Kunst des Feldspiels
hatten, und in der nicht geringen Wahrscheinlichkeit, dass er in
besinnungslos betrunkenen Nächten zwischen vier oder sechs dieser Schenkelpaare
gelegen hatte, aber es war vergebens, die Mädchen kamen ihm jetzt absurd vor,
und er hatte sich auch von der Vorstellung verabschiedet, dass das Universum
einen endlosen Vorrat an rosa Schenkeln bereithielt, zwischen die er vor all
seinen Problemen fliehen konnte. Pella hätte sich niemals so angezogen.
»Tut mir leid«, sagte
sie, eher mürrisch als bedauernd. »Nach dem Essen sind wir Adam begegnet, ich
habe ihn nach dem Weg zum Hotel gefragt, und er meinte, das wäre genau seine
Richtung, und er würde Sophie dorthin begleiten. Warum hätte ich ihm nicht
glauben sollen? Und dann bin ich zu dir nach Hause, um dich zu sehen.« Sie
machte eine Pause, und als Schwartz nicht wieder zu brüllen begann, riskierte
sie einen Themenwechsel. »Und von Henry habt ihr immer noch nichts gehört?«
»Nein.«
»Und was jetzt?«
»Keine Ahnung«, sagte
Schwartz. »Erst mal muss ich mich um Sophie kümmern. In dem Zustand kann ich
sie nicht zu ihren Eltern zurückbringen.«
»Wissen sie, dass Henry
immer noch nicht aufgetaucht ist?«
»Ich ruf sie gleich an
und sage ihnen, dass ihre beiden Kinder selig schlummern.«
»Okay.« Pella seufzte
erneut ihr Verletztes-Kätzchen-Seufzen in den Hörer. »Mike, ich weiß, dass es
nicht der richtige Zeitpunkt ist, aber ich muss mit dir sprechen. Es geht um
meinen Vater.«
»Ich komme«, sagte
Schwartz. »Bleib tapfer.«
Als er die
Skrimshanders angerufen hatte und hinter das Steuer seines Buick geklettert
war, hatte Sophie sich bereits schlafend auf dem Rücksitz zusammengerollt, der
die Größe eines französischen Betts hatte und Schauplatz der meisten seiner
Highschool-Schäferstündchen gewesen war. Sie hatte die Knie an die Brust
gezogen, und Schenkel, weiß wie Sonnenlicht, blitzten unter dem Saum ihres
zerknitterten Kleids hervor. Wenn sie nicht gar am Daumen nuckelte, hatte sie
zumindest den Daumennagel nachdenklich zwischen die Zähne gesteckt. Betrunken
und schlafend, das Gesicht vom Trotz und der aufgesetzten Weltläufigkeit
pubertierender Mädchen befreit, war sie ihrem Bruder sogar noch ähnlicher.
Schwartz ließ den Motor so sachte wie möglich an und versuchte, den Gang
einzulegen, ohne dabei wie sonst den Eindruck zu erwecken, dass das Fahrgestell
abfiel, und lenkte den Bug vom Gehsteig weg.
»Ich mache mir Sorgen«,
sagte er.
Owen nickte. Ohne dass
Schwartz aufs Gaspedal trat, rollten sie die Groome Street entlang und suchten
schweigend die Büsche ab wie zwei Cops, die seit Ewigkeiten Partner waren.
»Wir bringen Sophie in
euer Zimmer, wenn das okay ist.«
»Klar.«
Schwartz parkte auf dem
Lieferantenparkplatz des Speisesaals. Sophie machte keinerlei Anstalten
aufzuwachen, als er ihren schwerelosen Vogelkörper anhob und sie über den
Kleinen Hof trug, während die Hacken ihrer Schnürsandalen ihm leicht gegen die
Hüfte schlugen. Die Eingangstür zur Phumber Hall wurde von einer Kiste
Kunstgeschichtsbücher aufgehalten, weshalb der Magnetkarten-Leser einladend
grün blinkte. Die Rap-Hymne der Stunde dröhnte aus einem Fenster im
Erdgeschoss, begleitet von einem Chor schriller delirierender Stimmen. Der Song
verebbte und setzte kurz aus, dann begann sein Bass unmittelbar von neuem.
»Bier?«, bot Owen an.
»Warum eigentlich
nicht.«
Owen verschwand in
Richtung der Party und kam mit zwei hellblauen schaumgekrönten Plastiktassen
zurück. »Alle nackt«, berichtete er.
»Die Mädchen auch?«
»Alle.«
Owen trug das Bier nach
oben. Schwartz folgte mit Sophie. Es blieb die unausgesprochene Hoffnung, dass
Henry dort war, im Bett lag und alte Ausgaben von Sports
Illustrated las. Woraufhin Schwartz ihn anschnauzen würde wie noch
niemals zuvor – er hatte sich die Standpauke den ganzen Abend über in Gedanken
zurechtgelegt, Satz für köstlichen Satz –, und dann wäre alles gut. Aber der
Raum war dunkel und leer. Die ganze Wut entwich aus Schwartz’ Körper und riss
mit sich, was an Energie und Hoffnung übrig war. Er legte Sophie auf Henrys
ungemachtes Bett, breitete eine Decke über sie und schlug das untere Ende
zurück, um die komplizierte Schnürung der Sandalen zu lösen und sie neben die
Tür zu stellen. Dann reichte ihm Owen ein warmes, viel zu schaumiges Bier, das
er wortlos annahm und in einem einzigen langen, bedächtigen Zug leerte. Die zehn
Blocks zurück zur Grant Street, wo Pella war, hätten ebenso
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