«
»Ja. Im
Übrigen kannst du doch ganz einfach feststellen lassen, ob du der Vater bist. Warum
wartest du darauf, dass dieses obskure Weib dich zum Vaterschaftstest auffordert?«
Weil Stuhr
nie Vater werden wollte. Er musste versuchen, das Gespräch in eine andere Richtung
zu lenken.
»Jenny,
ich stelle mich der Verantwortung. Ich war bereits in ihrer Schule, dort gab es
eine Feier. Sophie spielt in der Schulband.«
»Und? Hast
Du mit ihr gesprochen?«
Stuhr musste
strategisch denken. Eine Notlüge musste her, aber was tat man nicht alles für die
Liebe? »Ja, ich habe mit Sophie gesprochen.«
Jenny begann
zu schluchzen. »Helge, dafür bewundere ich dich aufrichtig. Es muss ein schwerer
Gang für dich gewesen sein. Wie hat Sophie auf dich reagiert?«
Jetzt traten
Schweißperlen auf Stuhrs Stirn. Die Tretmine war ausgelegt.
»Nun, Sophie
ist ein sehr fröhliches, aufgewecktes Mädchen. Sie steht mit beiden Beinen fest
im Leben.« Hoffentlich bohrte Jenny nicht weiter nach.
Zum Glück
fing sich Jenny wieder. »Helge, ich finde es gut und wichtig, dass du mit ihr gesprochen
hast. Du hast dich geändert. Zum Guten, endlich.«
Das war
die Gelegenheit, einen taktischen Gegenangriff zu starten. »Und wenn ich tatsächlich
ihr Vater bin. Was dann? Dich würde ich vermutlich niemals wiedersehen. Es gibt
doch mehr, als nur Vater zu sein.«
Es blieb
erstaunlich still am anderen Ende. »Vielleicht Mutter zu sein. Ein wenig jedenfalls,
für deine Tochter. Ich hätte auch gerne ein Kind gehabt.« Jenny begann wieder zu
schluchzen.
Hatte sich Stuhr die falschen Bücher
besorgt? Das konnte doch nicht ihr Ernst sein.
Sie legte
nach. »Meine Männer wollten nie ein Kind. Sie wollten immer nur ins Bett mit mir.
Genau wie du.«
Das schlechte
Gewissen stieg in Stuhr hoch. Dabei hatte er sie unendlich geliebt. Aber aus den
Frauenromanen wusste er, dass das ein umstrittenes und heikles Thema zwischen den
Geschlechtern war. Er musste irgendwie die Kurve
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