Kunst des Feldspiels
Geschäft nebenan gesehen. Ich fand, es wäre schön,
ein Möbelstück zu haben, das nur mir gehört. Also habe ich ihn gekauft.«
»Er ist schön.«
»Danke. Der Besitzer
wollte wissen, wann ich ihn abholen käme. Ich fragte, ob sie nicht liefern
könnten. Er hat herumgedruckst und dann gesagt, er hätte seinen Lieferwagen
gerade nicht da, vielleicht könnte er ihn am Samstag vorbeibringen. Und ich,
Samstag? Heute ist Montag! Und er meinte, er wüsste, was für ein Tag wäre. Also
habe ich gesagt, vergessen Sie’s, ich nehme ihn direkt mit. Hab ihn
rausgetragen, bin einen Block weit gekommen und dann beinahe
zusammengebrochen.«
»Ich kann dir helfen«,
sagte Henry.
»Ruh dich erst mal eine
Minute aus.«
Sie saßen schweigend
nebeneinander, während Pella ihre Zigarette zu Ende rauchte. Dann half sie
Henry auf die Beine, und sie begannen den Schreibtisch in Richtung Groome
Street zu schleppen. Henry musste vorwärtslaufen, damit ihm nicht schwindelig
wurde, Pella also rückwärts, und wegen ihrer winzigen Trippelschritte, gepaart
mit der Tatsache, dass ihm dennoch schwindelig wurde, kamen sie nur langsam
vorwärts. Nach jedem halben Block mussten sie anhalten und verschnaufen.
Endlich erreichten sie
die Groome Street und bogen nach Osten ein, in Richtung See. »Es ist in diesem
Block«, sagte Pella. »Glaube ich.«
»Welche Hausnummer ist
es denn?«
Pella wusste es nicht
mehr. »Warum sehen diese Häuser denn alle gleich aus? Und sag nicht, weil es
dunkel ist. Oh, warte mal – das hier könnte es sein.« Sie stellten den Tisch
ab, und Pella sprintete die Treppe zur Veranda hinauf, um durchs Fenster zu
spähen. »Die sehen wirklich alle gleich aus«, sagte sie.
Henry hatte Schluckauf.
Die Straße neigte sich unter ihm. »Probier deinen Schlüssel.«
»Hab vergessen, mir
einen machen zu lassen.« Wieder stieg sie die Stufen zur Veranda hinauf und
versuchte die Tür zu öffnen – es war nicht abgeschlossen. Sie warf einen
verstohlenen Blick hinein. »Das ist es«, sagte sie. »Wir müssen leise sein.«
Sie schleppten den
Tisch auf die Veranda, ins dunkle Wohnzimmer und weiter in Pellas Zimmer. Sie
knipste das Licht an, und zum Vorschein kam ein leerer Raum mit Teppichboden
und Staubmäusen in den Ecken; auf dem Boden lag ein Futon, auf den sie den
Inhalt ihrer Korbtasche und des Rucksacks gekippt hatte. Daneben stand ein
nagelneuer Digitalwecker, dessen Kabel noch geknickt war und in Schlangenlinien
über den Teppich lief. »Voilà«, sagte sie. »Mon château.«
Sie wuchteten den
Schreibtisch zu der offensichtlich besten Stelle, schräg gegenüber der
Matratze, und schoben ihn eng an die Wand. Pella machte einen Schritt zurück,
warf mit verschränkten Armen einen prüfenden Blick darauf und schob ihn mit der
Hüfte ein paar Zentimeter näher ans Fenster. »Ich glaube, so ist es gut«, sagte
sie.
Henry ging den Flur
hinunter zur Toilette. Auf dem Rückweg spähte er in die Küche, wo ein fahles
Licht über dem Spülbecken leuchtete. Auf der Arbeitsplatte stand eine mit einem
Gummistöpsel verschlossene Flasche Wein. Er hatte noch nie Wein getrunken,
selbst in der Kirche hatte er diesen Teil ausgelassen. Die Flasche war etwas
mehr als halb voll. Er zog den Stöpsel heraus und leerte sie in zwei langen
Zügen. Dann stopfte er die Flasche in den Mülleimer, so tief es ging.
Der Küchentisch hatte
eine blaue Resopalplatte und vier passende Stühle, aber es wohnten nur drei
Leute hier. Und Pella hatte keinen Stuhl für ihren neuen Schreibtisch. Also
nahm er einen der Stühle und trug ihn in Pellas Zimmer, wobei er darauf
achtete, nicht gegen die Flurwände zu stoßen.
»Oh«, sagte Pella. »Den
sollte ich wohl lieber nicht nehmen.«
»Was? Wieso?« Henry
fühlte, dass er leicht schwankte. »Du kannst tun, was du willst.« Mit einer
ausladenden Geste schob er den Stuhl unter den Tisch.
»Hm.« Pella
verschränkte die Arme vor der Brust und begutachtete die Aufstellung.
»Vielleicht hast du recht. Sieht ziemlich gut aus.«
Er wandte sich ihr zu,
breitete die Arme aus. » Du siehst ziemlich gut aus.«
»Henry. Hör auf damit.
Du bist betrunken.«
Er rülpste diskret in
die Hand. »Ich liebe dich.«
»Nein, das tust du
nicht.«
»Doch.«
»Du Spinner. Warum bist
du überhaupt so betrunken? Betrunken warst du ja vorhin schon, aber nicht so
wie jetzt.«
»Ich habe den Wein
getrunken.«
»Den Wein? Welchen
Wein?«
»Küchenwein.«
»Du hast Küchenwein
getrunken? Okay. Du kannst so viel Küchenwein
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