Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
Vom Netzwerk:
ich vorwärts. Der Rauch wurde immer dichter. Es reicht, sagte etwas in meinem Gehirn, du musst raus. Ausnahmsweise gehorchte ich meiner inneren Stimme und tastete mich vor in die Richtung, in der ich die Treppe vermutete. Ich fiel über etwas und ertastete ein Bein in einem Nylonstrumpf. Ich packte es und zerrte den Körper hinter mir her. Ich merkte, dass mir die Sinne zu schwinden begannen. Das Letzte, was ich sah, war das schwankende Licht einer Helmlampe, das auf mich zukam.
    * * *
    Als ich wieder zu mir kam, presste ein Feuerwehrmann mir eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht, wofür ich ihm noch heute dankbar bin. Als ich die Augen aufschlug, nickte er mir ernst zu.
    »Sie haben Glück gehabt«, sagte er, dann wies er mit dem Kinn neben mich. »Die leider nicht.«
    Ich wandte mühsam den Kopf. Neben mir lag Madame Toussaint auf der Treppe, marmorbleich unter dem Ruß. Mein Retter drehte ihren Kopf etwas. Hinten in ihrem Schädel klaffte ein Einschuss.
    »War einen Versuch wert«, hustete ich hervor.
    »Na klar.« Er stand auf. »Schaffen Sie’s?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete ich, bevor mir klar war, was ich eigentlich schaffen sollte.
    »Dann bewegen Sie Ihren Arsch hier raus, Mann. Ich hab noch zu tun.«
    Er rannte wieder zu dem Feuer hinauf. Ich zerrte mich am Geländer auf die Füße und taumelte besinnungslos abwärts, bis ich endlich eine Tür erreichte. Noch niemals habe ich mich so über Regen gefreut. Ich stand auf dem Kopfsteinpflaster der Eiskellerstraße und hielt mein Gesicht den schüttenden Tropfen entgegen.
    Um mich herum rannten Feuerwehrmänner, Sanitäter und Polizisten durcheinander.
    »Alles klar?«, wurde ich ein ums andere Mal gefragt, ich nickte nur und atmete, wie ich noch nie in meinem Leben geatmet hatte.
    Überall flackerten Blaulichter. Laufend kamen Ambulanzfahrzeuge, die sofort mit weinenden und hustenden Menschen beladen wurden und mit gellenden Martinshörnern wieder davonrasten.
    Plötzlich fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter.
    »Na, Kant? Mal wieder mitten im Desaster?« Fahrenbach blies mir den Rauch seiner Zigarette ins Gesicht, was ich als unpassend empfand. »Was ist da drin passiert? Ich krieg hier von keinem eine vernünftige Aussage. Was ist mit dem OB ?«
    »Der ist tot.«
    »Scheiße. Gottverdammte Scheiße!« Er schleuderte seine Zigarette zu Boden. »Als ob wir nicht genug Probleme hätten.« Er fing sich wieder, aber auf seinem käsigen Gesicht wanderten hektische rote Flecke.
    Noch immer keuchend gab ich ihm einen Abriss der Ereignisse bis zu Arnie Koppmanns finalem Rettungsschuss.
    »Schade. Wenn der OB gerettet worden wäre, hätte unser Arnie glatt einen Orden bekommen.«
    »Die Toussaint ist auch tot.«
    Er bleckte die Zähne. Die Anspannung nagte an seiner beherrschten Fassade. »Hoffentlich haben wir nicht noch mehr Tote. Ein halbes Dutzend mit Schussverletzungen bis jetzt.«
    »Hätte verdammt viel schlimmer kommen können«, sagte ich.
    »Ja, Scheiße«, antwortete er.
    »Wissen Sie, was mit Friedel Hausmann ist?«, fragte ich.
    »Nein, keine Ahnung. Wer war dieser Irre, dieser Swann?«
    »Fragen Sie van Wygan. Swann war einer seiner Schüler. Meines Erachtens galt das Ganze in erster Linie dem Professor. Van Wygan wird Ihnen weiterhelfen können. Falls es Ihnen gelingt, ihn gnädig zu stimmen.«
    »Den stimm ich, wie’s mir passt«, sagte Fahrenbach und stapfte auf den nächststehenden Streifenwagen zu. Im Gehen drehte er sich noch einmal um. »Sie bleiben hier, Kant! Ich brauche Ihre Aussage zu Protokoll«, rief er, bevor er zwischen den um Befehle bettelnden Polizisten verschwand.
    Ich sah mich nach jemandem um, bei dem ich mich nach Friedel erkundigen konnte. Ein wichtig aussehender Feuerwehrmann gab Kommandos in ein Funkgerät. Ich stellte mich neben ihn, bis er das Gerät senkte.
    »Was wollen Sie?«, bellte er.
    »Ich suche einen Freund. Einen Schwarzen.«
    »Schwarz?« Er stieß ein Lachen aus. »Schau’n Sie mal in den Spiegel, mein Herr. Schwarz!« Das Funkgerät quäkte, und er ließ mich stehen.
    »Wo bringt ihr die Leute hin?«, fragte ich einen der Sanitäter, die gerade eine Trage in einen großen Rettungswagen schoben.
    »Wo Platz ist, Mann! Wir haben allein vierzig mit Rauchvergiftung.« Er schob mich beiseite und rannte zur Fahrertür.
    Das Handy steckte noch in meinem angekokelten Jackett und es funktionierte, aber das Netz war überlastet. Überall um mich herum standen Menschen und pressten Telefone ans Ohr. Einer von ihnen

Weitere Kostenlose Bücher