Kunstblut (German Edition)
der Bar zu. Ich schenkte nach.
»Du musst das verstehen, Jo. Ich bin dir wirklich dankbar. Ich schulde dir was. Das hätte nicht jeder getan. Ich weiß das. Aber wenn mein Chef von mir will, dass ich dich umlege, dann muss ich dich umlegen.«
»Du musst es versuchen «, sagte ich.
»Ja. Und ich werde es tun. Aber ich wollte, dass du weißt, dass ich dir dankbar bin.«
Ich antwortete nicht. Arnie nippte an seinem Glas. Er sah tatsächlich verlegen aus.
»Klingt bescheuert, was?«, fragte er.
»Es ist bescheuert, Arnie.«
»Tja …«
Cannonball Adderleys Altsax schnitt durch die Stille. Unbehaglich hockte Arnie mir gegenüber.
» Wer ist dein Boss?«, fragte ich endlich, als ich das Gefühl hatte, er krümme sich.
»Jo, bitte! Verlang das nicht von mir. Das kostet mich den Kopf.«
»Nennt er sich vielleicht ›Zerhacker‹?«
»Wie?« Er sah verständnislos auf. Er war kein guter Lügner, schon weil ein guter Lügner intelligent sein muss. Ich durfte sicher sein: Diesen Namen hatte er noch nie gehört.
»Was wolltest du eigentlich da in der Akademie, heute Abend?«
»Ich sollte dich im Auge behalten.«
»Mich? Von was solltest du mich denn abhalten?«
»Abhalten? Von was kann ich dich in der Öffentlichkeit schon abhalten? Ich sollte aufpassen, mit wem du sprichst. Und du solltest merken, dass ich dich beobachte.«
»Na, dann hast du deinen Job ja erledigt. Und warum hast du den Irren erschossen?«
»Frag ich mich auch«, brummte er und kippte seinen Whisky hinunter. »Ich wollte wohl der Held sein.«
»Warst du, Arnie. Du warst der Held.« Ich grinste.
»Scheiße. Die Bullen haben meine Magnum, und ich hab eine Kugel in der Schulter. Scheiß-Held. Aber jetzt kann ich sagen, ich hab einen umgelegt.« So etwas wie Stolz glomm in seinem Blick. »Hast du noch einen?« Er hielt mir das Glas hin, und ich goss nach.
»Okay«, sagte ich. »Du kommst her, säufst meinen Scotch aus und erzählst mir, dass du mir dankbar bist, ich mir aber dafür nichts kaufen kann. Hab ich dich da richtig verstanden?«
»Tja … ja, genau.«
»Ach, Arnie.« Ich lachte.
Er sah mich beleidigt an. »Ist doch immerhin etwas, oder?«
»Ich mach dir einen Vorschlag«, sagte ich. »Wenn du mich umlegen musst, musst du das versuchen: Okay. Aber einen Gefallen schuldest du mir noch.«
»Was willst du haben?«
»Weiß ich noch nicht, Arnie«, sagte ich. »Weiß ich noch nicht.«
Irgendwo begann ein Handy zu klingeln. Reflexhaft griff Arnie an die linke Brusttasche; dabei knallte er gegen seinen Verband und stöhnte auf.
»Das ist meins«, sagte ich. »Ich denke, wir sind fertig, oder?«
Er nickte und stand auf. »Ich find schon raus«, sagte er und kippte noch den Rest seines dritten Scotchs herunter, bevor er zur Tür wankte.
Ich fand mein Handy in der Küche bei den Müllbeuteln. Es war Frau Wolter.
»Können Sie reden?«, fragte sie.
Ich sah Arnie nach, bis er die Tür hinter sich zugeknallt hatte. »Ja«, sagte ich dann.
»Wollen Sie die Liste wiederhaben?«
Meine Brauen hoben sich. »Warum sollte ich?«
»Nun, ich dachte …« Sie klang verunsichert.
»Was haben Sie damit angefangen?«, fragte ich.
»Ich habe versucht, sie zu verkaufen. Aber vielleicht sollte ich das einem Profi überlassen.«
»Einem Profi? Halten Sie mich für einen Profi in Erpressung, Frau Wolter?«
»Nein, ich dachte nur …«
»Wem haben Sie die Listen angeboten?«
»Das tut nichts zur Sache.«
»Das tut alles zur Sache, Frau Wolter. Sie haben sich verschätzt. Sie wollten jemanden reinlegen, der ein paar Nummern zu groß für Sie ist, und jetzt haben Sie Angst. Was wollen Sie von mir? Hilfe?«
»Für fünfzigtausend kriegen Sie die Listen zurück.«
»Ich habe Kopien«, log ich.
»Das weiß ich.«
»Warum sollte ich fünfzigtausend für etwas bezahlen, das ich schon habe?«
»Sie kriegen den Code dazu.«
Wieder hoben sich meine Brauen. »Wir sollten uns treffen«, sagte ich.
* * *
Katjas Blick hätte kälter nicht sein können, als ich das »Mühlhaus« betrat. Ich versuchte, ihn mit einem Lächeln aufzutauen, aber es gelang mir nicht. Trotzdem ging ich durch ins Hinterzimmer. Geduldig wartete ich dort, bis sie hereingerauscht kam und mir einen kleinlich eingeschenkten Dalwhinnie vor die Nase setzte.
»Für was hältst du das hier eigentlich? Dein eigenes speakeasy ?«, fragte sie.
»Es soll dein Schaden nicht sein, Katja«, antwortete ich und prostete ihr zu.
»Was bietest du mir an? Geld?« Ihre Nase kräuselte
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