Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Titel: Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
Vom Netzwerk:
beschäftigt, da kommt aber auch nicht eines mal vorbei
und sieht nach ihr. Denen ist die Anreise zu weit, zu beschwerlich und was es
noch so an Ausreden gibt. Um die Eltern kümmern ist aus der Mode. Lassen sich
großziehen und dann sind sie weg – kein
Verantwortungsgefühl mehr!«
    »Wo ist
denn dieser Tierfriedhof?«
    »Drei
Dörfer weiter. Wenn Sie hier rausfahren ist es nicht weit. ›Seelenfried‹ heißt
er. Ist ausgeschildert.« Sie machte eine Pause und setzte dann vehement hinzu.
»Da hat dieser geschäftstüchtige Herr ein Waldgrundstück, wo die
›Hinterbliebenen‹ die Urnen ihrer Lieblinge besuchen können. Reine
Geldschneiderei, wenn Sie mich fragen. Früher hat man eine tote Katze hinterm
Haus im Garten beerdigt, schon der Kinder wegen, vielleicht noch einen hübschen
Stein aufs Grab gelegt und sich bald eine neue Katze gehalten. Aber Hedwig
zahlt eine stattliche Summe für den Platz dort. Fast so wie auf dem Friedhof
für Menschen. Überall werden nur noch Geschäfte gemacht und traurige, einsame
Menschen abgezockt!« In ihrer Empörung hatte sie die Lockenwickler vergessen,
die sich nun, einer nach dem anderen, aus den schütteren Strähnen lösten.
    Lachend
sammelte sie die Plastikrollen vom Boden auf und schob sie in die Taschen ihrer
grellgemusterten Kittelschürze.
    »Sie
hat ihre Katze also richtig bestatten lassen?«, staunte Wiener. »Geht das
denn?«
    »Die
Gartenbestattung ist im Grunde ja nicht wirklich erlaubt«, antwortete Frau
Schildermacher. »Aber in den meisten Fällen wird das sicher auch heute noch so
gehandhabt.«
    Plötzlich
verengten sich ihre Augen zu schmalen Schlitzen. »Sie sind doch von der
Polizei, nicht wahr? Sehe ich sofort. Spätestens seit dem Schlamassel mit
meinem Neffen, der da unschuldig in eine Sache reingeraten war und wir ständig
die Beamten im Haus hatten. Mir kann so schnell keiner was vormachen! Was will
denn die Polizei von Frau John?«
    »Das
möchten wir ihr gern persönlich erzählen«, erklärte Nachtigall und wandte sich
zum Wagen um. »Einen schönen Tag noch und vielen Dank!«
    Langsam
gingen sie zum Auto zurück, spürten die bohrenden Blicke zwischen den
Schulterblättern.

8
     
    Erika Wintzel dachte darüber
nach, wie lange es her war, dass sie zum letzten Mal gelacht hatte. Das ist
sicher etwas, über das andere nicht nachgrübeln, überlegte sie beim
Weitergehen, entweder vermissen sie das Frohsein nicht oder sie lachen ohnehin
jeden Tag – manche andauernd.
    Sie
seufzte.
    Der Weg
von der Bushaltestelle an der Ecke zur Fröbelstraße bis zu ihrem Haus in der
Grünstraße dehnte sich wie der Gang zum Jüngsten Gericht. Früher konnte sie die
Distanz mühelos überwinden, aber seit der Sache damals war in ihrem Leben so
gut wie nichts mehr wie zuvor. Damals – ganz
plötzlich, ohne ein Wort – war ihr Achim verschwunden. Natürlich wusste sie, dass so etwas
vorkommen konnte, anderen waren die Männer ebenfalls durchgebrannt. Aber Achim?
Es hatte nicht einmal eine Andeutung gegeben. Nicht seine Art. Mitgenommen
hatte er auch nichts – nur den Anzug, den trug er, als er am Morgen aus dem Haus ging,
und seinen Aktenkoffer. Die Polizei fand das damals auch seltsam. Zumal er sein
Konto und die bei unterschiedlichen Geldinstituten geparkten Summen in der
Folgezeit niemals anrührte.
    Sie
hatte gar nicht gewusst, wie wohlhabend er war!
    Einsamkeit.
    Daran
konnte sie sich in all den Jahren nicht gewöhnen.
    Es war
Achims Entscheidung damals, nach Saspow zu ziehen. Sie wäre lieber in der
Stadtmitte geblieben. Wenn sie jetzt hin und wieder mit dem Bus nach Cottbus
reinfuhr, erkannte sie mit Schaudern, wie sehr sie sich manchmal danach sehnte,
nicht mehr auf die Wiese und die Fernwärmeleitung zu sehen, sondern auf den
Puschkinpark.
    Ihre
Augen kletterten nach oben, suchten nach dem Dach ihres Hauses. Fast geschafft,
nur noch ein kurzes Stück.
    Beim
nächsten Kontrollblick beobachtete sie etwas Unfassbares: Sie konnte gerade
noch den Rücken eines kahlköpfigen Mannes durch das Wohnzimmerfenster im Haus
verschwinden sehen!
    »Das
ist doch eine Frechheit, die ihres Gleichen sucht!«, schnaubte sie und trabte
mit überraschend energischem Schritt los. »Das kann ja wohl nicht wahr sein!«
    Entschlossen
zerrte sie ihr Handy aus der Handtasche.
    »Bei
mir ist ein Einbrecher! Schicken Sie schnell eine Streife vorbei – ich
gehe jetzt ins Haus und stelle den Kerl!«, teilte sie dem Beamten in der
Zentrale mit, nannte ihre Adresse und hatte das Gespräch

Weitere Kostenlose Bücher