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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wäre den mittelalterlichen Künstlern nie in den Sinn gekommen. Nacktheit war Sünde. Die Qualität mittelalterlicher Maler lässt sich am besten mit einem Blick auf die hochgeschlossenen Gewänder beurteilen. Je kunstvoller der Faltenwurf, desto besser der Künstler. Die Renaissance dagegen riss den Menschen die Kleider vom Leibe. Und keiner verstand sich besser auf den nackten Körper als der Superstar der Hochrenaissance: Michelangelo Buonarroti (1475–1564). Dieser Künstler war so begehrt, dass ihn die mächtigsten Männer der Welt umschwärmten. Als er sich einmal schmollend von Rom nach Florenz absetzte, flehte Papst Julius II. die Florentiner an, ihn zurückzuschicken.
    Ein solcher Megastar brauchte natürlich auch eine Megaaufgabe. Und die hatte Papst Julius für ihn. Einer seiner Vorgänger, Papst Sixtus, hatte Julius eine Kapelle im Vatikan hinterlassen (die deshalb »Sixtinische Kapelle« heißt). Deren Decke brauchte noch ein schönes Fresko. Michelangelo erklärte sich nach einigem Zögern dazu bereit, schloss sich vier
Jahre (mit Unterbrechung) in die Kapelle ein und schuf, auf dem Rücken liegend und mit steifem Nacken, das berühmteste Deckengemälde der Welt. Selbst wer sich bislang nicht für Kunst interessiert haben sollte – einen Ausschnitt daraus kennt mit Sicherheit jeder: »Die Erschaffung des Menschen«. Gottvater streckt den Arm aus, und sein Zeigefinger berührt beinahe den ebenfalls ausgestreckten Finger Adams, des ersten Menschen.
    Achten Sie darauf, wie genau Michelangelo Adams Muskulatur wiedergibt – eine so präzise Beobachtung hatte es seit der Antike nicht mehr gegeben. Kein Wunder: Michelangelo schulte seine Kunst an antiken Vorbildern (und an menschlichen Leichen). Mehr darüber im Kapitel Skulptur, wenn es um seinen David geht.
    Halten wir fest: Die Renaissance hat eine ganze Menge Neuerungen in die Motive der europäischen Kunst gebracht: das Gefühl, die Perspektive, die antiken Mythen, den Bürgerund den nackten Menschen. Dafür waren vier Italiener und ein Flame verantwortlich. Die sechste große Neuerung verdanken wir einem Deutschen.
    Albrecht Dürer entdeckt den Künstler
    Bescheidenheit gehörte nicht zu den hervorragendsten Eigenschaften des Nürnberger Kupferstechers und Malers Albrecht Dürer (1471–1528). Auf einem Selbstporträt aus dem Jahre 1500 malt er sich mit einem Marderpelz bekleidet – einem Kleidungsstück, das eigentlich Fürsten und Ratsherren vorbehalten war. Dürer galt aber offiziell nur als ein einfacher Handwerker. Und war offenbar ziemlich selbstbewusst. In der frühen Neuzeit durfte sich nämlich nicht jeder kleiden, wie es ihm gefiel. Es herrschten strenge Vorschriften, über die sich der Künstler kühn hinwegsetzte. Und als wäre das noch nicht genug, nimmt er in diesem »Selbstbildnis im Pelzrock« eine Haltung ein, die in der Kunst bislang Christus vorbehalten war. In einem weiteren »Selbstbildnis mit Landschaft« sieht man den Künstler in der Pose eines italienischen Adeligen. Auf einem dritten zeigt sich der knapp Fünfzigjährige sogar splitterfasernackt.
    Was hat das zu bedeuten? Wie bereits bei Giotto erwähnt, verstanden sich die Künstler des Mittelalters als Handwerker: Ebenso wie ein Tischler nicht auf die Idee gekommen wäre, einen von ihm angefertigten Hocker zu signieren, so signierten die Künstler nicht ihre Werke. Erst in der Renaissance gewann die Künstlerpersönlichkeit an Bedeutung. Das fing zunächst ganz verschämt an – wenn man an van Eyck denkt, der sich selbst als winzige Figur im Spiegel malte. Dürer hatte das als Erfinder des Künstlerselbstporträts nicht nötig. Die Selbststilisierung als Christus kam nicht von ungefähr: Dürer sahsich als gottgleicher Schöpfer einer Welt – wenn auch nur einer gemalten.

    Ein ähnlich gewaltiges Selbstbewusstsein legte erst wieder der spanische Barockmaler Diego Velázquez (1599–1660) im 17. Jahrhundert an den Tag. Auf seinem Bild »Las Meninas« sieht man ihn an der Staffelei stehen, während er das spanische Königspaar porträtiert. Dieses wiederum ist nur in einem Spiegel im Hintergrund zu sehen. Velázquez malte also sich selbst als Künstler, dem der König persönlich beim Malen zusieht – in den Zeiten des Absolutismus zeugt das von ziemlicher Chuzpe.
    Aber zurück zur Renaissance. Denn bevor wir die Epoche abschließen, wartet noch eine Neuerung auf uns.
    Pieter Brueghel entdeckt die einfachen Leute
    Heilige und heidnische Göttinnen, Adelige,

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