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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Ella.
    «Na, was hat Turunen gesagt?», bohrte Antikainen. «War es Mord?»
    Lasarov hüstelte, und auch Järvi schien peinlich berührt. Der bisherige Höhepunkt in Antikainens Polizeilaufbahn war eine Messerstecherei zwischen den Zigeunern aus Ar pikylä und denen aus Polvijärvi, bei der es zwei Tote gegeben hatte. Aber trotzdem … es war ekelhaft.
    «Wenn die Herren vom Dezernat jetzt mit unseren Kriminalisten aufs Revier fahren könnten, du auch, Lasarov… Timonen und Hopponen, ihr kommt hier wohl allein zurecht? Wir halten den Turm vorläufig geschlossen. Gegen Mittag kommt Ablösung, dann könnt ihr essen gehen.»
    Ich hatte ein unwirkliches Gefühl, als ich die Treppe zu meinem Auto hinunterging. In der Morgensonne schimmerte der Turm unschuldig grau, der Blitzableiter auf der Spitze reflektierte einen Lichtstrahl direkt in mein Gesicht.
    Als hätte mir der Turm zugezwinkert. Das Blut dort oben ‐stammte es von Meritta oder von jemand anderem? Von Merittas Mörder? Und die Nagelstückchen? Und Ellas Schmuck? Was zum Teufel ging hier vor? War ich etwa in meine alte, langweilige Heimatstadt gekommen, um schon wieder in einen Mord unter Bekannten verwickelt zu werden?
    Die anderen saßen schon im Pausenraum. Järvi warf einen traurigen Blick auf die leere Kaffeemaschine. «Nicht mal Kaffee gibtʹs», sagte er vorwurfsvoll zu mir.
    «Na, dann mach doch welchen. Du weißt ja wohl, wie man das Ding bedient! »
    Verdammt nochmal, ich war Järvis Vorgesetzte. Er bildete sich doch nicht etwa ein, ich müsste den Kaffee kochen, bloß weil ich eine Frau war?
    Järvi sah mich kurz von unten herauf an und verschwand dann, um Wasser zu holen. Eigentlich war mir das Ganze ein bisschen peinlich. Järvi stand kurz vor der Pensionierung; ihm gegenüber den Boss herauszukehren, war ziemlich blöd.
    Außerdem war gerade er der nette Polizist gewesen, der uns in der Grundschule die Verkehrsregeln beigebracht, uns in der Mittelstufe vor Ladendiebstählen und frisierten Mopeds gewarnt und in der Oberstufe Vorträge über Alko hol und Autofahren gehalten hatte. Er hatte sich in den letzten zwanzig Jahren kaum verändert, sah immer gleich grau und mager aus. Sein Kollege, der mir einmal ein Bußgeld aufbrummen wollte, weil ich ohne Licht Fahrrad gefahren war, und der die Sache schließlich auf sich beruhen ließ, als ihm klar wurde, dass ich noch keine fünfzehn war, war zum Glück vor ein paar Jahren in Pension gegangen.
    «Für einen Freitag war es gestern ruhig», meinte Järvi, als er den Kaffee in den Filter schüttete. «In der Zelle sitzt auch keiner. Wir haben nicht viel zu tun, Antikainen und ich. Lassen wir doch einfach die Untersuchung anlaufen, das Dezernat brauchen wir dazu nicht. Wenn nötig, kann uns ja die Einsatzzentrale Verstärkung schicken.»
    «Ihr werdet doch auf jeden Fall Hilfe brauchen, immerhin sind gleich als Erstes fast zweihundert Leute zu vernehmen.»
    «Die meisten werden sowieso aussagen, dass sie die Party schon vor dir verlassen haben. Und als du gegangen bist, war die Flöjt noch da», warf Antikainen ein. «Außerdem können die Jungs aushelfen.» Mit den < Jungs> waren offenbar die Männer von der Schutzpolizei gemeint.
    «Bei denen sind Karttunen und Säkkinen in Urlaub. Ein paar andere haben auch noch Urlaub zu nehmen. Und die Überstunden müssen abgefeiert werden. Wo liegt denn überhaupt das Problem? Fällt es euch so schwer, mit dem Kriminaldezernat zusammenzuarbeiten ? »
    «Was ist denn bei dir das Problem?», brauste Antikainen auf. «Nach ein paar Jahren in Helsinki traust du der Ortspolizei nichts mehr zu, oder wie ? »
    «Vielleicht will sie die Untersuchung nicht leiten», meinte Järvi.
    Ich konnte nur nicken, Järvi hatte richtig geraten. Wenn der Schmuck, den wir auf dem Turm gefunden hatten, Ella gehörte, wenn die Gerüchte von einem Verhältnis zwischen Meritta und Johnny der Wahrheit entsprachen … Ich würde es nicht ertragen, schon wieder bei Bekannten herumschnüffeln zu müssen, zum dritten Mal in drei Jahren. Mit dem Mord an Meritta, falls es einer war, würde ich mich nicht professionell und distanziert befassen können. Aus zweifacher Erfahrung wusste ich, wie schwer es war, in einem Mordfall zu ermitteln, in den man selbst emotional irgendwie verwickelt war. Der erste Fall hatte mich mit Antti zusammengebracht. Im zweiten Fall wäre ohne mein Eingreifen möglicherweise ein junger Mann schuldlos ins Gefängnis geraten. Beide Male hatte ich ganz gute Arbeit geleistet,

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