Kunstblut (German Edition)
amüsierte sich sichtlich. Er grinste Friedel breit an. »Auf den Rest müssen Sie schon selbst kommen. Habe die Ehre, meine Herren.«
* * *
»Wie spät ist es?«, fragte Friedel, als wir wieder im Taxi saßen.
»Zwölf«, antwortete Herr Kim. »Zurück nach Düsseldorf?« Er klang hoffnungsfroh.
»Abwarten.« Friedel zückte sein Handy und drückte ein paar Tasten. »Max, hier ist Friedel«, bellte er, sobald sein Gesprächspartner sich meldete. »Wie viel Zeit gibst du mir noch für eine neue Schlagzeile? … Das ist nicht dein Ernst, ich brauche höchstens fünfzehn Minuten … Komm, Mann, sei nicht stur, es lohnt sich … Ja, es geht auch um van Wygan, aber … Was? … Sag das noch mal … Aha … Ja, dann leck mich doch!« Er steckte das Handy wieder ein. »Das war das einzige Blatt, wo die Deadline noch zu schaffen gewesen wäre. Aber der Chef vom Dienst hat mir gerade mitgeteilt, dass der Herausgeber eine zurückhaltende Berichterstattung über seinen Freund Lothar van Wygan wünscht.« Er schnaubte wütend.
»Eine echte Story wäre es doch erst, wenn du wüsstest, wie die Polizei auf Steen gekommen ist«, sagte ich.
»Und? Weißt du es?«
»Ich denke schon.« Ich zog mein Notizbuch. »Weißt du, warum der Computer in dem Film HAL heißt?«, fragte ich.
»Sollte ich das?«
»Gehört eigentlich zur Allgemeinbildung.«
»H steht im Alphabet vor I«, sagte Herr Kim, ohne den Kopf zu wenden. »A vor B und L vor M: HAL heißt eigentlich IBM .«
»Stimmt genau«, sagte ich.
»Aha. Und weiter?«
»Dieses Spiel spielen wir jetzt auch mal.« Ich klappte das Notizbuch auf und schrieb ›H.K. Steen‹. »H steht für I, K für L.«
Friedel rechnete murmelnd weiter. »T - u - f - f - o. Il Tuffo. Verdammt. Steen ist ›Il Tuffo‹! Oder könnte das Zufall sein?«
»Natürlich. So wie du am Samstag zufällig im Lotto gewinnen könntest. Nein, das hat man mit Absicht neben Schwarzenberger geschrieben.«
»Man? Denkst du, es war gar nicht Steen?«
»Wenn er der Mörder war, warum hinterlässt er dann so eine Spur?«
»Er ist Künstler. Er signiert sein Werk.«
»Sein Werk? Mord als Kunst?«
»Warum nicht? Klingt vielleicht irre, aber was ist unmöglich?« Friedel nahm mir das Notizbuch ab, schrieb etwas auf und reichte es mir zurück. »Was ist da mit?«, fragte er.
» ACE Q «, las ich.
» Z – B – D – P ? Das klappt nicht. Außerdem sind es nur vier Buchstaben. ›Steen‹ kann es also nicht heißen«, sagte Friedel.
Ich kaute auf meinem Bleistift. »Gehen wir zwei Schritte zurück statt einem: Y – A – C – O .«
»Yaco! Der Kubaner mit dem Voodoo-Zeug?«
»Wenn wir annehmen, Steen und Yaco haben tatsächlich Schwarzenberger und Wolter umgebracht, dann wären in vier Tagen drei von van Wygans Schülern zu Mördern geworden.«
»Beeindruckend«, sagte Friedel. »Fünf Tote.«
»Und ein Schwein«, sagte ich. Ich schrieb: » QUYLL « in mein Notizbuch und zeigte es ihm.
Er starrte darauf, schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich geb auf. Was ergibt das?«
»Zwei Schritte vorwärts: Swann.«
»Swann hat das Schwein geschlachtet?«
»Bisher wissen wir nur, dass sein Name da stand. Und wir wissen, für wen es war: Für den ›Zerhacker‹.«
Ich schrieb das Wort hin. Wenn man das System einmal erkannt hatte, war es einfach. Besonders, wenn man wusste, wonach man suchte.
»Fünf zurück«, sagte Friedel nach zwanzig Sekunden.
Ich zählte ab und schrieb. Als ich fertig war, hatte sich »van L Wygan« ergeben, die Signatur des Professors. Swann hatte für van Wygan das Schwein zerhackt. Aber der Zerhacker war nicht zufrieden. Er forderte Konsequenz. Die Konsequenz, die Steen und Yaco gezeigt hatten?
Friedel sah mich an. »Kann das sein? Weißt du, was das bedeutet?« Das waren zwei verschiedene Fragen. Natürlich konnte es sein, genauso wie es nicht sein konnte; aber was es bedeutete, wenn es Tatsache war, wagte ich nicht abzuschätzen.
»Ich nehme an, du bleibst hier?«, fragte ich.
»Na klar! Setz mich vor van Wygans Wohnung ab. Ich hoffe, ich erwisch ihn.«
Er nannte die Adresse. Herr Kim fuhr ohne zu zögern los.
Ich sagte nichts. Ich hielt es für keine gute Idee, den Professor zu überwachen. Was wir herausgefunden hatten, hatte Pollack lange vor uns entdeckt. Friedels Chance, van Wygan vor den Bullen zu erwischen, ging meiner Meinung nach gegen null.
»Liegen eigentlich die Akten über Schwarzenberger noch auf deinem Schreibtisch?«, fragte ich.
Er runzelte die
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