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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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des Mädchens könnte Kelly sein,
aber vielleicht erinnerte ihr Gesicht ihn auch nur an irgendeine Kelly, mit der
er zur Schule gegangen war. Kelly und Peter, dachte er so vor sich hin, während
er das Foto an seine ursprüngliche Position auf dem Schreibtisch zurückstellte,
wo Coach Cox es von seinem Platz aus sehen konnte und er nicht. Peter und
Kelly.
    Coach Cox kam herein,
nahm eine Cola light aus dem Kühlschrank und ließ sich in seinen mit Kunstleder
bezogenen Schreibtischstuhl fallen. Die Scharniere quietschten; sie waren so
ausgeleiert, dass sein ganzer Körper nach hinten kippte, wie beim Zahnarzt vor
der Behandlung.
    »Coach Cox«, sagte
Henry, »bevor Sie etwas sagen, möchte ich mich dafür entschuldigen, was ich
gestern getan habe. Ich habe die Mannschaft im Stich gelassen. Das hätte ich
nicht tun sollen. Es tut mir wirklich leid.«
    Die Harpooners hatten
am Sonntag gegen Coshwale beide Spiele gewonnen, das erste 2:1, das zweite 15:0. Das zweite Spiel war nach vier Innings gemäß der Gnadenregel des UMSCAC abgebrochen worden, weshalb Owen und Schwartz so früh zurück auf dem Campus
gewesen waren. Zum ersten Mal in der einhundertundvierjährigen Geschichte ihres
Bestehens waren die Harpooners Conference-Meister. Bis zum Regionalturnier
waren es noch einige Tage.
    Coach Cox lehnte sich
noch weiter zurück, bis er eine beinahe liegende Haltung erreicht hatte, und
strich sich über den Schnurrbart. »Dir ist sicher klar, dass ich dich sperren
muss, Skrim. Bin nicht scharf drauf, aber es führt kein Weg dran vorbei.
Mannschaftsregeln. Zwei Spiele hast du geschwänzt, zwei mehr müssten also eine
angemessene Strafe sein. Mit ein bisschen Glück gewinnen wir eins davon. Sieh
es als Chance, wieder in die Spur zu kommen.«
    »Eigentlich«, sagte
Henry, »hatte ich an etwas Dauerhafteres gedacht.«
    Coach Cox legte die
Stirn in Falten. »Was meinst du damit?«
    »Ich meine … ich würde
gern aus der Mannschaft ausscheiden.«
    Die Falten auf Coach
Cox’ Stirn verwandelten sich in Klüfte. Er schwang sich in eine sitzende
Position hoch, stemmte die Füße auf den Boden und blickte Henry starr in die
Augen. »Und ich würde gern zwanzig Jahre alt sein und dein Talent haben«, sagte
er. »Aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert. Antrag abgelehnt.«
    »Aber Coach, Sie
verstehen nicht. Ich steige aus.«
    »Einen Teufel wirst du
tun. Weißt du was? Deine Sperre ist hiermit aufgehoben. In einer Viertelstunde
ist Training. Geh dich umziehen.«
    »Das kann ich nicht
tun.«
    »Blödsinn! Und ob du
kannst. Und zieh dir alte Sachen an. Ist mir egal, wie fit du bist. Ich werde
dich laufen lassen, bis du kotzt.«
    »Coach«, sagte Henry
ruhig. »Es ist vorbei.«
    Etwas in Henrys Stimme
überzeugte Coach Cox davon, dass es ihm ernst war. Der Ältere begann sich
wieder über den Bart zu streichen und sagte schließlich:
    »Hast du mit Mike
darüber gesprochen?«
    Den Bruchteil einer
Sekunde lang dachte Henry, Coach Cox wüsste, was zwischen Pella und ihm
passiert war. Obwohl ihm klar wurde, dass die Frage auf etwas anderes abzielte,
schnürte sich ihm der Hals zu. Worauf Coach Cox hinauswollte, war, dass
Schwartzy ihn niemals hinschmeißen lassen würde. »Nein«, gab er zu. »Habe ich
nicht.«
    »Dann hören wir doch
mal, was er dazu zu sagen hat.« Coach Cox legte den Kopf in den Nacken und
leerte entschlossen seine Cola light. »Los geht’s.«
    Gemeinsam gingen sie
zum Fahrstuhl. Henry hätte sich weigern können, mit nach unten in die Umkleide
zu kommen – er hätte den Knopf fürs Erdgeschoss drücken, durch die Tür des VAC gehen
können und niemals wieder einen Fuß hineinsetzen müssen. Aber etwas hinderte
ihn daran. Vielleicht war er zu sehr daran gewöhnt, Coach Cox’ Anweisungen zu
befolgen, vielleicht wollte irgendetwas in ihm aber auch hinuntergehen. Am
Abend zuvor hatte Mike ihm einfach nur den Rücken zugedreht und war die Treppe
hinuntergegangen.
    »Schwartzy«, bellte
Coach Cox, »hast du mal eine Minute für uns?«
    Schwartz, der mit einem
Eisbeutel auf jedem Oberschenkel vor seinem Spind saß, schaute bei dem Wort uns trübsinnig auf und zog einen seiner Ohrhörer heraus.
»Was gibt’s?«
    Die anderen Harpooners
in Hörweite – Rick, Starblind, Boddington, Izzy, Phlox – starrten in ihre
leeren Spinde und taten so, als hätten sie nicht bemerkt, dass Henry
hereingekommen war. Und sie kennen nicht mal die halbe Wahrheit, dachte Henry.
    »Draußen auf dem Gang.«
Coach Cox zeigte mit dem Kopf zur

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