Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur
wenn er nicht tot ist und wenn er heute abend aus
dem Fenster sieht (und endlich mal seine Brille geputzt hat), dann
frage ich mich, ob er wohl…
(FUNDSTÜCK PP/SACH-NO. 29271, BERGUNG PLANQUADRAT NY 241770,
14.35/24. 12. 88. A4-NACHFÜLL-SCHREIBBLOCK,
TEILGEGENSTAND, IN EINZELNEN FETZEN.)
Der letzte Stand
der Kunst
1: Entschuldigungen und Beschuldigungen
Parharengyisa
Listach
Ja’andeesih
Petrain
dam Kotosklo
(Standort gleichlautend wie Name)
Rasd-Codurersa
Diziet
Embless
Sma
da’Marenhide
(c/o SBG),
2.288-93
Sehr geehrter Mr. Petrain,
ich hoffe, Sie vergeben mir, daß ich Sie so lange habe
warten lassen. Beigefügt erhalten Sie – endlich! – die
Informationen, um die Sie mich schon vor so langer Zeit gebeten
haben. Mein persönliches Wohlergehen, nach dem Sie sich so
freundlich erkundigen, entspricht meinen kühnsten Erwartungen.
Wie Ihnen vermutlich zu Ohren gekommen ist und wie Sie zweifellos aus
meinem oben angeführten Standort (bzw. an dem Fehlen eines
solchen) ersehen, gehöre ich nicht mehr zum Kontakt Ordinaire, und meine Stellung innerhalb der Sektion Besondere
Gegebenheiten ist so geartet, daß ich gelegentlich meine
gegenwärtige Adresse für beträchtliche Zeitspannen
aufzugeben gezwungen bin, häufig innerhalb einer Frist von nur
wenigen Stunden, während derer ich meine persönlichen
Vorbereitungen für alle möglichen
außergewöhnlichen Unternehmungen treffen muß.
Abgesehen von diesen sporadischen Ausflügen führe ich ein
Leben in müßigem Luxus in dem anspruchsvollen Stadium Drei
bis Vier (kontaktfrei), in dem ich sämtliche Annehmlichkeiten
eines interessanten, um nicht zu sagen exotischen fremden Planeten
genieße, der ausreichend entwickelt ist, um einigermaßen
zivilisierte Umgangsformen zu gewährleisten, ohne allzusehr
unter der globalen Gleichheit zu leiden, die so häufig mit einem
derartigen Fortschritt einhergeht.
Mein Leben verläuft also in recht erfreulichen Bahnen, und
wenn ich zu einem Auftrag abberufen werde, dann erscheint mir das
eher wie ein Urlaub und nicht wie eine störende Unterbrechung.
Genaugenommen ist mir der einzige Dorn im Auge ein Gerät der
Bauart Drohne aus dem Bereich Offensive, das mit einem
übersteigerten Selbstwertgefühl ausgestattet ist und dessen
übertriebene Sorge um meine körperliche Sicherheit, wenn
nicht gar um meinen Seelenfrieden, mir häufiger Anlaß zum
Ärger als zum Wohlergehen gibt (meine Theorie geht dahin,
daß die Sektion Besondere Gegebenheiten sich besonders solche
Drohnen aussucht, deren unverwüstliche Kampfeslust sie in der
Vergangenheit zu irgendeiner Handlung von übermäßiger
Gewalttätigkeit getrieben hat; von diesen pathologischen
Apparaten läßt sie dann die menschlichen Mitglieder von
SBG erfolgreich bewachen, oder sie macht sie gar zu einem Teil von
diesen. Aber das nur nebenbei.)
Jedenfalls, die Abgeschiedenheit meiner Siedlung und die Tatsache,
daß ich mich während der vergangenen hundert Tage oder so
auf keinem Planeten aufgehalten habe (wohingegen ich natürlich
ständig in Drohnenbegleitung war), sowie die Verzögerung
durch das Stöbern in meinen Notizen und das Graben in meiner
Erinnerung nach so vielen Gesprächsfetzen und so viel
›Atmosphäre‹, wie ich nur aufspüren konnte, und
dann das Grübeln darüber, wie ich die Ergebnisse am besten
übermitteln könnte… Nun, all das hat eine geraume Zeit
in Anspruch genommen, und um ehrlich zu sein, der gleichförmige
Ablauf meines derzeitigen Lebens hat mich nicht beflügelt, die
Erledigung der Aufgabe so energisch voranzutreiben, wie ich es gern
getan hätte.
Es freut mich zu hören, daß Sie nur einer von vielen
Gelehrten sind, die sich auf das Studium der Erde spezialisiert
haben; ich habe diesen Planeten immer schon der eingehenden
Erforschung für wert gefunden, und vielleicht können wir
sogar von ihm lernen. Gern überlasse ich Ihnen also
sämtliche Informationen, die möglicherweise zur Erhellung
des Hintergrundes dienlich sein könnten, und ich bitte im voraus
um Verzeihung, wenn irgend etwas, das ich erwähne, sich
wiederholt; aber obgleich ich mich so streng, wie es die Erinnerung
(maschinell und menschlich) erlaubt, an das gehalten habe, was vor
hundertundfünfzehn Jahren tatsächlich geschehen ist, habe
ich nichtsdestoweniger ebenfalls versucht, die Darstellung der
folgenden Ereignisse und Eindrücke einerseits so
allgemeingültig und andererseits so persönlich wie
möglich zu
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