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Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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Stirn. »Ja, warum fragst du?«
    »Ich brauche sie. Gibst du mir deine Wohnungsschlüssel?«
    »Moment mal, Jo! Was hast du vor? Was verschweigst du mir?«
    »Nichts. Aber warum sollen wir uns zu zweit hier die Nacht um die Ohren schlagen? Du verfolgst deine Spur, ich suche nach einer anderen«, sagte ich. »Wenn ich auch noch nicht weiß, wonach ich suche.«
    Er sah mich unkaschiert misstrauisch an. »Du hältst mich auf dem Laufenden!«, sagte er.
    »Na klar.« Ich nahm die Wohnungsschlüssel, nachdem er sie widerwillig von seinem Bund gefummelt hatte.
    Herr Kim hielt vor einem Gebäude, das, umgeben von einem hohen Zaun, in einem Park lag. In der Einfahrt parkte ein Streifenwagen.
    »Fahren Sie um die Ecke«, sagte Friedel. Endlose Minuten standen wir an der Ampel, bis es grün wurde und Herr Kim auf die Rheinuferstraße abbiegen und Friedel aussteigen konnte.
    »Wir bleiben in Kontakt«, rief er noch, bevor er die Tür zuwarf. Sein Ton war immer noch misstrauisch.
    »Nach Düsseldorf«, sagte ich und ließ mich in die Polster sinken. »Suitbertusstraße.«
    »Sehr gern«, antwortete Herr Kim.

    ***
    Die Tür zu Friedels Wohnung war angelehnt und bot den Beweis, dass Schlösser nur so gut sind wie der Türrahmen. Jemand hatte sich mit einem herzhaften Tritt Einlass verschafft. Die Riegel der drei Schlösser hatten gehalten, der Rahmen nicht; die obere Hälfte war aus der Wand gerissen.
    Ich zog meine Kimber und wartete, bis das Treppenhauslicht erlosch, dann drückte ich die Tür vorsichtig auf. Drinnen war es dunkel. Ich tastete nach dem Lichtschalter, doch als ich ihn betätigte, blieb es so finster wie zuvor. Langsam, mit gehobener Waffe, durchquerte ich die Diele und öffnete die Tür zum Wohnraum. Auch hier funktionierte kein Licht. Das war das Letzte, was ich feststellte, bevor mich ein Schlag am Hinterkopf traf, und die dunkle Wohnung noch mal erheblich dunkler wurde.
    Ich träumte von tizianroten Haaren und schlanken Beinen, die mich umfingen. Es war ein wunderbares Gefühl, am Anfang, doch aus einem Paar Beine wurden zwei und drei, bis ich mich nicht mehr rühren konnte. Mühsam kämpfte ich um Atem. Die Haare senkten sich über meine Augen und verschleierten meinen Blick, bis um mich nur noch blutiges Rot herrschte. Meine nächste Wahrnehmung war ein unangenehmes Ruckeln, das beständig Blitze von meinem Nacken aus durch den gesamten Schädel schickte. Ich lag auf dem Rücken, durch meine geschlossenen Lider drang ein rötlicher Schein. Ich stöhnte. Das Ruckeln hörte auf, nur um kurz darauf stärker als zuvor wieder zu beginnen. Jemand sagte etwas, aber ich verstand es nicht. Eine zweite Stimme antwortete, und plötzlich fühlte ich etwas Feuchtes, Kaltes im Gesicht. Ein scharfer, erfrischender Geruch drang mir in die Nase. Widerwillig öffnete ich die Augen einen Spalt und sah in eine Lampe, wie sie mein Zahnarzt benutzt. Geblendet schloss ich die Augen wieder.
    »Macht das verdammte Licht aus«, nuschelte ich, und zu meiner Überraschung wurde es tatsächlicher etwas dunkler. Als ich erneut die Augen öffnete, war nur noch eine vergitterte Deckenlampe an. Ich lag in einem fensterlosen Raum, ein Waschbecken hing neben einem Metallklo an der Wand. Ein Tisch und ein Stuhl waren die einzigen Möbelstücke, die ich entdecken konnte. Neben meinem Lager stand ein etwa dreißigjähriger Japaner, der zu einer hellen Hose ein sehr elegantes dunkelblaues Armani-Sakko und einen schwarzen Kaschmir-Rollkragenpullover trug. Er hielt eine Schüssel, in die er einen Lappen tauchte. Ungerührt beobachtete er mein Bemühen aufzuwachen. Dann sagte er etwas zu jemandem im Raum, den ich nicht sehen konnte. Eine Tür klappte.
    Als ich versuchte, meinen schmerzenden Nacken zu reiben, musste ich feststellen, dass meine Handgelenke festgeschnallt waren. Ein Versuch zeigte, dass auch Füße und Körper fixiert waren.
    Der Japaner beobachtete mich reg- und kommentarlos. Die Tür öffnete sich. Jemand sagte etwas, und der Mann verschwand aus meinem Gesichtsfeld. Die Tür klappte erneut. Die folgende Stille im Raum war vollständig, ich war allein. Ohne irgendein Resultat zerrte ich an meinen Fesseln. Ich lag fest verschnürt und konnte nichts tun als warten. Die Schmerzen in meinem Nacken ließen nicht im Geringsten nach. Es gelang mir nicht, irgendein Zeitgefühl zu entwickeln. Ich wusste weder, wie lange ich weg gewesen war, noch konnte ich realistisch einschätzen, seit wann ich wach war. Irgendwann fing ich an, meine

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