Kullmann
sie erschossen wurden?«
»Wenn du nichts getan hast, hast du auch nichts zu befürchten. Also, du kommst morgen früh einfach vorbei und machst deine Aussage. Wo ist das Problem?«
»Okay, ich bin morgen da!«, lenkte Steven nun doch ein.
Jürgen schrieb ihm Ort und Zeitpunkt für die Befragung auf und daraufhin verließen sie die kleine Wohnung wieder.
»Hältst du es für möglich, dass er der Polizistenmörder ist?«, fragte Jürgen, als sie in dem klapprigen alten Aufzug standen und innigst hofften, dass dieses alte Gebilde sie heil nach unten bringen würde.
»Ich weiß es nicht! Dieser Junge ist noch ein Kind, bei dem es mir schwer fällt, in ihm einen Mörder zu sehen. Allerdings ist er sehr trotzig und unbeherrscht, was mir wiederum nicht an ihm gefällt.«
»Ich höre Zweifel in deiner Stimme!«, hakte Jürgen nach.
»Zweifel gibt es immer solange, bis alles bewiesen ist. Leider sind die Beweise in diesen Fällen äußerst dürftig! Mich beschäftigt die Tatsache, dass alle Kollegen mit äußerster Präzision getötet worden waren. Der Täter hatte nichts dem Zufall überlassen, was also einen Mord im Affekt ausschließt. Dem Jungen traue ich diese überlegten Handlungen in seinem hitzigen Kopf einfach nicht zu. Wenn wir von ihm kein Geständnis bekommen, wird es schwer, ihm diese Taten nachzuweisen!«
»Wenn weder Robert Spengler noch Steven Dienhardt ein Geständnis ablegen, stehen wir wieder am Anfang!«, überlegte Jürgen.
»Was Robert Spenglers Beteiligung an den Polizistenmorden betrifft, so habe ich meine Zweifel. Warum sollte er sich sein Leben gerade jetzt zerstören, nachdem es durch diese Erbschaft erst richtig lebenswert geworden ist? Nur leider hat er ein Motiv, das ich nicht außer Acht lassen kann!«
»Wenn Steven Dienhardts Schilderungen zutreffen, dass Nimmsgern ihm die Namen der beiden unter die Nase gerieben und anschließend nichts mehr unternommen hat, hat er ebenfalls ein Motiv für alle drei!«, bestimmte Jürgen.
Grimmig fügte Kullmann an: »Warum sind wir nur nicht schon viel früher auf den Jungen gestoßen?«
»Vermutlich, weil niemand die Bedeutung der Akte Dienhardt kannte, als wir Nimmsgerns Sachen durchsucht haben«, überlegte Jürgen.
»Das stimmt ja auch wieder nicht. Hübner hätte doch sofort reagieren müssen«, widersprach Kullmann.
Jürgen stutzte.
Sie blieben kurz stehen und schauten sich an, bevor Kullmann anfügte: »Wenn es wirklich stimmt. Sollte es sich um falsche Anschuldigungen handeln, ist es kein Wunder, dass Hübner nicht reagiert hat.«
Sie setzten ihren Weg zum Auto fort.
Esche!, schoss es Kullmann durch den Kopf. Er war dabei, als Nimmsgern mit Steven Dienhardt gesprochen hatte, und somit der Einzige, der das Verbindungsglied zwischen allen getöteten Polizisten gekannt hatte.
»Dann hat Esche die Akte Dienhardt gekannt. Aber warum hat er nicht etwas erwähnt?«, staunte Kullmann.
»Das müssen wir ihn wohl selbst fragen«, meinte Jürgen, weil er darauf auch keine Antwort wusste.
Ein wichtiges Beweisstück war durch die Nachlässigkeit eines Kollegen, den Kullmann immer sehr geschätzt hatte, in der Asservatenkammer gelandet, wo man es vergessen hätte, wäre Jürgen bei seinen Ermittlungsarbeiten nicht zufällig wieder darauf gestoßen. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
»Wie bist du überhaupt auf diese Akte gestoßen?«, fragte er Jürgen. Die Sonne stand hoch am Himmel, es herrschten sommerliche Temperaturen. Rasch zog Kullmann sein graublaues Jackett aus und schwang es über seine rechte Schulter. »Für dieses Wetter bin ich einfach zu warm angezogen«, stellte er fest, während er sich umständlich daran machte, die Ärmel seines blauen Hemdes hochzukrempeln.
Jürgen blieb davon völlig unberührt. Er trug wie gewohnt seinen kombinierten Anzug, der tadellos saß. Über Hitze oder Kälte beklagte er sich nie. Er überging Kullmanns letzte Bemerkung und knüpfte an die davor gestellte Frage an: »Du hattest Esther und mir den Auftrag gegeben, nach Leuten zu suchen, die mit Polizisten in Konflikt geraten sind und sich dadurch verdächtig gemacht haben. Dabei sind wir darauf gestoßen. In Steven Dienhardts Akte stand, dass er sich verbal sehr negativ über die Polizei geäußert hatte. Das war einer von vielen Fällen, aber da ich alle Fälle genau überprüft habe, konnte mir Steven Dienhardt einfach nicht entgehen!«
Kullmann klopfte ihm sofort auf die Schulter und meinte lobend: »Ich wusste schon immer, was ich an dir
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