Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
war lapidar. »Trommeln Sie doch Ihre Tagelöhner zusammen.«
»Danke für
den Tipp, Stüber.« Hansen beendete angesäuert das Gespräch.
Jetzt schien der Fall eine echte
Chefsache zu werden, nämlich seine eigene, wenn er den Arm des Gesetzes von der
Erstürmung des Laboer Ehrenmals noch abhalten wollte. Hansen entschloss sich in
seiner Not, Petra Bester anzurufen und sie zu unterrichten. Vielleicht hatte sie
ja die rettende Idee.
Sie meldete
sich sofort, aber ihre Stimme klang gestresst. »Tag, Kommissar. Schon wieder vom
Handy aus?«
»Ja klar,
bei uns in der Direktion haben die Wände Ohren.«
»Ich weiß,
Hauptkommissar. Das sind Sie doch, oder?«
Hansen stutzte.
»Ja, das ist mein Titel, aber ich lasse mich nur ungern damit anreden. Wieso fragen
Sie danach?«
»Weil wir
ein neues Dossier per Mail erhalten haben, in dem mit vielen pikanten Details angereichert
die Behauptung aufgestellt wird, dass Ihr Chef Magnussen diesen Meyer-Riemenscheidt
gedeckt hat. Wir können das nicht veröffentlichen, weil es noch verifiziert werden
muss, aber wir haben deswegen eine Anfrage beim Innenministerium als Aufsichtsbehörde
der Kieler Polizeidirektion gestellt. In dem Dossier werden Sie mit Ihrer vollständigen
Amtsbezeichnung erwähnt. Es muss also ein fachkundiger Mensch sein, der das aufgeschrieben
hat.«
»Frau Bester, es stimmt, was Sie
über Meyer-Riemenscheidt erfahren haben. Die Mutter von ihm hat ausgesagt. Sie wird
alles beeiden. Wir müssen den Wahnsinn stoppen!«
Petra Bester
fragte nach. »Welchen Wahnsinn? Jetzt wird hoffentlich Ihrerseits ganz normal weiter
ermittelt und dann …«
Der Kommissar
unterbrach sie. »Falsch. Magnussen hat das Sondereinsatzkommando auf Korschunow
und Denisow angesetzt. Der Showdown soll in wenigen Minuten auf dem Laboer Ehrenmal
stattfinden.«
Die Verlegerin
unterbrach das Gespräch und erteilte auf einer anderen Leitung Befehle. Dann war
sie wieder in der Leitung. »Entschuldigung, Kommissar. Der Redaktionsleiter soll
Dampf bei der Landesregierung machen. Ich habe außerdem zwei Redakteure und einen
Fotografen losgeschickt, um die Lage in Laboe vor Ort abzuklären. Ich würde gern
hinterher fahren, aber dann müssten Sie mir einen Termin abnehmen. Sie können ja
sowieso schlecht etwas gegen Ihren eigenen Chef unternehmen, oder?«
Hansen war
sich seiner Machtlosigkeit bewusst. Er willigte ein.
»Kommissar,
Sie müssen für mich nach Blankenese fahren. Die Regionalchefs der vier großen Energieversorger
treffen sich heute dort im Restaurant auf dem Süllberg. Sie haben mich um ein vertrauliches
Gespräch gebeten, um deutlich zu machen, dass sie nicht in die Vorfälle der letzten
Wochen verstrickt sind. Sie wollen keinen Ärger mit der Polizei. Ich würde den Herren
mitteilen, dass Sie zu einem vertraulichen Gespräch bereit wären.«
Der Kommissar
überlegte. Das könnte in der Tat interessant werden, den Energiemultis auf den Zahn
zu fühlen. In einer guten Stunde könnte er in Blankenese sein.
Petra Bester
hatte aber noch eine Überraschung für ihn parat: »Ganz unter uns, Kommissar Hansen.
Nach eingehender Analyse vermuten wir, dass die uns übersendeten Dossiers von diesen
vier großen Energieversorgern zusammengestellt worden sind, um die Stimmung in der
Bevölkerung zugunsten der Multis zu verbessern. Ich übersende Ihnen das zweite Dossier
vertraulich ins Büro, einverstanden?«
Hansen stimmte
zu. Er beschloss, dass umfangreiche neue Dossier auf der Fahrt mit halbem Auge zu
lesen.
Jagdsaison
nnnnnnnnAn diesem verregneten grauen
Nachmittag war der Parkplatz vor dem überdimensionalen backsteinernen Laboer Ehrenmal
wie ausgestorben, das Oleg Korschunow an seine geliebten vaterländischen Monumente
im russischen Reich erinnerte. Die Türen zum Gelände standen weit offen, nicht einmal
das Kassenhäuschen war besetzt. Man rechnete zu dieser Stunde vermutlich nicht mehr
mit Besuchern.
Das kam
Oleg Korschunow sehr gelegen, denn er wollte nicht erkannt werden. Federnd übersprang
er die flachen Stufen zum Turmeingang und öffnete die Tür.
Andere Touristen
würden den Fahrstuhl wählen, aber er wollte keinem Fahrstuhlführer ins Auge sehen,
der ihn später identifizieren könnte. So ging Korschunow auf die in schwindelerregende
Höhe führende Treppenanlage zu, die an der einzigen rechtwinkligen Wandfläche des
L-förmigen Innenraums des Denkmals verankert war und zur Aussichtsplattform führte.
Verbissen kämpfte er sich die Treppenstufen hoch,
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