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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Ermordung durfte nicht ungestraft bleiben. Sie hatte diesen Tod nicht verdient – sie hatte, wenn er es sich richtig überlegte – dieses trostlose Leben an der Seite eines Zockers nicht verdient. Aber damals hatte sie sich für Kurt entschieden und nicht für ihn. Obwohl Kullmann ein neues Lebensziel hatte, nämlich Martha, eine wunderbare Frau, so spürte er doch immer noch diese alte Wunde wie eine schmerzliche Niederlage.
    Das Verhör mit Kurt Spengler verlief im Sande. Kurt hatte seinen Anwalt für ihn sprechen lassen, dem es auch bestens gelungen war, keine Information preiszugeben. Lediglich den Beweis der Fingerabdrücke konnte der gewiefte Anwalt nicht zerreden.
    Kurt Spengler durfte nach einer Nacht im Untersuchungsgefängnis und einem halben Tag im Verhörzimmer zusammen mit seinem Anwalt das Büro wieder verlassen. Sein Gesichtsausdruck wirkte entmutigt, von seinem Kampfgeist war wenig geblieben.
    »Wer ist nun hier der klassische Verlierer?«, diese Frage konnte Kullmann sich nicht verkneifen. »Der kleine Teddybär ist wohl unterschätzt worden. Er hat nicht nur aufgemuckt, er hat den Spieß umgedreht!«
    Kurt Spengler schaute Kullmann resigniert an, konnte nichts entgegnen. Es waren seine eigenen Worte, mit denen Kullmann zurückschlug. Sein Anwalt ließ ihm keine Gelegenheit, noch in letzter Sekunde ein falsches Wort zu sagen und zerrte ihn unsanft hinaus aus dem Gebäude.
    Der Verlauf des Verhörs hinterließ bei Kullmann einen bitteren Nachgeschmack. Umso mehr erwartete er von der Befragung Esches. Dieser hatte auf einen Anwalt verzichtet. Kullmann würde mehr erfahren.
    Esche saß mit zwei geschienten Armen in dem anderen Verhörzimmer. Böse schaute er Kullmann entgegen, der mit Begleitschutz eintrat. Wegen der Schienen konnten Esche keine Handschellen angelegt werden, was Kullmann beunruhigte. Langsam trat er auf den Platz gegenüber von Esche zu und nahm innerlich Abschied von seinen alten Vorstellungen über diesen Mitarbeiter. Esche hatte ihn aufs Kreuz gelegt, hatte es geschafft, ihn zu blenden. Nichts von ihm war das, was er ursprünglich geglaubt hatte, in ihm zu sehen. Am unverzeihlichsten empfand er dabei Esches Übergriff auf Anke, die er selbst schutzlos gelassen hatte, weil er auf Esches Täuschung hereingefallen war. Bei dieser Vorstellung kam noch sein Ärger über sich selbst hinzu, dass er nicht imstande gewesen war, Esche zu durchschauen. Es war letztlich schade, dass Esche seine Fähigkeiten auf den falschen Weg gebracht hatte.
    »Herr Esche, Sie wissen, warum wir hier sitzen?«, begann Kullmann kurz und bündig.
    »Seit wann so formell?«, lachte Esche, wobei sein Versuch, locker zu wirken, fehlschlug. Verkrampft grinste er Kullmann an.
    »Seit sich unsere Rollen geändert haben. Ich bitte Sie, sich angemessen zu verhalten!«
    Esche schwieg. Sein Lachen erfror.
    Kullmann stellte sein Tonband ein und begann mit den üblichen Formalitäten, den Zeitpunkt, den Ort und die anwesenden Personen aufzuzählen. Dann begann er mit dem Verhör: »Sie haben sich gegen einen Anwalt entschieden. Das bedeutet, dass Sie bereit sind, auszusagen. Also stelle ich Ihnen jetzt meine Fragen und beginne mit dem Fall Walter Nimmsgern. Welches Motiv hatten Sie, den Kollegen zu töten?«
    Eine Weile blieb alles still, bis Esche begann: »Nimmsgern wollte mich anschwärzen, weil ich meine Informationen an meinen Bruder Ingo weitergab, der sie in die Zeitung setzte. Damit wäre meine Karriere beendet gewesen, und der Dickwanst hätte die Lorbeeren eingeheimst.«
    »Wie hat Nimmsgern erfahren, dass Sie Ihre Informationen an Ingo Weber weitergeben?«, fragte Kullmann.
    »Das war ein dummer Zufall! Ingo hatte bei mir angerufen und sofort losgeredet, ohne zu merken, dass Nimmsgern den Hörer abgehoben hatte und nicht ich!«
    »Das ist Ihr Motiv, einen Kollegen zu töten?«
    »Das war nicht meine einzige Sorge. Aus dieser Sache wäre ich bestimmt irgendwie wieder herausgekommen. Töten wollte ich Nimmsgern nicht – wirklich nicht!«
    »Sprechen Sie nicht in Rätseln! Sie haben mir meine Frage noch nicht beantwortet«, wurde Kullmann ungeduldig.
    »Also gut, dann fange ich wieder von vorne an: Ich habe gearbeitet, und Nimmsgern ist mit vollem Mund hinter mir hergelaufen, weil er nichts kapiert hatte. Als endlich die Durchsuchung von Kurt Spenglers Haus angesagt wurde und auch die Mannschaft der Spurensicherung vor Ort anrücken sollte, hatten Sie mir aufgetragen, das Verhör mit Kurt Spengler durchzuführen.

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