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Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Titel: Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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anrief, um mir zu
sagen, daß er aufgehalten worden sei; er wußte, daß
ich das Terminal in der Wohnung zurückgelassen hatte, deshalb
konnte er mich nicht direkt anrufen. Aber würde er meinen Namen
durch einen ganzen großen Bahnhof tönen lassen, wenn er
wußte, daß ich versuchte, mich leise und unbeobachtet aus
dem Staub zu machen? Nahm er das Ganze noch immer so sehr auf die
leichte Schulter? Ich wollte das Gespräch nicht entgegennehmen.
Ich wollte nicht einmal darüber nachdenken.
    Mein Zug sollte in zehn Minuten abfahren; ich hob meine Tasche
hoch. Die Bahnhofsaufsicht ließ mich noch einmal ausrufen, und
diesmal nannte sie Mausts Namen. Ich hatte also keine Wahl.
    Ich ging an den Informationsschalter. Es war ein
Sichtbildanruf.
    »Wrobik«, seufzte Kaddus und schüttelte den Kopf.
Er befand sich in irgendeinem Büro; in einer unbekannten,
nichtssagenden Umgebung. Maust stand blaß und verängstigt
direkt hinter Kaddus’ Stuhl. Cruizell stand dicht hinter Maust
und grinste über dessen schlanke Schulter hinweg. Cruizell
bewegte sich leicht, und Maust zuckte zusammen. Ich sah, daß er
sich auf die Lippe biß. »Wrobik«, wiederholte Kaddus.
»Wohin reist du so plötzlich ab? Ich dachte, wir
hätten eine Verabredung, oder nicht?«
    »Ja«, sagte ich leise und blickte Maust in die Augen.
»Wie dumm von mir. Ich verschiebe meine Reise… für ein
paar Tage. Maust, ich…« Der Bildschirm wurde grau.
    Ich drehte mich langsam in der Fernsprechzelle um und sah meine
Tasche an, in der die Pistole war. Ich hob die Tasche an. Mir war
bisher gar nicht aufgefallen, wie schwer sie war.
     
    Ich stand im Park, umgeben von tropfenden Bäumen und
ausgewaschenen Steinen. Wege, die in dem ausgefahrenen Boden angelegt
waren, führten in verschiedene Richtungen. Die Erde roch warm
und feucht. Ich blickte von der höchsten Stelle einer sanft
ansteigenden Böschung hinunter, wo Vergnügungsboote in der
Abenddämmerung dahinglitten und sich die Lichter auf dem stillen
Wasser des Bootsteichs spiegelten. Das in Richtung Sonnenuntergang
liegende Stadtviertel bildete in der Ferne eine dunstige Plattform
aus Licht. Ich hörte Vögel, die in den Bäumen um mich
herum sangen.
    Die Positionslampen der V-Bahn stiegen wie ein Band aus blitzenden
roten Perlen in den blauen Abendhimmel; die Gipfelstation der V-Bahn
leuchtete hundert Kilometer über mir noch ungetrübt im
Sonnenschein. Laserstrahlen, normale Suchscheinwerfer und chemische
Feuerwerke erleuchteten allmählich den Himmel über den
Parlamentsgebäuden und dem Großen Platz der Inneren Stadt;
ein Schauspiel zur Begrüßung des zurückkehrenden
siegreichen Admirals, und vielleicht auch des Botschafters der
Kultur. Ich konnte das Schiff bis jetzt noch nicht sehen.
    Ich setzte mich auf einen Baumstumpf und zog den Mantel fester um
mich. Die Pistole war in meiner Hand; eingeschaltet, betriebsbereit,
richtig eingestellt, klar zum Schuß. Ich hatte versucht,
gründlich und professionell vorzugehen, als ob ich
wüßte, was ich tat; ich hatte sogar ein gemietetes
Motorrad in einem Gebüsch auf der anderen Seite der
Böschung zurückgelassen, in der Nähe der belebten
Hauptpromenade. Vielleicht glückte mir sogar dieses Unternehmen.
Das redete ich mir jedenfalls ein. Ich warf einen Blick auf die
Pistole.
    Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, sie zu benutzen, um Maust zu
befreien oder vielleicht um mich selbst umzubringen; ich hatte sogar
erwogen, sie zur Polizei zu bringen (eine andere, langsamere Form des
Selbstmordes). Ich hatte sogar in Betracht gezogen, Kaddus anzurufen
und ihm zu sagen, daß ich sie verloren hätte, daß
sie nicht funktionierte, daß ich keinen Mitbürger der
Kultur töten könnte – irgend etwas. Aber
schließlich… – nichts.
    Wenn ich Maust zurückhaben wollte, mußte ich tun,
worauf ich mich nun mal eingelassen hatte.
    Etwas glitzerte am Himmel über der Stadt; ein Muster aus
herabfallenden goldenen Lichtern. Das Licht in der Mitte war heller
und größer als die anderen.
    Ich hatte geglaubt, keinerlei Gefühl mehr zu haben, doch ich
empfand einen scharfen Geschmack im Mund, und meine Hände
zitterten. Vielleicht konnte ich mich in Raserei versetzen, wenn das
Schiff gelandet war, und auch die V-Bahn angreifen, das ganze Ding am
Boden zerschmettern lassen. (Oder würde ein Teil davon in den
Raum davontrudeln? Vielleicht sollte ich es schon deshalb tun, um das
herauszufinden.) Ich könnte die halbe Stadt von meinem
Standpunkt aus bombardieren (zum Teufel,

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