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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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von Jackson Pollock sehen (»Farbklecksereien!«, »So malt ja meine dreijährige Tochter!«). Pollock, den wir im Kapitel Moderne Kunst vorstellen werden, ließ Farbe von Holzstöckchen auf eine Leinwand tropfen. Mit dem gleichen Unverständnis reagierten die meisten Zeitgenossen auf Monet und seine Freunde.
    Betrachten Sie einmal Monets Gemälde vom Bahnhof Saint Lazare in Paris. Ganz offensichtlich geht es dem Künstler nicht darum, Bahnhofsarchitektur, Züge und Reisende vorzustellen. Er konzentriert sich darauf, seinen Eindruck als Maler von der Flüchtigkeit eines Augenblicks auf dem Bahnhof zu zeigen. Auch viele Motive der Impressionisten waren revolutionär: Technik, Großstadtverkehr, die Vergnügungen der einfachen Leute in den Biergärten (wie bei Renoir) – Welten trennten diese Bilder von den Historienschinken der altehrwürdigen Meister.
    Nicht nur die Malweise und die Motive galten als skandalös, auch der Arbeitsplatz der Maler wurde mit Empörungzur Kenntnis genommen. Noch der deutsche Kaiser Wilhelm II., kein Freund moderner Kunst, sprach spöttisch von »Freilichtmalern«. Statt im Atelier tätig zu werden, zogen die Impressionisten hinaus in die Landschaft und bauten dort ihre Staffelei auf. Den Eindruck des Augenblicks, die Impression, konnte man eben im Atelier nicht nachempfinden. Es gibt ein berühmtes Gemälde von Édouard Manet (1832–1883), einem Sympathisanten der Impressionisten, das seinen jüngeren Kollegen Monet beim Malen auf einem Boot zeigt. (Trotz der Namensähnlichkeit lassen sich die beiden Maler gut unterscheiden, denn Manet malte gegenständlicher als Monet.)

    Jetzt haben wir alle Merkmale gesammelt, die uns ein impressionistisches Bild als solches erkennen lassen: die Flüchtigkeit, der hingetupfte Stil (bei einer Sonderform des Impressionismus, dem Pointillismus, bestehen die Bilder nur noch aus winzigen Punkten, die wie ein Fernsehbild oder ein gerastertes Bild in der Zeitung nur bei einigem Abstand wirken),die Alltagsmotive aus Natur und Großstadtleben und die Tatsache, dass die Maler die Ateliers verließen und draußen arbeiteten.
    Nicht zu verwechseln ist der Impressionismus mit dem Expressionismus (in Frankreich heißt ein verwandter Stil Fauvismus). Ihm sind Künstler zuzuordnen wie Ernst-Ludwig Kirchner oder Karl Schmidt-Rottluff. Sie schlossen sich in Dresden zu einer Gruppe mit dem Namen »Die Brücke« zusammen. Expressionistische Bilder lassen sich an den satten Farben (bevorzugt Rot und Blau), den klaren Linien und den flächigen Formen erkennen. Während die Impressionisten versuchten, den vom Auge flüchtig wahrgenommenen Farbeindruck wiederzugeben, verwendeten die Künstler im Expressionismus jene Farben, die sie empfanden – auch wenn sie mit der Realität nicht übereinstimmten. Wichtige Anstöße gab dazu bereits Vincent van Gogh (1853–1890), der Prototyp des verkannten Künstlers der Moderne.
    Picasso entdeckt die Form
    Mit dem Impressionismus beginnt in der Kunstgeschichte die Moderne. Aber was macht diese Wendemarke aus? Seit dem Mittelalter hatten die Maler versucht, den Betrachter zu täuschen, ihn glauben zu machen, er sehe die Wirklichkeit vor sich statt eines Gemäldes. Der Dichter Boccaccio schrieb über die Werke Giottos: Er habe ein Talent besessen, »dass der Gesichtssinn der Menschen nicht selten irregeleitet ward und das für wirklich hielt, was nur gemalt war«. Damit war in der Moderne Schluss. Den Malern der Moderne ging es darum, das Sehen selbst zum Gegenstand der Kunst zu machen. Sehr schön deutlich wird diese Idee an einem der Hauptwerke Pablo Picassos (1881–1973), den »Demoiselles d’Avignon« von1907. Es handelt sich um ein Schlüsselwerk des Kubismus, ja sogar um ein Schlüsselwerk der Moderne schlechthin.

    Um gleich zu Anfang ein Vorurteil auszuräumen: Picasso konnte auch »richtig« malen, wie sich an seinem Frühwerk und zahlreichen Skizzen ablesen lässt. Sein typischer Stil ist also nicht darauf zurückzuführen, dass er es nicht besser konnte – sondern auf seine Absicht, unsere Sehgewohnheiten herauszufordern. Das ist nicht ganz unwichtig zu betonen, weil Picasso – ebenso wie den Impressionisten – nach der Jahrhundertwende von vielen Kritikern Stümperhaftigkeit vorgeworfen wurde.
    Sehen wir uns einmal die leichten Damen (sie waren in der Tat Prostituierte) von Avignon an. Vielleicht erinnern Sie sichnoch an unsere Ausführungen über ägyptische Malerei – die Künstler hatten versucht, zwei

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