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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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die
Stollenschuhe bereits an den Füßen. Er pfefferte seine Tasche in den
Unterstand, grüßte Coach Cox mit einer jovialen Verbeugung und trabte ins
rechte Außenfeld, um Sooty Kim abzulösen. Henry lächelte. Owen das erste Mal
seit seiner Verletzung wieder das Trikot mit der 0 tragen zu sehen,
war, wie aus einem bösen Traum zu erwachen. Alles, was zwischen damals und
jetzt passiert war, war nicht mehr von Bedeutung. Heute ging es um eine große
Sache, und groß war gut. Die Sonne schien. Die Tribüne war voller Fans. Beste
Voraussetzungen, um zu gewinnen.
    Izzy und er klatschten
sich mit den Handschuhen ab. Izzy nahm einen Pass mit links an und schleuderte
den Ball zu Boddington an der Third. »Izz, Izz, Izz«, skandierte Henry. »Wer
hat an der Uhr gedreht, izz es wirklich schon so spät?«
    »Kommt schon, vendejos !«, brüllte Izzy. »Kommt schon!«
    »Second Base, Second
Base!«
    »Wir lassen diese vatos doch nicht einfach hier reinmarschieren und uns in
die Ecken pissen! Von wegen!«
    »Jetzt aber!«, rief
Quentin Quisp von der linken Seite, nachdem er einen von Schwartz geschlagenen
Mondball gefangen und in Richtung Home Plate geschleudert hatte. »Jetzt aber
richtig!« Das war mit Abstand das Lauteste und Emphatischste, das sie das ganze
Jahr über von Quisp gehört hatten.
    »Guckt mal, Q. ist
aufgewacht!«, brüllte Henry. »Der Q. ist wieder wach!«
    »Q., Q., Q.!«
    »Der Q. ist
aufgewacht!«
    »Und Henry ist zurück!«
    »Und der Buddha ist
zurück!«
    »Buddha, Buddha,
Buddha!«
    »O., O., O.!«
    »Wir sind hier die
Chefs!«
    »Somos
los jefes aqui!«
    »O., O., O.!«
    Es war ein gutes
Gefühl, so herumzukrakeelen, einfach irgendwelchen Nonsens zu wiederholen und
in die klare Frühlingsluft hinauszuposaunen. Alle waren nervös, und das äußerte
sich in hochgradigem Übermut. Henrys Arm fühlte sich leicht an wie ein Vogel,
leicht und lebendig, bereit loszufliegen. Er feuerte Kugeln auf Asch, Rick und
Ajay ab. Jeder feuerte Kugeln auf jeden ab – Henry hatte den Eindruck, sich zum
ersten Mal umzuschauen und wirklich zu erkennen, wie gut seine Mannschaft
geworden war, wie gut die Chancen standen, Coshwale heute zu schlagen. »Izzy«,
brüllte er, obwohl der direkt neben ihm stand, »warum sind die Guten eigentlich vendejos und die Bösen vatos ?«
    »So ist das nun mal, vendejo ! So ist das nun mal!«
    Die Outfielder
beendeten ihre Trainingseinheit und sprinteten in Richtung Spielerbank,
brüllten dabei wie die Irren. Beim Verlassen des Feldes musste jeder
Feldspieler einen imitierten Aufsetzer sichern, den Coach Cox ihnen zurollte.
Bevor er dran war, stupste Henry Izzy an. »Jetzt pass auf.« Er startete voll
durch, schnappte sich den Ball mit der bloßen Hand und schleuderte ihn
hinterrücks zu Rick, ohne hinzusehen oder aus dem Tritt zu kommen, während er
vom Feld und dann die Stufen zur Spielerbank hinunterrannte. Perfekt.
    Owen hatte es sich
bereits in seiner Lieblingsecke gemütlich gemacht, Leselämpchen am
Mützenschirm, Buch in der Hand. Er hob den Blick und lächelte Henry an. »Was
macht der Flügel, wie die Ureinwohner sagen würden?«
    Henry nickte. »Eins A.«
    »Komplizierter
Handschlag gefällig?«
    »Gern.«
    Owen stand auf und
legte sein Buch mit dem Deckel nach oben auf die Bank – Die
Kunst des Feldspiels . Für den Handschlag brauchte man beide Hände und
Ellbogen, ferner bestand er aus einem Küsschen auf die Wange, angetäuschten
Tiefschlägen in den Magen, Backe-Backe-Kuchen-artigen Bewegungen und einer
Menge Verbeugungen im Kung-Fu-Stil. Dann holte Henry sein Augenschwarz aus der
Tasche und zog unter jedem Auge eine Linie. Er nahm seine Kappe ab, bog den vom
Schweiß geschmeidig gewordenen Schirm mit einer einzigen Bewegung zurecht und
setzte sie wieder auf. Er spuckte ein paar Tropfen in Zeros abgenutzte
Fangtasche und arbeitete sie mit der Faust ein. Fertig. Der Schiedsrichter an
der Home Plate schnallte sich den Brustschutz um. »Noch zwei Minuten, Coaches.«
    Coach Cox war vor
Spielen kein großer Redner. »Hier ist die Reihenfolge, Männer. Schwartz O’Shea
Boddington. Quisp Guladni Kim. Wüsste nicht, warum wir mit den Typen nicht
zurechtkommen sollten. Schwartzy, willst du noch was sagen?«
    Schwartz griff nach
unten und zog hinter dem Kniepolster seiner Schienbeinschoner eine Karteikarte
hervor. »Schiller«, sagte er. »›Der Mensch spielt nur, wo er in voller
Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.‹«
Schwartz hielt inne,

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