Kullmann
habe. Die Perfektion, mit der du deine Arbeit durchführst, ist es, was eine wirklich gute Polizeiarbeit ausmacht. Wer weiß, vielleicht kommen wir tatsächlich auf diesem Weg der Aufklärung ein gutes Stück näher.«
Jürgen wurde ganz verlegen, weil Kullmann ihn noch nicht oft gelobt hatte.
Sie fuhren zurück zum Landeskriminalamt, wo Kullmann seinen Kollegen absetzte und gleich weiterfuhr. Für diesen Tag hatte er sich vorgenommen, die Bankkonten von Kurt Spengler zu überprüfen. So vielversprechend die neuen Ermittlungen waren, so sehr wurde nun auch sein Ehrgeiz angestachelt, endlich den Fall Luise Spengler zu lösen.
Diese Nachforschungen würden sehr zeitaufwendig und mühsam werden. In diesem Moment vermisste er Anke sehr, die ihm oft allein dadurch half, dass sie ihn aufheitern konnte. Ihn plagte sein Gewissen, sie zu hart angefasst zu haben. Insgeheim gestand er sich ein, dass ihn möglicherweise sein persönlicher Ärger darüber, dass sie sich ihm gegenüber so verschlossen zeigte, verleitet hatte. Aber warum sollte sie sich ihm anvertrauen, er war ihr Chef und nicht ihr Freund oder Vater? Närrisch hatte er sich verhalten und dafür wollte er sich bald bei ihr entschuldigen. Wollny, der den Vorgang kannte, hatte mit keinem Wort erwähnt, dass Anke einen Fehler gemacht hatte, also stand der Wiederaufnahme ihrer Arbeit nichts im Wege.
In Kurt Spenglers Bank hatte Kullmann die Unterlagen bekommen, die er für seine Ermittlungen benötigte. Mit einem Stapel Unterlagen unter dem Arm kehrte er an seinen Arbeitsplatz zurück, um dort in aller Ruhe alles durchzusehen. Er wusste, dass eine zähe und aufwendige Arbeit vor ihm lag. Als er am späten Abend mit stolzer Genugtuung aufatmete, hatte sich die Mühe gelohnt.
Kurt Spengler war hoch verschuldet! Bis vor zwei Jahren hatte er immer wieder beachtliche Summen von den Konten seiner Frau abgehoben. Dann hatte Luise ihm diese Möglichkeit abgeschnitten, indem sie ihm die Vollmacht über ihre Konten entzogen hatte. Seitdem befand er sich finanziell in großen Schwierigkeiten. In regelmäßigen Abständen wurden gewaltige Summen von seinem Konto abgehoben, ohne eine Angabe des Verwendungszwecks. Aber nur selten kam wieder Geld zurück.
Nun hatte Kullmann endlich das gefunden, was ihm weiterhalf: Kurt Spengler hatte ein Motiv, seine Frau zu töten! Er brauchte dringend einen ungehinderten Zugriff auf ihr Vermögen. Aber es war nur ein Indiz, einen Beweis hatte er nicht. Seine innere Stimme sagte ihm, dass Nimmsgern diesen Beweis gehabt hatte und deshalb sterben musste.
In Steven Dienhardt auch Nimmsgerns Mörder zu sehen, fiel ihm schwer, weil die beiden miteinander verwandt waren. Obwohl Dienhardt seiner Ablehnung gegenüber der Polizei genügend Ausdruck verliehen hatte, sah Kullmann keinen kaltblütigen Serienmörder in dem Jungen, der selbst vor der eigenen Verwandtschaft nicht haltmachte.
Also stand nun eine weitere Frage im Raum: Hatte Kurt Spengler den Kollegen Nimmsgern ebenfalls getötet, um seine Haut zu retten? Ein Motiv für den Mord an Nimmsgern hatte Kurt Spengler aber nur, wenn er wirklich der Mörder seiner Frau war. Mit jeder neuen Spur, die sie fanden und der sie nachgingen, tauchten noch mehr Fragen auf, überlegte Kullmann und rieb sich seine überanstrengten Augen.
Es war früher Nachmittag, als er mit seinen Ermittlungen fertig war und er beschloss, zu Kurt Spengler aufzubrechen. Inzwischen war es sommerlich warm geworden, weshalb Kullmann sein graublaues Jackett aus Baumwolle gegen ein leichtes Leinensakko tauschte, damit er bei dem bevorstehenden Gespräch nicht in Schweiß ausbrach.
Kurt Spenglers Haus lag im Stadtteil Rotenbühl auf einem Hügel in einer kleinen, ruhigen Straße, die Am Stadtwald heißt. Als er dort ankam, überkam ihn ein sehr unbehagliches Gefühl. Dieses Haus war kein gewöhnliches Haus, es war eine prunkvolle Villa im neugotischen Baustil, dessen asymmetrische Form mit Giebeln, Erkern und Balkonen den Blick auf sich zog. Ornamente zierten den Eingang. Zwei Säulen und ein darüberliegender Balkon mit schmiedeeisernem Geländer bildeten einen prächtigen Rahmen, der mit einer bunten Blumenpracht geschmückt war. Das Dach bestand aus mehreren Ziertürmchen und Giebelfenstern. Luise war aus einem dieser verspielt aussehenden Fenster rücklings herausgestürzt, fiel Kullmann plötzlich ein, was ihm aufs Herz drückte. Die Anlage um das Haus herum befriedigte höchste Ansprüche moderner Gartengestaltung,
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