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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Hand hatten.«
    Eine Weile schwiegen beide. Kullmann wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Kommen wir nun zu Hübner! Welches Motiv hatten Sie, den Kollegen zu erschießen, mit dem Sie nach Nimmsgern zusammengearbeitet haben?«, fragte Kullmann.
    »Hübner hätte meinen Plan zunichte gemacht, indem er Robert Spengler festnehmen wollte. Und das natürlich auf eigene Faust. Immerhin stand eine Beförderung aus, auf die war jeder scharf; auch Hübner.«
    »Warum wollten Sie Robert Spenglers Verhaftung durch Hübner verhindern, die Sie zu einem späteren Zeitpunkt selbst vorgenommen haben?«, verstand Kullmann das Motiv nicht.
    »Ganz einfach: Im Verhör wäre mit Sicherheit herausgekommen, dass Robert nicht der Täter war. Das musste ich verhindern, weil ich Robert für meine Pläne als Verdächtigen gebraucht habe.«
    »Den eigenen Bruder?«
    »Halbbruder!«, korrigierte Esche sofort.
    »Trotzdem muss ich an Kain und Abel denken!« Kullmann schüttelte sich bei dem Gedanken. »Was hat sich geändert, als Sie Ihren Halbbruder selbst festgenommen haben?«
    »Zu dem Zeitpunkt wusste ich genau, was zu tun war«, antwortete Esche.
    »Die Tatwaffen in Roberts Mülltonne deponieren!«, kombinierte Kullmann.
    »Genau das!«
    »Wäre das nicht auch möglich gewesen, als Hübner Robert festnehmen wollte?«
    »Nein! Dann wäre Hübner zur Hausdurchsuchung mitgenommen worden und nicht ich!«
    Entsetzt über die gnadenlose Geistesgegenwart seines Gegenübers nickte Kullmann. Ihn fröstelte und dankbar schaute er auf den Beamten, der zu seinem Schutz mitgekommen war.
    »Wie passt der Überfall auf Robert Spengler in dessen Wohnung in Ihren eiskalt ausgeklügelten Plan?«
    »Ich hatte ihn eigentlich schon am Auto abgefangen«, erklärte Esche. »Aber der Kerl hatte mehr Kraft, als ich erwartet hatte, und schaffte es, in seine Wohnung zu kommen. Also wollte ich ihn da rauszerren und irgendwo draußen erschießen. Schließlich sollte es aussehen, als habe Robert mich überrascht und ich in Notwehr gehandelt.«
    Kullmann nickte, weil diese Aussage seine Vermutung bestätigte.
    »Also doch die Wiederholung von Kain und Abel!«, überlegte Kullmann laut. »Wie kann man seinen Halbbruder nur so sehr hassen?«
    »Das kann man ganz leicht, wenn man die Hintergründe kennt«, murrte Esche.
    »Erklären Sie mir das genauer!«
    »Robert bekam in seinem Leben alles. Er war einfach das Glückskind und hat niemals irgendetwas tun müssen, um sich das zu verdienen, was er alles besaß«, begann Esche.
    »Ich höre Neid heraus«, stellte Kullmann schockiert fest. »Sie können nicht behaupten, dass Robert alles hatte, weil Sie es gar nicht beurteilen können. Das Einzige, was Sie beurteilen, ist das, was Sie sehen – nämlich die materielle Seite!«
    »Ja, und! Mein toller Vater hat sich nicht die Mühe gemacht, irgendwas für mich zu tun. Den Spaß mit meiner Mutter wollte er sich nicht nehmen lassen. Als er hörte, dass sie von ihm schwanger war, hat er sich aus dem Staub gemacht. Mit Alimenten glaubte er, uns abspeisen zu können. Den Plan habe ich ihm durchkreuzt.«
    »Seit wann wissen Sie, wer Ihr Vater ist? Ist Kurt Spengler auf Sie zugekommen?«
    »Nein! Spengler wollte von mir nichts wissen! Ich habe in den Unterlagen meiner Mutter den Eintrag auf den Vater gefunden. Das ist schon lange her. Zunächst konnte ich nicht viel damit anfangen, weil Spengler auf meine Bemühungen, Kontakt aufzunehmen, keine Anstalten machte. Aber dann geschah das Unvermeidliche mit seiner Frau Luise!«
    »Sahen Sie darin sogleich die Möglichkeit, Spengler zu erpressen?«, staunte Kullmann.
    »Nicht so direkt. Ich sah meine Chance gekommen und wollte mir das holen, was mir zusteht. Ich war genauso sein Sohn wie Robert!«
    »Und darum sollte Robert sterben?«
    »Nein, sein Tod war einfach nur wichtig, damit mein Plan auch funktionierte. Ich brauchte einen Polizistenmörder, und ein toter Mörder kann nichts mehr zu seiner Verteidigung sagen!«
    »Sie haben wirklich an alles gedacht. Aber wie wollten Sie die zertrümmerte Wohnung von Robert Spengler erklären?«, forschte Kullmann weiter.
    »Dazu hätte ich nichts gesagt. Es hätte doch in dieser Nacht vieles möglich sein können«, lachte Esche kalt.
    »Wäre das nicht ein bisschen viel Zufall?«
    »Nein! In der Zeitung stand doch von Wohnungseinbrüchen in der Wohngegend am Staden. Das wäre doch überhaupt nicht aufgefallen!«
    Kullmann erinnerte sich wieder an den kleinen, unauffälligen Zeitungsartikel.

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